Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1, 2 BGB maßgebend [1].

Die Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB begründet in Fällen, in denen eine Nacherfüllung die Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung an diesen Ort anfallen, bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer; der Käufer kann nach dem Schutzzweck der von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung vielmehr grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen, auch wenn das Vorliegen des geltend gemachten Mangels noch ungeklärt ist. Dementsprechend liegt ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers vor, wenn seine Bereitschaft, die Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zu verbringen, nur wegen der ausgebliebenen Vorschussleistung des Verkäufers nicht umgesetzt wird [2].
Die Beurteilung des Landgerichts Berlin [3], wonach es wegen der unterlassenen Vorstellung des Fahrzeugs in Berlin bereits an einem für den beanspruchten Schadensersatz (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) gemäß § 439 Abs. 1 BGB erforderlichen wirksamen Nacherfüllungsverlangen gefehlt habe, weil der Käuferin auch ohne den angeforderten Transportkostenvorschuss eine Verbringung des Fahrzeugs dorthin zwecks Ermöglichung einer Untersuchung der gerügten Mängelerscheinungen zuzumuten gewesen sei, ist daher in einem entscheidenden Punkt mit Rechtsfehlern behaftet.
Das Landgericht Berlin hat es dabei es – nach seinem Standpunkt folgerichtig – dahinstehen lassen, ob das verkaufte Fahrzeug die von der Käuferin behaupteten und ihrem Ersatzbegehren zugrunde gelegten Motordefekte gehabt hat und aus diesem Grunde nicht mehr fahrbereit gewesen ist. Es ist deshalb für die revisionsrechtliche Prüfung als notwendige Voraussetzung sowohl des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als auch des nachstehend behandelten Transportkostenvorschussanspruchs [4] zu unterstellen, dass diese Mängel, und zwar in der nach § 476 BGB zu vermutenden Weise [5], vorgelegen und zu den Aufwendungen geführt haben, welche die Käuferin aus Anlass der von ihr selbst veranlassten Reparatur und einer dadurch bedingten Unterbrechung der Nutzungsmöglichkeit als Schäden geltend gemacht hat.
Insoweit ist das Landgericht Berlin [3] zugleich unangegriffen davon ausgegangen, dass der in die Kaufvertragsurkunde aufgenommene Ausschluss einer Sachmängelhaftung gemäß § 474 Abs. 1, § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Denn die Käuferin ist nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien in den Tatsacheninstanzen Verbraucherin im Sinne von § 13 BGB und auch sonst nach ihrem Gesamterscheinungsbild nicht als Unternehmerin im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB aufgetreten [6]. Die gleichwohl im Formularvertrag vorgenommene Bezeichnung der Käuferin als Firma und des Kaufvertrags als Händlergeschäft stellt sich deshalb als eine gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB unzulässige Umgehung des halbzwingenden Charakters der in Satz 1 dieser Bestimmung aufgeführten Vorschriften dar, im Streitfall also als eine Umgehung der sich aus §§ 437, 439 ff. BGB ergebenden Gewährleistungsrechte der Käuferin, so dass der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht schon aus diesem Grunde ausscheidet.
Ein auf Erstattung der namentlich für Reparatur und Transport angefallenen Aufwendungen gerichteter Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, §§ 280, 281, 440 BGB), der nach dem Vorrang der Nacherfüllung bei Selbstvornahme der Mangelbeseitigung durch den Käufers als einziger Anspruch in Betracht kommt, steht – wie auch das Landgericht Berlin [3] richtig gesehen hat – der Käuferin wegen dieses Nacherfüllungsvorrangs nur unter den Voraussetzungen der §§ 281, 440 BGB zu; dies erfordert, dass die Käuferin entweder der Verkäuferin erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder dass eine solche Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 2 BGB beziehungsweise nach § 440 BGB entbehrlich war [7].
