Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden.

Ausgehend von ihrem Sinn und Zweck ist die Ausschlussfrist nur gewahrt, wenn der Anspruchsteller unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht. Einer ausdrücklichen Zahlungsaufforderung bedarf es zur Geltendmachung nicht1.
So auch in dem hier entschiedenen Fall: In seinem Geltendmachungsschreiben hat der Arbeitnehmer zwar zunächst um „Überprüfung“ seiner Eingruppierung gebeten. Allein dies wäre mangels eindeutigen Erfüllungsverlangens für eine Geltendmachung nicht ausreichend2. Jedoch hat er gleichzeitig um „Höhergruppierung, bezugnehmend auf das BAG Urteil 4 AZR 816/16“ gebeten. Daraus wird ersichtlich, dass die „Überprüfung“ seiner Auffassung eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 9 TV-L zum Ergebnis haben soll. Damit hat er hinreichend zum Ausdruck gebracht, welche Vergütung er verlangt. Auch das beklagte Land hat seinen Antrag entsprechend verstanden. Es ist in seinem Antwortschreiben von einem „Antrag auf Feststellung einer höheren Eingruppierung nach der EGO-L 12.1 in die Entgeltgruppe 9“ ausgegangen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. April 2023 – 4 AZR 36/22 (F)