Zwangsvollstreckung aus einem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

Bei der Zwangsvollstreckung aus einem im Beschlussverfahren auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 BetrVG erwirkten Unterlassungstitel ist die konkret zu unterlassende Handlung durch Auslegung des zu vollstreckenden Titels zu bestimmen.

Zwangsvollstreckung aus einem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Ordnungsgeldverfahren eine große kommunale Klinikträgerin (Arbeitgeberin) und der für sämtliche von der Arbeitgeberin betriebenen Krankenhäuser gebildete, aus 71 Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Innerhalb des Betriebsrats sind mehrere Bereichsausschüsse gebildet.

Durch Beschluss vom 12.07.20191 verpflichtete das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Arbeitgeberin auf der Grundlage des allgemeinen Unterlassungsanspruchs nach § 87 Abs. 1 BetrVG, es zu unterlassen, „bezüglich ihrer Beschäftigten – mit Ausnahme von leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärzt*innen sowie Beschäftigten, die mittels Personalgestaltung [gemeint: Personalgestellung] bei einem anderen Unternehmen tätig sind – im Rahmen der erstmaligen Erstellung von Monatsdienstplänen oder ohne Dienstpläne Arbeitsleistungen anzuordnen oder mit ihnen zu vereinbaren oder Arbeitsleistungen durch Beschäftigte zu dulden, sofern nicht der Betriebsrat bezogen auf eine solche Anordnung, Vereinbarung oder Duldung von Arbeitsstunden, bezogen auf Beginn und Ende der für diese maßgeblichen täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zuvor zugestimmt hat oder seine fehlende Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist„, und drohte für jeden Tag und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000, 00 € an. Der Unterlassungstitel wurde der Arbeitgeberin von Amts wegen zugestellt und dem Betriebsrat wurde eine vollstreckbare Ausfertigung mit Vollstreckungsklausel erteilt.

In einem weiteren Verfahren war der Arbeitgeberin mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 06.07.2016, verkündet am 22.07.20162 aufgegeben worden, es zu unterlassen, „bezüglich ihrer Beschäftigten – mit Ausnahme von leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG, Chefärztinnen/Chefärzten sowie Beschäftigten, die mittels Personalgestellung bei einem anderen Unternehmen tätig sind – in Abweichung von einem mitbestimmten Dienstplan Arbeitsleistungen gegenüber Beschäftigten anzuordnen oder mit ihnen zu vereinbaren oder Arbeitsleistungen durch Beschäftigte zu dulden, sofern nicht der Betriebsrat der nachträglichen Änderung des Dienstplans – bezogen auf eine solche Anordnung, Vereinbarung oder Duldung von Arbeitsstunden, zugestimmt hat oder seine fehlende Zustimmung zu einer nachträglichen Änderung eines mitbestimmten Dienstplanes durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.

Am 19.08.2022 legte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat den Entwurf eines Dienstplans für die Abteilung ZNA-FKD (Rettungsstelle) des Klinikums K für September 2022 vor. Der für dieses Klinikum zuständige Bereichsausschuss des Betriebsrats stimmte dem vorgelegten Dienstplan in seiner ordentlichen Sitzung am 28.08.2022 nicht zu. In einer Sitzung der zuständigen Einigungsstelle am 6.09.2022 wurde der Dienstplan erörtert, die Zustimmung des Betriebsrats zu dem vorgelegten Dienstplan jedoch nicht ersetzt. Daraufhin hat der Betriebsrat die Festsetzung eines Ordnungsgelds beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe schuldhaft gegen ihre Unterlassungspflicht verstoßen, indem sie im Rahmen der erstmaligen Erstellung des Monatsdienstplans für September 2022 der Abteilung ZNA-FKD (Rettungsstelle) im Klinikum K gegenüber dem dort beschäftigten Personal in 389 Fällen Arbeitsleistungen angeordnet bzw. vereinbart oder geduldet habe. Der Betriebsrat habe einer solchen Anordnung, Vereinbarung oder Duldung von Arbeitsstunden bezogen auf Beginn und Ende der für diese maßgeblichen täglichen Arbeitszeiten einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeiten zuvor nicht zugestimmt. Angemessen sei jedenfalls ein Ordnungsgeld von 1.000, 00 € je Verstoß. Die Arbeitgeberin habe es zum wiederholten Mal versäumt, der Einigungsstelle einen zustimmungsfähigen Dienstplanentwurf vorzulegen und sich dann über die fehlende Zustimmung hinweggesetzt. Es komme fortlaufend zu neuen Verstößen. Allein für die Zeit bis November 2022 sei inzwischen für 8.198 Verstöße ein Ordnungsgeld beantragt worden. Hinsichtlich vieler weiterer Verstöße werde ein Ordnungsgeldverfahren vorbereitet. Um eine Stilllegung des Klinikbetriebs gehe es dabei ersichtlich nicht und dieser Aspekt dürfe deswegen für die Bemessung des Ordnungsgelds keine Rolle spielen. Der Umsatz der Arbeitgeberin habe sich in den Jahren 2023 und 2024 auf jeweils ca. 1, 5 Mrd. € belaufen. Ein erörtertes Ordnungsgeld von 100, 00 € pro Mitbestimmungsverstoß erscheine demgegenüber verschwindend gering. Die Arbeitgeberin habe sich auch durch ein zuvor vom Gericht in Form von Vergleichsvorschlägen in Aussicht gestelltes Ordnungsgeld von 1.000, 00 € pro Verstoß nicht beeindrucken lassen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 05.07.2024 unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen gegen die Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von 388.000, 00 € entsprechend 1.000, 00 €für jede Zuwiderhandlung verhängt. Auf die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen ein Ordnungsgeld in Höhe von 100, 00 € für jede Zuwiderhandlung, insgesamt 38.800, 00 € festgesetzt3. Das Bundesarbeitsgericht sah dies nun ebenso und hat die hiergegen gerichteten; vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden sowohl der Arbeitgeberin wie des Betriebsrats als unbegründet zurückgewiesen:

