Eine Regelung in der Teilungserklärung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, an Flächen des Gemeinschaftseigentums nachträglich Sondernutzungsrechte zu begründen, muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen.
Der teilende Eigentümer in der Teilungserklärung kann sich ermächtigen, bei Verkauf der Wohnungseigentumseinheiten dem jeweiligen Erwerber das Sondernutzungsrecht an bestimmten Flächen einzuräumen und dessen Inhalt näher zu bestimmen. Eine solche Gestaltung ist rechtlich unbedenklich, sofern und solange der dadurch Begünstigte Eigentümer einer Wohnungs- oder Teileigentümereinheit ist1. Das gilt nicht nur für die Ermächtigung, bereits bestehende Sondernutzungsrechte zu konkretisieren oder zu ändern, sondern auch für einen Vorbehalt, der es dem teilenden Eigentümer ermöglicht, die Teile des Gemeinschaftseigentums, von deren Mitgebrauch die übrigen Wohnungseigentümer ausgeschlossen und an denen Sondernutzungsrechte begründet werden sollen, zu einem späteren Zeitpunkt festzulegen2.
Richtig ist ferner, dass ein solcher Vorbehalt dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen muss.
Das Bestimmtheitserfordernis des Sachen- und Grundbuchrechts gilt auch für das als Inhalt des Sondereigentums nach § 10 Abs. 3 WEG in das Grundbuch einzutragende Sondernutzungsrecht3. Regelungen in Teilungserklärungen, mit denen Sondernutzungsrechte verbindlich festgelegt werden, müssen daher hinreichend bestimmt sein4. Einer verbindlichen Festlegung steht es gleich, wenn die Wohnungseigentümer durch die Teilungserklärung von dem Mitgebrauch einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Fläche sogleich oder aufschiebend bedingt ausgeschlossen werden (negative Komponente des Sondernutzungsrechts) mit der Folge, dass ihre Mitwirkung bei der späteren Zuweisung eines Sondernutzungsrechts an dieser Fläche entbehrlich ist5.
Auch eine Ermächtigung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, Sondernutzungsrechte zu einem späteren Zeitpunkt zu begründen, muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen6. Denn dieses verlangt, dass jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen kann7; das gilt für den Inhalt des Sondereigentums entsprechend. Zu diesem Inhalt gehören alle Regelungen der Teilungserklärung mit Vereinbarungscharakter (vgl. § 10 Abs. 3 WEG)8 und damit auch Ermächtigungen, durch die Entscheidungen, welche nach dem Gesetz einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedürfen, auf den teilenden Eigentümer übertragen werden. Da Sondernutzungsrechte nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden können9, hat eine Regelung, mit der diese Kompetenz dem teilenden Eigentümer vorbehalten bleibt, Vereinbarungscharakter und gehört, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird, zu dem Inhalt des Sondereigentums.
Der im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zu beurteilende Vorbehalt genügte dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht: Die Formulierung, der teilende Eigentümer sei befugt „Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung“ zuzuordnen, lässt offen, auf welche Flächen des Gemeinschaftseigentums sich die Befugnis bezieht. Diese sind weder aus einem Lageplan ersichtlich noch in anderer Form beschrieben. Infolge der Begrenzung auf „Teile“ der Gartenflächen kann der Vorbehalt auch nicht als Befugnis verstanden werden, an sämtlichen Gartenflächen Sondernutzungsrechte zu begründen10; dem Bestimmtheitsgrundsatz wäre auch dann allerdings nur genügt, wenn zweifelsfrei feststünde, welche Teile des Gemeinschaftseigentums als Gartenflächen anzusehen sind. Ein bestimmter Inhalt der Ermächtigung lässt sich deshalb auch im Wege der Auslegung nicht feststellen.
Ist die Änderung der Teilungserklärung weder in das Grundbuch eingetragen noch mit schuldrechtlicher Wirkung zwischen den Parteien vereinbart worden, fehlt es im Verhältnis zu den neuen Eigentümern von vornherein an einer Berechtigung des teilenden Eigentümers, Sondernutzungsrechte zu begründen.
