Ausschlussfrist für das Arbeitsgeberdarlehn

Der Anspruch auf Rückerstattung eines Arbeitgeberdarlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) kann einer (tarifvertraglich oder arbeitsvertraglich vereinbarten) Ausschlussfrist unterfallen.

Ausschlussfrist für das Arbeitsgeberdarlehn

Die Ausschlussfrist spricht – so in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall – von „Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“. Sie erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut damit nicht nur tarifliche, sondern auch vertragliche oder gesetzliche Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass selbst unabdingbare gesetzliche Ansprüche tariflichen Ausschlussfristen unterworfen werden können1. Eine tarifliche Ausschlussfrist betrifft nicht den Inhalt des Anspruchs, sondern dessen Geltendmachung und zeitliche Begrenzung.

Bei dem Darlehensrückerstattungsanspruch des Klägers handelt es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Dazu gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben. Maßgeblich ist dabei der Entstehungsbereich des Anspruchs, nicht aber die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage. Entscheidend ist die enge Verknüpfung eines Lebensvorgangs mit dem Arbeitsverhältnis2. Hat also ein Anspruch seinen Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung der Parteien, ist er ein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“3.

Bei einem Arbeitgeberdarlehen überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis Kapital zur vorübergehenden Nutzung4. Wie eng ein solches Darlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist und ob es deshalb von einer Regelung erfasst wird, die nicht auch Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis nur in Verbindung stehen, sondern nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis betrifft, hängt von der konkreten Ausgestaltung des Darlehensvertrags ab5.

Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tarifliche Ausschlussfristen wegen der Schwere der mit ihrer Versäumung verbundenen Folgen eng auszulegen6, hilft dies dem Arbeitgeber nicht weiter. Die enge Auslegung einer tariflichen Verfallklausel setzt voraus, dass der weitergehende Umfang der Ausschlussfrist nicht zweifelsfrei feststeht7. Dies ist hier nicht der Fall. Nach dem Wortlaut der Ausschlussfrist besteht kein Zweifel, welche Ansprüche der Ausschlussfrist unterfallen. Die tarifliche Verfallklausel erfasst ohne jede Einschränkung „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Die Frage, ob der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des Darlehens ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist, ist keine Frage der Auslegung der tariflichen Verfallklausel. Die Beurteilung, ob ein Arbeitgeberdarlehen so eng mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch des Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist, hängt von den Vertragsbedingungen des Darlehens und ihrer Auslegung ab.

Allerdings: Da die Beurteilung, ob ein Darlehensrückzahlungsanspruch des Arbeitgebers ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist oder nur mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht, von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich davon, wie eng das Arbeitgeberdarlehen mit dem Arbeitsverhältnis jeweils verknüpft ist, überrascht es nicht, dass Darlehensrückzahlungsansprüche von Arbeitgebern in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht ausnahmslos als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder als Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, beurteilt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssachverhalte begründet diese unterschiedliche Einordnung jedoch keine Divergenz. Die einzelfallbezogene Würdigung, wie eng ein Arbeitgeberdarlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist, ist auch keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung iSv. § 45 Abs. 4 ArbGG, so dass von der vom Kläger angeregten Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts abzusehen war.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Januar 2010 – 6 AZR 556/07

  1. BAG, 16.01.2002 – 5 AZR 430/00, AP EntgeltFG § 3 Nr. 13 = EzA EntgeltfortzG § 12 Nr. 1[]
  2. BAG, 19.03.2009 – 6 AZR 557/07, ZInsO 2009, 1312 m.w.N; vgl. auch BAG, 24. Juni 2009 – 10 AZR 707/08 (F), NJW 2009, 3529; 18.12.2008 – 8 AZR 105/08, NZA-RR 2009, 314[]
  3. vgl. BAG 30.10.2008 – 8 AZR 886/07, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192 für eine tarifliche Ausschlussfrist; vgl. auch 18.12.1984 – 3 AZR 383/82, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 87 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 61 für eine Karenzentschädigung[]
  4. Gamillscheg AR-Blattei SD 570 Rn. 3[]
  5. BAG 19.03.2009 – 6 AZR 557/07, ZInsO 2009, 1312; vgl. auch BAG 20.02.2001 – 9 AZR 11/00, BAGE 97, 65; 04.10.2005 – 9 AZR 598/04, BAGE 116, 104[]
  6. BAG, 10.08.1994 – 10 AZR 937/93, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 126 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 105[]
  7. vgl. BAG 07.02.1995 – 3 AZR 483/94, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 54 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 112[]