Die Rechtsbeschwerden sind zulässig, insbesondere sind sie nach § 78 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO auch im Zwangsvollstreckungsverfahren aus im Beschlussverfahren erwirkten Zwangsvollstreckungstiteln statthaft, § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, §§ 793, 567 ff., 574 ff. ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde im Tenor des angegriffenen Beschlusses zugelassen. Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts jeweils rechtzeitig im Sinne von § 78 ArbGG in Verbindung mit § 575 Abs. 1 ZPO beim Bundesarbeitsgericht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese fristgerecht im Sinne von § 78 ArbGG in Verbindung mit § 575 Abs. 2 ZPO begründet.

Die Rechtsbeschwerden sind jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin zu Recht den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen ein Ordnungsgeld in Höhe von 38.800, 00 € festgesetzt.

Der Betriebsrat begehrt die Durchsetzung einer Unterlassung, zu der die Arbeitgeberin durch die Festsetzung eines Ordnungsgelds nach § 890 ZPO angehalten werden kann4. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung sind erfüllt. Der rechtskräftige Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 12.07.20191 stellt einen vollstreckbaren Titel dar (§ 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses ist erteilt (§ 724 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG) und die Zustellung ist erfolgt (§ 750 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).

Die nach § 890 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG vor der Verhängung eines Ordnungsgelds erforderliche Androhung war bereits im zu vollstreckenden Beschluss vom 12.07.20191 enthalten.

Voraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsgelds ist ferner, dass der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Dazu muss insbesondere die Verpflichtung der Schuldnerin hinreichend bestimmt sein. Die Schuldnerin muss zuverlässig erkennen können, welche Handlungen sie zu unterlassen hat. Schon aus rechtsstaatlichen Gründen muss sie wissen, in welchen Fällen sie eine Sanktion durch Verhängung eines Ordnungsgelds treffen kann5. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist diese Voraussetzung gegeben. Der zu vollstreckende Beschluss vom 12.07.20191 gibt der Arbeitgeberin auf, im Rahmen der erstmaligen Erstellung von Monatsdienstplänen oder ohne Dienstpläne keine Arbeitsleistungen anzuordnen oder zu dulden, solange keine Zustimmung des Betriebsrats zu der Verteilung der Arbeitszeit erteilt oder durch eine Einigungsstelle ersetzt wurde. Diese Anordnung ist für die Arbeitgeberin hinreichend deutlich und klar.

Das Landesarbeitsgericht hat im angegriffenen Beschluss zutreffend erkannt, dass die Arbeitgeberin ihre Verpflichtung aus dem Beschluss vom 12.07.20191 schuldhaft verletzt hat.

Die Arbeitgeberin hat für den Monat September 2022 für die Beschäftigten der Abteilung ZNA-FKD im Rahmen der erstmaligen Erstellung des Monatsdienstplans ohne Zustimmung des Betriebsrats Arbeitsleistungen angeordnet, vereinbart oder jedenfalls geduldet. Damit hat sie den zu vollstreckenden Unterlassungstitel vom 12.07.20191 verletzt.

Die Arbeitgeberin hat dabei auch schuldhaft gehandelt. § 890 Abs. 1 ZPO dient der Ahndung begangenen Unrechts. Es gelten daher ungeachtet des zwangsvollstreckungsrechtlichen Einschlags strafrechtliche Grundsätze, insbesondere setzt § 890 Abs. 1 ZPO Schuld voraus6.

