Die Zuständigkeit für eine Restitutionsklage gegen ein Urteil richtet sich nach § 584 Abs. 1 ZPO. Für die Klagen ist ausschließlich zuständig das Gericht, das im ersten Rechtszug erkannt hat (§ 584 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO).

Wenn das angefochtene Urteil oder auch nur eines von mehreren angefochtenen Urteilen von dem Berufungsgericht erlassen wurde oder wenn ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil aufgrund des § 580 Nr. 1 bis 3, 6, 7 ZPO angefochten wird, ist das Berufungsgericht zuständig (§ 584 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO).
Wenn ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil aufgrund der §§ 579, 580 Nr. 4, 5 ZPO angefochten wird, besteht eine Zuständigkeit des Revisionsgerichts (§ 584 Abs. 1 Halbsatz 3 ZPO).
Das Gesetz enthält demgegenüber keine Regelung zu der Frage, welches Gericht für eine Restitutionsklage, die ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil betrifft, in den Fällen des § 580 Nr. 8 ZPO zuständig ist. Das beruht auf einem Versehen des Gesetzgebers1. § 580 Nr. 8 ZPO ist erst nachträglich durch Art. 10 Nr. 6 des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz vom 22.12 20062 in die Zivilprozessordnung aufgenommen worden. Dass sich die Zuständigkeit für eine auf den neuen Restitutionsgrund gestützte und sich gegen ein Revisionsurteil richtende Restitutionsklage nicht aus § 584 Abs. 1 ZPO ergibt, ist dabei nicht bedacht worden3.
Wie diese Regelungslücke zu schließen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Nur vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass in den Fällen des § 580 Nr. 8 ZPO ausnahmslos eine Zuständigkeit des Revisionsgerichts gegeben ist4. Andere halten das Revisionsgericht nur für zuständig, wenn es eigene tatsächliche Feststellungen getroffen hat. Ansonsten soll das Berufungsgericht zuständig sein5. Mangels eigener tatsächlicher Feststellungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 26.10.20116 wäre hiernach eine Zuständigkeit des Berufungsgerichts gegeben. Wieder andere differenzieren im Rahmen von § 580 Nr. 8 ZPO danach, aus welchem Verfahren die Mängel herrühren, die geltend gemacht wurden7. Da es hier nicht um Verfahrensmängel im Sinne von § 580 Nr. 4 oder Nr. 5 ZPO geht, wäre eine Zuständigkeit des Berufungsgerichts gegeben. Schließlich unterscheiden andere – ohne hierbei gesondert auf § 580 Nr. 8 ZPO einzugehen – danach, ob nur das Revisionsverfahren von dem gerügten Mangel betroffen ist. In diesem Fall soll die Klage ungeachtet des geltend gemachten Grundes beim Revisionsgericht zu erheben sein. Sei dagegen ebenfalls das Berufungsverfahren betroffen, so sei in allen Fällen das Berufungsgericht zuständig8. Da hier die Frage der Erbenstellung des Klägers sowohl das Berufungs- als auch das Revisionsurteil betrifft, wäre das Berufungsgericht zuständig.
Jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Fall kommt eine Zuständigkeit des Revisionsgerichts nicht in Betracht. Auch wenn § 584 Abs. 1 ZPO den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 8 ZPO nicht ausdrücklich nennt, liegt der Vorschrift die Grundstruktur eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses zugrunde. Grundsätzlich zuständig für die Restitutionsklage ist das Gericht des ersten Rechtszuges. Lediglich für den Fall, dass das angefochtene Urteil oder eines der angefochtenen Urteile von dem Berufungsgericht erlassen wurde oder ein in der Revisionsinstanz vom Revisionsgericht erlassenes Urteil aufgrund des § 580 Nr. 1 bis 3, 6, 7 ZPO angefochten wird, ist das Berufungsgericht zuständig. Eine Zuständigkeit des Revisionsgerichts kommt nur in den Ausnahmefällen in Betracht, in denen ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil aufgrund des § 580 Nr. 4, 5 ZPO angefochten wird. Das Gesetz geht mithin bei der Anfechtung eines Revisionsurteils von einer grundsätzlichen Zuständigkeit der Berufungsinstanz aus9.
Der hier maßgebliche Sachverhalt ist auch nicht mit den Restitutionsgründen des § 580 Nr. 4 und 5 ZPO vergleichbar10. Bei diesen geht es um grobe Mängel des Verfahrens, die den Bestand des Revisionsurteils unbeschadet der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz in Frage stellen11. Um derartige Verfahrensmängel handelt es sich hier nicht. Der EGMR hat vielmehr mit seinem Urteil vom 23.03.2017 entschieden, dass das vom Revisionsgericht und den Vorinstanzen angenommene Ergebnis der Rechtsanwendung die Rechte des Klägers aus Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) i.V.m. Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK (Schutz des Eigentums) verletzt12. Es geht mithin um die Frage der materiellen Vereinbarkeit innerstaatlicher Rechtsnormen bezüglich des Erbrechts nichtehelicher Kinder mit der EMRK.