Diese Voraussetzungen sind – anders als die Revision meint – zwar nicht schon deshalb gegeben, weil der Erfüllungsort für die von der Käuferin geforderte Nachbesserung an ihrem Wohnsitz oder dem damit identischen Fahrzeugstandort anzusiedeln wäre. Jedoch war entgegen der Auffassung des Landgerichts Berlin [3] eine über die mit Fristsetzungen erhobene Mängelbeseitigungsaufforderung hinausgehende vorbehaltlose Bereitschaft der Käuferin zum Transport des nicht fahrbereiten Pkw auf eigene Kosten an den Geschäftssitz der Verkäuferin in Berlin im Streitfall nicht noch zusätzlich zur Wirksamkeit dieser Aufforderung notwendig. Es war vielmehr ausreichend, dass die Käuferin – wenn auch ohne Erfolg – zeitnah einen nicht ersichtlich unangemessenen Transportkostenvorschuss von der Verkäuferin angefordert hat sowie alternativ bereit war, ihr selbst die Durchführung des Transports zu überlassen beziehungsweise – was dies selbstredend eingeschlossen hat – eine vorgängige Untersuchung des Fahrzeugs an dessen Belegenheitsort zu ermöglichen.
Eine wirksame Fristsetzung der Käuferin hätte allerdings schon ungeachtet eines Vorschusserfordernisses vorgelegen, wenn man mit der Revision davon ausgehen wollte, dass der Erfüllungsort für die von der Verkäuferin vorzunehmende Nachbesserung am Sitz der Käuferin anzusiedeln gewesen wäre. Denn in diesem Fall hätte sich die Verkäuferin innerhalb der ihr gesetzten Frist ohne weiteres Zutun der Käuferin dorthin zwecks Untersuchung der gerügten Mängel und deren Beseitigung begeben müssen. Einen Erfüllungsort für die von der Verkäuferin geschuldete Nachbesserung am Wohnsitz der Käuferin beziehungsweise dem damit identischen Belegenheitsort des Fahrzeugs hat das Landgericht Berlin [3] jedoch – und zwar im Einklang mit der in den Tatsacheninstanzen von beiden Parteien noch übereinstimmend vertretenen Sichtweise – rechtsfehlerfrei verneint.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers unter anderem die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1, 2 BGB maßgebend mit der Folge, dass bei einem Fehlen vertraglicher Vereinbarungen über den Erfüllungsort auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen ist und dass dann, wenn sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen, der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohn- oder Geschäftssitz hatte [8]. Von dieser Rechtsprechung geht auch das Landgericht Berlin [3] aus, um danach zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Umstände, die in besonderer Weise zu einer Lokalisierung des Ortes der Nacherfüllung entweder am Wohnsitz der Käuferin oder am Geschäftssitz der Verkäuferin Veranlassung gäben, nicht ersichtlich seien, so dass im Streitfall die genannte, auf eine Maßgeblichkeit des Wohn- oder Geschäftssitzes des Schuldners hinauslaufende gesetzliche Auslegungsregel zum Tragen komme [9].
Soweit sich die Revision unter Bezugnahme auf ablehnende Stimmen im Schrifttum [10] namentlich mit Blick auf die Anforderungen in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter [11] (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) gegen eine Anwendbarkeit von § 269 Abs. 1 BGB wendet oder zumindest ein Transporterfordernis wie im Streitfall generell als eine erhebliche, für die Bestimmung des Erfüllungsortes anhand der Umstände ausschlaggebende Unannehmlichkeit werten und ihn deshalb ausschließlich am Ort der jeweiligen Belegenheit der Kaufsache ansiedeln will, hat sich der Bundesgerichtshof mit diesen Gesichtspunkten in seinem Urteil vom 13.04.2011 [12] eingehend auseinandergesetzt. Insbesondere hat er in dieser Entscheidung zur Konkretisierung der Erheblichkeitsschwelle ausgeführt, dass der nationale Gesetzgeber in Deutschland die in Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltenen Vorgaben dadurch umgesetzt hat, dass der Käufer im Falle der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB sogleich Sekundärrechte (Rücktritt, Minderung und Schadensersatz) geltend machen kann und sich dadurch nicht auf eine unerwünschte Form der Nacherfüllung einlassen muss, die für ihn – weil mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden – unzumutbar ist. Auch zum vorhergehend abgehandelten Merkmal einer Unentgeltlichkeit der Nachbesserung (Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass insoweit das nationale Recht den erforderlichen Schutz durch den Kostenerstattungsanspruch nach § 439 Abs. 2 BGB gewährleistet, der angesichts des Schutzzwecks der Unentgeltlichkeit einen Vorschussanspruch des Verbrauchers einschließt.