Die Arbeitgeberin hat in Kenntnis des Verbots aus dem zu vollstreckenden Beschluss vom 12.07.20191 Arbeitsleistungen angeordnet, vereinbart oder geduldet, ohne dass der Betriebsrat bei der Verteilung der Arbeitszeit im Dienstplan sein Mitbestimmungsrecht ausgeübt hat.

Der Annahme eines schuldhaften Verstoßes steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin organisatorische Vorkehrungen getroffen hat, um Verletzungen des Unterlassungstitels zu vermeiden. Die Arbeitgeberin macht insoweit geltend, eine Verfahrensanweisung zur Durchführung des Mitbestimmungsprozesses erlassen und ein Controllingsystem eingeführt und in zahlreichen Fällen Einigungsstellenverfahren durchgeführt zu haben. Diese Vorkehrungen vermögen die Arbeitgeberin jedoch nicht von dem Vorwurf eines Organisationsverschuldens zu entlasten. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass es dennoch mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu Verstößen gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Dienstplangestaltung kommt.

Ein Verschulden der Arbeitgeberin ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie zur Abwendung von Schaden für Leib und Leben der Patientinnen und Patienten im Einzelfall verpflichtet sein könnte, einen nicht mitbestimmten Arbeitseinsatz anzuordnen. Die Arbeitgeberin ist zur Ausführung der ihr nach § 39 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 108 Nr. 2 SGB V obliegenden Verpflichtung zur Krankenhausbehandlung von Versicherten zwingend darauf angewiesen, in regelmäßigen Abständen Dienstpläne aufzustellen, um dadurch den Einsatz des vorhandenen Personals zu koordinieren. Nur auf diese Weise kann sie ihren gesetzlichen Auftrag, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, erfüllen7. Dies entbindet die Arbeitgeberin jedoch nicht davon, im Vorfeld alles ihr Mögliche zu unternehmen, damit sie nicht in die Lage gelangt, zum Schutz von Leib und Leben der Patientinnen und Patienten einseitig Arbeitsleistungen anordnen zu müssen. In Bezug auf den hier gegebenen Verstoß gegen den Unterlassungstitel ist bereits nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat den Entwurf des Dienstplans so frühzeitig vorgelegt hat, dass eine Ausübung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats auch unter Beteiligung der Einigungsstelle sichergestellt gewesen wäre.

Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ergibt sich ein fehlendes Verschulden der Arbeitgeberin auch nicht aus dem Umstand, dass die Einigungsstelle im konkreten Fall zwar angerufen wurde, sie die Zustimmung des Betriebsrats zum fraglichen Dienstplan jedoch nicht ersetzt hat. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass das Einigungsstellenverfahren mit dem ernsthaften Willen fortgesetzt worden ist, einen geänderten Dienstplan zu beschließen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein Verschulden im Einzelfall auszuschließen wäre, wenn sich der Betriebsrat beharrlich allen Versuchen widersetzen würde, im Rahmen der Verhandlungen vor der Einigungsstelle einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss zu erzielen8. Eine solche Fallgestaltung ergibt sich aus den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen nicht.

Die vom Landesarbeitsgericht festgesetzte Höhe des Ordnungsgelds ist mit 38.800, 00 €, entsprechend 100, 00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, nicht zu beanstanden.

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000, 00 €9 für jede einzelne Anordnung, Vereinbarung oder Duldung eines Arbeitseinsatzes innerhalb eines nicht mitbestimmten Dienstplans bezogen auf jede einzelne Schicht festzusetzen ist. Die titulierte Unterlassung ist entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht bezogen auf den (Monats-)Dienstplan als Ganzes zu verstehen, sondern auf die Anordnung von Arbeitsleistungen gegenüber einzelnen Beschäftigten10. Das festzusetzende Ordnungsgeld wegen der fehlenden Mitbestimmung des Betriebsrats in Bezug auf den Dienstplan für den Monat September 2022 betreffend die Abteilung ZNA-FKD des Klinikums K ist deswegen nicht auf insgesamt 10.000, 00 € begrenzt.