Wäre der Änderungsvorbehalt (nur) schuldrechtlich vereinbart worden, stünde seiner Wirksamkeit der von dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu trennende Grundsatz entgegen, dass die Übertragung einer nach dem Gesetz den Wohnungseigentümern vorbehaltenen Kompetenz auf einzelne Wohnungseigentümer einer Ermächtigung bedarf, die Ausmaß und Umfang der daraus folgenden Belastungen für die Wohnungseigentümer zweifelsfrei erkennen lässt11. Ein Vorbehalt, der den teilenden Eigentümer berechtigt, einzelnen Wohnungen nachträglich Sondernutzungsrechte zuzuordnen, ist demnach nur wirksam, wenn er erkennen lässt, welche Flächen für die Begründung von Sondernutzungsrechten herangezogen werden können.
Die Festlegung des betroffenen Gemeinschaftseigentums kann zwar weit gefasst sein, also große Teile des Gemeinschaftseigentums umfassen. Denn der Bestimmtheitsgrundsatz soll nur gewährleisten, dass Inhalt und Umfang der Kompetenzübertragung zweifelsfrei feststehen, nicht aber die einer gesonderten Prüfung vorbehaltenen Inhaltskontrolle der Klausel12 ersetzen. Unerlässlich ist aber, dass der Vorbehalt dem unbefangenen Betrachter eine klare Vorstellung davon vermittelt, welche Teile des Gemeinschaftseigentums durch einseitige Erklärung des Berechtigten dem Mitgebrauch der Eigentümer (§ 13 Abs. 1 WEG) entzogen werden können13.
Diesen Anforderungen genügt der hier zu beurteilende Vorbehalt nicht. Er lässt die für die Begründung von Sondernutzungsrechten vorgesehenen Flächen nicht erkennen. Auch der Begriff der „Terrasse“14 eignet sich nicht dazu, den Umfang der Ermächtigung einzugrenzen, da es Terrassen unterschiedlichster Größen gibt. Andere Anhaltspunkte, anhand deren sich bestimmen ließe, in welchem Ausmaß die im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenflächen insgesamt oder je Wohnungseinheit aufgrund der Ermächtigung der Sondernutzung zugeführt werden können, enthält die Teilungserklärung nicht.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Januar 2012 – V ZR 125/11
- vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2011 – V ZR 74/11, NJW 2012, 676, 677 Rn. 9 ff.[↩]
- vgl. dazu BayObLG, DNotZ 2005, 390; sowie KG, ZMR 2007, 384, 387 r. Sp.[↩]
- zur dinglichen Wirkung dieses Rechts: BGH, Beschluss vom 24.11.1978 – V ZB 11/77, BGHZ 73, 145, 148[↩]
- BGH, Urteil vom 02.12.2011 – V ZR 74/11, NJW 2012, 676, 677 Rn. 13[↩]
- BayObLGZ 1985, 124, 128; BayObLG, Rpfleger 2001, 587; DNotZ 2005, 390, 391; OLG Hamm, NZM 1998, 673, 674; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1987, 1491, 1492[↩]
- ebenso: OLG Frankfurt, NJW-RR 1998, 1707, 1708; Armbrüster, ZMR 2005, 244, 245; Krause, NotBZ 2001, 433, 439[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2011 – V ZB 194/10, NJW 2011, 1958 Rn. 10; Beschluss vom 26.01.2006 – V ZB 143/05, NJW 2006, 1341 Rn. 12[↩]
- Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 132 und Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl., AT V Rn. 102 ff.[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167 f.[↩]
- zu weitgefassten Änderungsvorbehalten vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1998, 1707, 1708 f. sowie Krause, NotBZ 2001, 433, 440[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 164; kritisch: Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 295 ff.[↩]
- vgl. zu einer solchen: BGH, Urteil vom 02.12.2011 – V ZR 74/11, NJW 2012, 676, 677 Rn. 14 ff.[↩]
- vgl. BayObLGZ 1974, 294, 298; Armbrüster, ZMR 2005, 244, 247[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.07.2009 – VIII ZR 218/08, NJW 2009, 2880 Rn. 12[↩]