Darüber hinausgehende neue Gesichtspunkte, die dem Bundesgerichtshof Veranlassung geben könnten, seine Auffassung zur Anwendbarkeit des § 269 Abs. 1 BGB oder zur Gewichtung der dabei zu berücksichtigenden Umstände im Sinne einer grundsätzlichen Verlagerung des Erfüllungsortes zum Wohnsitz des Verbrauchers oder zum Belegenheitsort der Kaufsache zu ändern, zeigt die Revision nicht auf. Das gilt umso mehr, als sich mittlerweile auch der nach dem genannten BGH, Urteil vom 13.04.2011 ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union mit der nötigen Deutlichkeit entnehmen lässt, dass die Erheblichkeit von Unannehmlichkeiten, die mit einer Nachbesserung nahezu zwangsläufig verbunden sind, in einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden nicht notwendig durch eine generelle Lokalisierung des Erfüllungsortes am Wohnsitz des Verbrauchers oder am Belegenheitsort der Kaufsache ausgeglichen werden müssen. Vielmehr kann dem – was der Bundesgerichtshof als von Anfang an selbstverständlich angesehen hat – etwa auch durch eine effektive Abwälzung der zur Kompensation solcher Unannehmlichkeiten anfallenden Kosten auf den Verkäufer Rechnung getragen werden. Folgerichtig hat der Unionsgerichtshof in seinem Urteil vom 16.06.2011 [13] in naheliegender Fortführung der bereits in seinem Urteil vom 17.04.2008 [14] angestellten Erwägungen zur Auslegung von Art. 3 Abs. 2, 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eigens hervorgehoben, dass es auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Richtlinie, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, nicht zwingend erforderlich ist, dass der Verkäufer den Nacherfüllungsvorgang vollständig selbst vornimmt, sondern dass auch die Übernahme der entsprechenden Kosten ein taugliches Äquivalent bilden kann.
Darüber hinaus ließe eine Verlagerung des Nacherfüllungsortes zur Käuferin hin außer Betracht, dass es sich bei dem in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verwendeten Begriff der erheblichen Unannehmlichkeit um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen richtlinienkonforme Auslegung und Anwendung anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls dem nationalen (Tat-)Richter nach Maßgabe seiner vom nationalen Gesetzgeber im Zuge der Richtlinienumsetzung erfahrenen Konkretisierung obliegt [15]. Dass es auslegungsrelevante Gesichtspunkte gibt, deren Beurteilung zur Frage der Kompensierbarkeit einer dem Käufer nachteiligen Bestimmung des Nacherfüllungsortes durch eine den Transportaufwand ausgleichende Kostenvorschusspflicht des Verkäufers über den Einzelfall hinaus der Entwicklung weiterer allgemeiner Kriterien bedarf, welche dem Urteil des Unionsgerichtshofs vom 16.06.2011 [16] noch nicht zu entnehmen sind und die im Streitfall zusätzlich bei der Handhabung des Begriffs der erheblichen Unannehmlichkeiten zu beachten wären, wird vorliegend nicht aufgezeigt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Die Gegenansicht beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen darauf, ihre eigene, die Relevanz von Vorschusspflichten grundsätzlich verneinende Sichtweise an die Stelle derjenigen des unter Berücksichtigung des unbestimmten Rechtsbegriffs zur Anwendbarkeit des § 269 Abs. 1 BGB gelangenden und daran anknüpfend zu dessen Auslegung berufenen Tatrichters zu setzen.
In diesem Rahmen ist das Landgericht Berlin [3] zunächst einmal unangegriffen davon ausgegangen, dass die im Kaufvertragsformular enthaltene Erfüllungsortsvereinbarung sich angesichts der zuvor – wenn auch unwirksam – ausgeschlossenen Sachmängelgewährleistung nicht auf danach von vornherein nicht in Betracht zu ziehende Nachbesserungsansprüche bezieht. Eine solche zu Lasten der Verkäuferin als Verwenderin des Vertragsformulars gehende Auslegung liegt allein schon nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nahe.