Demgegenüber kommt nach dem Regelungsplan des Gesetzgebers eine Zuständigkeit des Berufungsgerichts in Betracht, wenn es um den vom Berufungsgericht festgestellten oder festzustellenden Sachverhalt geht13. Hier wären im Falle des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen des § 580 Nr. 8 ZPO nach erfolgter Wiederaufnahme des Verfahrens zunächst tatsächliche Feststellungen zu treffen bzw. nachzuholen. Die Klage ist bisher allein deshalb abgewiesen worden, weil die Tatsacheninstanzen sowie das Revisionsgericht von einer fehlenden Erbberechtigung des Klägers infolge der innerstaatlichen gesetzlichen Regelung ausgegangen sind. Tatsächliche Feststellungen zu den Voraussetzungen des vom Kläger im Wege der Stufenklage verfolgten Pflichtteilsanspruchs waren bisher nicht zu treffen. Da das Revisionsgericht für derartige tatsächliche Feststellungen nicht zuständig ist, käme im Falle seiner erfolgreichen Anrufung im Wiederaufnahmeverfahren ohnehin lediglich eine Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und eine Zurückverweisung an dieses in Betracht. In einem derartigen Fall ist eine Zuständigkeit des Berufungsgerichts gegeben.
Im vorliegenden Fall war die beim Bundesgerichtshof erhobene Restitutionsklage daher auf den Hilfsantrag des Klägers gemäß §§ 585, 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zu verweisen14. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob die angefochtenen Entscheidungen im Sinne von § 580 Nr. 8 ZPO auf der Verletzung der EMRK beruhen und dabei insbesondere zu klären haben, ob im hier zu beurteilenden Sachverhalt die tatschlichen Umstände vorliegen, bei deren Vorhandensein der Bundesgerichtshof ausnahmsweise eine konventionsfreundliche Auslegung im Sinne einer teleologischen Erweiterung von Art. 5 Satz 2 ZwErbGleichG für möglich erachtet hat15.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. März 2018 – IV ZR 196/17
- Jacobs in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 584 Rn. 2[↩]
- BGBl. I 3416[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/3038 S. 25, 38 ff.[↩]
- Büscher in Wieczorek/Schütze, ZPO 4. Aufl. § 584 Rn. 17[↩]
- so Meller-Hannich in Prütting/Gehrlein, ZPO 9. Aufl. § 584 Rn. 7; ferner Greger in Zöller, ZPO 32. Aufl. § 584 Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 06.12 1973 – IX ZR 154/72, BGHZ 62, 18 7, wonach die beim Revisionsgericht zu erhebende Restitutionsklage gemäß § 580 Nr. 7 b ZPO ausnahmsweise stattfindet, wenn damit tatsächliche Feststellungen des Revisionsgerichts angegriffen werden[↩]
- BGH, Urteil vom 26.10.2011 – IV ZR 150/10, BGHZ 191, 229[↩]
- so Jacobs in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 584 Rn. 5[↩]
- so MünchKomm-ZPO/Braun, 5. Aufl. § 584 Rn. 1, 6 f.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 08.06.1973 – I ZR 25/72, BGHZ 61, 95 810; einschränkend BGH, Urteil vom 04.07.1980 – V ZR 37/78, WM 1980, 1350 46; Musielak in Musielak/Voith, ZPO 14. Aufl. § 584 Rn. 8[↩]
- vgl. MünchKomm-ZPO/Braun, 5. Aufl. § 584 Rn. 6[↩]
- in der Vergangenheit wurde bei Entscheidungen des EGMR allenfalls eine Parallele zu § 580 Nr. 7 b ZPO erwogen, vgl. BT-Drs. 16/3038 S. 39 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.07.1954 – V ZR 56/50, BGHZ 14, 251, 256 21][↩]
- EGMR ZEV 2017, 507[↩]
- BGH, Urteil vom 13.07.1954 aaO; ferner Beschluss vom 08.06.1973 – I ZR 25/72, BGHZ 61, 95, 97, 100 9 f.]; BVerwG vom 07.12 2015 – 6 PKH 10/15 12; Musielak in Musielak/Voith, ZPO 14. Aufl., § 584 Rn. 2; MünchKomm-ZPO/Braun, 5. Aufl., § 584 Rn. 1[↩]
- vgl. zur Verweisung in einem solchen Fall BGH, Beschluss vom 08.06.1973 – I ZR 25/72, NJW 1973, 1701 13; BFH vom 16.12 2014 – X K 5/14 5 f.[↩]
- hierzu zuletzt BGH, Beschluss vom 12.07.2017 – IV ZB 6/15, ZEV 2017, 510 Rn. 1822; vgl. ferner Lieder/Berneith, FamRZ 2017, 1623 f.[↩]