Arbeitsvertragliche Altersgrenze – als überraschende Klausel

Bei der in einem Arbeitsvertrags enthaltenen Befristung auf die Regelaltersgrenze, die in den Regeln zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten ist, handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

Arbeitsvertragliche Altersgrenze – als überraschende Klausel

Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat überraschenden Charakter iSd. Vorschrift, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Die berechtigten Erwartungen des Vertragspartners bestimmen sich nach den konkreten Umständen bei Vertragsschluss ebenso wie nach der Gestaltung des Arbeitsvertrags, insbesondere dessen äußerem Erscheinungsbild. So kann der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen. Im Einzelfall kann der Verwender gehalten sein, auf die Klausel besonders hinzuweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorzuheben1.

Die arbeitsvertragliche Altersgrenzenregelung war in dem hier entschiedenen Fall weder nach ihrem Erscheinungsbild noch nach den sonstigen Umständen so ungewöhnlich, dass der Arbeitnehmer mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Die Befristungsregelung befindet sich nicht an einer unerwarteten Stelle des Vertrags. Sie ist (hier:) in § 15 enthalten, der ausweislich seiner Überschrift die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelt. Zudem sind Befristungsabreden, die auf das Erreichen der Regelaltersgrenze für den Bezug von Altersrente abstellen, im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht iSd. § 305c Abs. 1 BGB überraschend ist. Eine andere Beurteilung war im vorliegenden Fall nicht deshalb geboten, weil der Eintritt der Altersgrenze am 31.08.2014 im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 17./18.05.2009 zeitlich nicht mehr sehr weit entfernt war. Weder ist ein Zeitraum von fünf Jahren eine so außergewöhnlich kurze Zeitspanne, dass mit einer Altersgrenzenregelung nicht zu rechnen wäre, noch konnte die Klausel den Arbeitnehmer aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Arzt mit eigener Praxis überraschen.

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Eine solche Befristungsvereinbarung verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Eine vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gewählte Befristungsabrede muss wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen, die mit der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbunden sind, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den durchschnittlichen Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen2.

Im vorliegenden Fall konnte für den Arbeitnehmer als bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung versicherten Arzt kein Zweifel daran bestehen, dass das Arbeitsverhältnis bei Erreichen des für den Bezug der Regelaltersrente nach den Satzungsbestimmungen der Nordrheinischen Ärzteversorgung maßgeblichen Alters enden sollte und nicht etwa bei Erreichen des Regelrentenalters in der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem anderen Versorgungswerk. Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers ergibt sich eine Unklarheit auch nicht dadurch, dass im Arbeitsvertrag das für die Regelaltersgrenze maßgebliche Alter nicht bezeichnet ist. Dieses lässt sich anhand der Satzungsbestimmungen ohne weiteres ermitteln. Die Regelung ist auch nicht deshalb unklar, weil nicht ausdrücklich festgelegt ist, welche Satzungsfassung maßgeblich sein soll. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass dies die jeweils gültige Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung sein soll.

Die arbeitsvertraglich vereinbarte Altersgrenze steht auch nicht im Widerspruch zu der Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Zwar ist dort bestimmt, dass das Anstellungsverhältnis auf unbestimmte Zeit läuft. Damit ist jedoch die Vereinbarung einer Altersgrenze nicht ausgeschlossen. Vielmehr sollte durch § 15 Abs. 1 des Arbeitsvertrags nur klargestellt werden, dass das Arbeitsverhältnis nicht für eine im Voraus konkret bestimmte Frist abgeschlossen wird. Die vorliegende Vertragsgestaltung ist typischerweise als Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit Höchstbefristung bei Erreichen der Regelaltersgrenze zu verstehen3.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 7 AZR 632/15

  1. BAG 9.12 2015 – 7 AZR 68/14, Rn.19; 16.04.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 16, BAGE 126, 295[]
  2. BAG 9.12 2015 – 7 AZR 68/14, Rn. 24; 16.04.2008 – 7 AZR 132/07, Rn. 22, BAGE 126, 295[]
  3. vgl. BAG 5.03.2013 – 1 AZR 417/12, Rn. 56 f.; 8.12 2010 – 7 AZR 438/09, Rn. 23, BAGE 136, 270[]