Soweit das Landgericht Berlin [3] bestimmte Umstände, die einer Anwendbarkeit des § 269 Abs. 1 BGB von vornherein hätten entgegenstehen können oder sonst geeignet gewesen wären, der Käuferin ungeachtet des ausgebliebenen Vorschusses durch die Annahme eines auswärtigen Nacherfüllungsorts im Streitfall zusätzlich weitere Unannehmlichkeiten von Gewicht zu bereiten [17], nicht festgestellt hat, ist ein Rechtsfehler ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil hat die Käuferin, die in den Tatsacheninstanzen durchgängig davon ausgegangen ist, dass die Nachbesserung am Sitz der Verkäuferin in Berlin erfolgen müsse, durch ihr Angebot, gegen Zahlung des verlangten Vorschusses den Transport des Fahrzeugs zur Verkäuferin nach Berlin zu organisieren, selbst zu erkennen gegeben, dass bei einem vorab zu leistenden finanziellen Ausgleich der organisatorische Aufwand für sie keine, zumindest keine erhebliche Unannehmlichkeit bedeutet hätte. Sonstige Umstände, die das Landgericht Berlin [3] bei Anwendung des § 269 Abs. 1 BGB hätten veranlassen müssen, den Ort der Nacherfüllung am Wohnsitz der Käuferin beziehungsweise an dem damit übereinstimmenden Fahrzeugstandort anzusiedeln, sind ebenfalls rechtsfehlerfrei nicht festgestellt, so dass das Landgericht Berlin [3] die in der Vorschrift enthaltene Auslegungsregel zur Anwendung bringen konnte, welche als Nacherfüllungsort den Geschäftssitz der Verkäuferin in Berlin bestimmt.
Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Hierdurch soll es diesem ermöglicht werden, die verkaufte Sache darauf zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht, ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann. Dementsprechend ist der Verkäufer grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat [18].
Gegen diese Obliegenheit [19] hat die Käuferin im vorliegenden Fall indes nicht verstoßen. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts Berlin [3] war sie, ohne Nachteile für ihr Nachbesserungsverlangen befürchten zu müssen, nicht gehalten, der Verkäuferin das Fahrzeug an deren Geschäftssitz in Berlin zur Verfügung zu stellen, bevor der von ihr angeforderte Transportkostenvorschuss bei ihr eingegangen war. Ebenso war sie mit Ablauf der von ihr gesetzten (Nach-)Frist nicht mehr gehindert, die gerügten Mängel selbst beheben zu lassen und die dadurch entstandenen Kosten und Nachteile als Schadensersatz statt der Leistung geltend zu machen.
Nach § 439 Abs. 2 BGB hat ein Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Kosten, insbesondere Transport, Wege, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. Hierbei handelt es sich um eine Kostentragungsregelung mit Anspruchscharakter, welche die von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erforderliche Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung gewährleisten soll [20]. Dies begründet in Fällen, in denen – wie hier – eine Nacherfüllung die Verbringung des Fahrzeugs an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung des Fahrzeugs an diesen Ort anfallen, aber nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer. Der Käufer kann nach dem Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots vielmehr grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen. Denn die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Kaufsache unentgeltlich zu bewirken, soll – wie auch schon der Unionsgerichtshof in seinem Urteil vom 17.04.2008 [21] hervorgehoben hat – den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, solche Ansprüche geltend zu machen. Ein solcher Hinderungsgrund kann sich auch daraus ergeben, dass der Verbraucher mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss [22].
Den auch im Streitfall bestehenden Vorschussanspruch der Käuferin hat das Landgericht Berlin [3] gleichwohl verneint, weil es das Risiko, die aufzuwendenden Transportkosten gegebenenfalls nicht erstattet zu bekommen, dem von ihr zu tragenden gewöhnlichen Vertragsrisiko zugeordnet und die Käuferin auf die Möglichkeit verwiesen hat, diesen Anspruch zunächst gerichtlich durchzusetzen. Außerdem hat es die Kosten als der Höhe nach tragbar angesehen und auch aus diesem Grunde eine Erheblichkeit der mit dem Kostenaufwand verbundenen Unannehmlichkeiten verneint. Diese Sichtweise begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
§ 439 Abs. 2 BGB bringt mit seiner Kostentragungsregelung auch zum Ausdruck, dass dem Verkäufer in Fällen, in denen sich die vom Käufer erhobene Mängelrüge als berechtigt erweist, zugleich das mit der Klärung einer unklaren Mängelursache verbundene Kostenrisiko zugewiesen ist [23]. An diesem Risiko hat der Käufer grundsätzlich keinen Anteil, insbesondere nicht in der Weise, dass er zunächst einmal mit den für die Mängelklärung anfallenden Aufwendungen in Vorlage treten müsste. Denn dies würde nicht nur mit dem über § 439 Abs. 2 BGB umgesetzten Unentgeltlichkeitsgebot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kollidieren. Ein solches Erfordernis, die Kosten zunächst selbst vorzulegen, ist vielmehr bei Verbrauchsgüterkäufen auch grundsätzlich geeignet, den Käufer angesichts der damit einhergehenden Belastungen und Unsicherheiten über eine spätere Erstattung von einer (effektiven) Geltendmachung seiner Ansprüche abzuhalten [24].
Entgegen der Auffassung des Landgerichts Berlin [3] können deshalb die Unannehmlichkeiten und Erstattungsrisiken, die für die dazu nicht verpflichtete Käuferin mit einer gleichwohl zu erbringenden Vorleistung auf die Transportkosten verbunden gewesen wären, angesichts der gegenläufigen Schutzintentionen des europäischen Richtliniengebers [25] gerade nicht dem gewöhnlichen Vertragsrisiko zugewiesen werden. Sie sollten der Käuferin vielmehr genauso wie das Risiko erspart bleiben, einen Vorschussanspruch gerichtlich durchsetzen zu müssen. Zudem würde dies – dem Zweck der Vorschusspflicht zuwider – in aller Regel zugleich mit dem in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aufgestellten Gebot einer Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist kollidieren, für deren Lauf entgegen der Auffassung des Landgerichts Berlin [3] bereits auf die Stellung eines tauglichen Nacherfüllungsbegehrens abzustellen wäre.
Vor diesem Hintergrund ist es – anders als das Landgericht Berlin [3] meint – auch ohne Bedeutung, ob die Käuferin in der Lage gewesen wäre, die Geldmittel zur Finanzierung eines Transports selbst aufzubringen. Vielmehr zielt die Vorschusspflicht gerade in den Fällen, in denen der Erfüllungsort der Nacherfüllung am Sitz des Verkäufers liegt, darauf ab, dem Käufer eine vom Verkäufer geschuldete Mängelbeseitigung ohne Einsatz eigener Mittel und sonstiger Vorleistungen zu ermöglichen. Ob und unter welchen Voraussetzungen dies anders zu beurteilen sein könnte, wenn es sich etwa um einen fahrtüchtigen Pkw gehandelt hätte und die Entfernung zum Geschäftssitz des Verkäufers derart moderat gewesen wäre, dass die Frage einer Kostenerstattung normalerweise nicht thematisiert worden wäre, oder wenn Aufwand und Risiko sich in einem Rahmen gehalten hätten, der einen Käufer üblicherweise nicht von einer sofortigen Vorstellung seines Fahrzeugs zwecks Geltendmachung von Nacherfüllungsrechten abgehalten hätte [26], bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
Hiernach hat die Käuferin durch ihre Bereitschaft, das Fahrzeug nach Zahlung eines dafür erforderlichen Transportkostenvorschusses zwecks Untersuchung und Nachbesserung der gerügten Mängel zum Geschäftsbetrieb der Verkäuferin in Berlin transportieren zu lassen, ein den Anforderungen des § 439 Abs. 1 BGB genügendes Nacherfüllungsverlangen erhoben. Die Verkäuferin wäre deshalb verpflichtet gewesen, der Käuferin durch Zahlung des angeforderten Vorschusses den in Aussicht genommenen Transport zu ermöglichen. Dementsprechend hat mit dem Angebot der Käuferin, den Fahrzeugtransport in der vorgeschlagenen Weise zu organisieren, zugleich die bei dieser Gelegenheit noch einmal erneuerte und später verlängerte Frist zur Leistung der begehrten Nachbesserung für die Verkäuferin zu laufen begonnen. Nach deren fruchtlosen Ablauf und dem dadurch unterbliebenen Transport des Pkw zwecks Nachbesserung nach Berlin war die Käuferin berechtigt, die von ihr gerügten Mängel selbst zu beseitigen, um die aus diesem Anlass angefallenen Kosten und Einbußen anschließend gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB von der Verkäuferin als Schadensersatz statt der Leistung zu beanspruchen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 278/16
- Bestätigung der BGH-Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteile vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29 ff. mwN; vom 19.12 2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24[↩]
- Fortführung des BGH, Urteils vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, aaO Rn. 37[↩]
- LG Berlin, Urteil vom 08.11.2016 – 88 S 14/16[↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩][↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2014 – VIII ZR 275/13, BGHZ 201, 83 Rn. 11 mwN[↩]
- dazu BGH, Urteil vom 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, WM 2017, 396 Rn. 36[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.12 2004 – VIII ZR 91/04, WM 2005, 1612[↩]
- BGH, Urteile vom 12.01.2011 – VIII ZR 346/09, WM 2011, 909 Rn. 15; vom 21.12 2005 – VIII ZR 49/05, WM 2006, 1355 Rn. 18; vom 22.06.2005 – VIII ZR 1/05, NJW 2005, 3211 unter – II 1; vom 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 225, 227 ff.[↩]
- BGH, Urteile vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 29 ff. mwN; vom 19.12 2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24[↩]
- vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 263/15, WM 2017, 919 Rn. 22 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen][↩]
- jurisPK-BGB/Pammler, 8. Aufl., § 439 Rn. 44 ff.[↩]
- ABl.EG Nr. L 171 S. 12[↩]
- BGH, URteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, aaO Rn. 35 ff., insbes. Rn. 39 ff.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 21[↩]
- EuGH, Urteil vom 16.06.2011 – C‑65/09 und C‑87/09, NJW 2011, 2269 Rn. 55, 62 – Gebr. Weber und Putz[↩]
- EuGH, Urteil vom 17.04.2008 – C‑404/06, NJW 2008, 1433 Rn. 34 ff. – Quelle[↩]
- vgl. EuGH, Urteile vom 21.03.2013 – C‑92/11, NJW 2013, 2253 Rn. 47 f. – RWE Vertrieb; vom 26.04.2012 – C472/10, RIW 2012, 483 Rn. 22 – Invitel; vom 09.11.2010 – C‑137/08, RIW 2010, 876 Rn. 43 f. – VB Pénzügyi Lízing[↩]
- EuGH, Urteil vom 16.06.2011 – C‑65/09 und C‑87/09, aaO – Gebr. Weber und Putz[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, aaO Rn. 41 f.[↩]
- BGH, Urteile vom 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, aaO S. 228; vom 21.12 2005 – VIII ZR 49/05, aaO Rn. 21; vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 12; vom 19.12 2012 – VIII ZR 96/12, aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 30.04.2014 – VIII ZR 275/13, aaO mwN[↩]
- EuGH, Urteil vom 17.04.2008 – C‑404/06, aaO Rn. 34 – Quelle[↩]
- BGH, Urteile vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, aaO Rn. 37; vom 21.12 2011 – VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 49 f.; jeweils mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 30.04.2014 – VIII ZR 275/13, aaO Rn. 13 f.[↩]
- BGH, Urteile vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, aaO; vom 21.12 2011 – VIII ZR 70/08, aaO; jeweils mwN[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 17.04.2008 – C‑404/06, aaO – Quelle[↩]
- vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, aaO Rn. 55[↩]
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