Dies folgt bereits aus dem Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses. Danach ist der Arbeitgeberin aufgegeben worden, „es zu unterlassen, bezüglich ihrer Beschäftigten … Arbeitsleistungen anzuordnen …, sofern nicht der Betriebsrat … zugestimmt hat …“. Die angeordnete Unterlassung bezieht sich danach eindeutig darauf, Arbeitsleistungen anzuordnen bzw. zu vereinbaren oder zu dulden. Soweit die Unterlassung nach dem Tenor „im Rahmen der erstmaligen Erstellung von Monatsdienstplänen oder ohne Dienstpläne“ aufgegeben wird, ergibt sich daraus nicht, dass sich die angeordnete Unterlassung einheitlich auf den Dienstplan als Ganzen bezieht11. Die Bezugnahme auf Dienstpläne erfolgt im Tenor ersichtlich zur Abgrenzung von der Anordnung von Arbeitsleistungen in Abweichung von einem mitbestimmten Dienstplan. Für diese andere Fallgestaltung ist der Arbeitgeberin bereits mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 06.07.2016, verkündet am 22.07.20162 rechtskräftig aufgegeben worden, entsprechende Handlungen zu unterlassen. Für dieses Verständnis spricht auch die Androhung von Ordnungsgeld im Tenor des zu vollstreckenden Beschlusses „für jeden Tag und für jeden Fall der Zuwiderhandlung“.

Das anhand des Wortlauts des Tenors naheliegende Ergebnis wird durch die Gründe des zu vollstreckenden Beschlusses bestätigt. Das Landesarbeitsgericht legt den Antrag des Betriebsrats dahin aus, dass dieser „den tatsächlichen Einsatz einzelner Arbeitnehmer ohne einen Dienstplan bzw. ohne einen mitbestimmten Dienstplan“ untersagen lassen möchte12.

Dieses Verständnis eines nicht dienstplanbezogenen, sondern die Anordnung von einzelnen Arbeitsleistungen betreffenden Unterlassungsgebots entspricht schließlich dem gesetzlichen Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Bezug auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich danach auf die Lage der Arbeitszeit der Beschäftigten und hängt nicht davon ab, ob der Arbeitgeber einen Schichtplan aufstellt13. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ändert die praktische Handhabung der Aufstellung monatsbezogener Dienstpläne im Betrieb der Arbeitgeberin hieran nichts. Nichts anderes ergibt sich auch daraus, dass im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung ggf. mehrere Verhaltensweisen, die aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen, unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit als eine Tat angesehen werden können14.

Das Landesarbeitsgericht hat das Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise auf jeweils 100, 00 € festgesetzt.

Die Ordnungsmittel des § 890 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie – präventiv – der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellen sie – repressiv – eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Dieser doppelte Zweck erfordert es, die Bemessung der Ordnungsmittel jedenfalls in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten15. Darüber hinaus sind bei der Verhängung eines Ordnungsgelds nach § 890 Abs. 1 ZPO (in Verbindung mit § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG) die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen16. Es können auch ohne die Grundsätze der fortgesetzten Handlung und der sog. natürlichen Handlungseinheit alle Umstände berücksichtigt werden, die es angemessen erscheinen lassen, bei wiederholten Verstößen nicht das Vielfache der für eine einzelne Zuwiderhandlung als angemessen erachteten Sanktion zu verhängen17.Bei der Bemessung des Ordnungsmittels steht dem Tatrichter ein Ermessen zu. Die getroffene Entscheidung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob alle wesentlichen Umstände rechtsfehlerfrei gewürdigt worden sind und von dem Ermessen gemäß dem Gesetzeszweck unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Gebrauch gemacht worden ist18.

Ausgehend hiervon ist die Festsetzung des Ordnungsgelds durch das Landesarbeitsgericht auch in der Höhe nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat alle wesentlichen Umstände rechtsfehlerfrei unter Beachtung des Gesetzeszwecks und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewürdigt.

Das Landesarbeitsgericht hat insbesondere berücksichtigt, dass die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht grundsätzlich infrage stellt und sie organisatorische Maßnahmen ergriffen und eine Vielzahl von Einigungsstellenverfahren durchgeführt hat, um das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu wahren. Zutreffend erkennt das Landesarbeitsgericht andererseits, dass bei der Arbeitgeberin in Bezug auf die praktische Umsetzung der Mitbestimmungsverfahren durchaus Unzulänglichkeiten zu erkennen sind, wie die wiederholten Verletzungen des Mitbestimmungsrechts zeigen. Zu Recht beanstandet das Landesarbeitsgericht in Bezug auf den konkreten Fall insbesondere, dass die Arbeitgeberin den Entwurf des Dienstplans dem Betriebsrat erst kurz vor Beginn des Monats vorgelegt hat, für den er gelten sollte. Es ist andererseits nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht in Bezug auf den Grad des Verschuldens berücksichtigt, dass eine Schließung einer Abteilung des Krankenhauses wegen des Versorgungsauftrags gegenüber den Patientinnen und Patienten problematisch wäre.

Das Landesarbeitsgericht durfte bei der Höhe des Ordnungsgelds berücksichtigen, dass die Vielzahl der angeordneten, vereinbarten oder geduldeten Arbeitsleistungen einzelner Beschäftigter unter Verstoß gegen den zu vollstreckenden Unterlassungstitel in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Dieser ist insbesondere darin zu sehen, dass in der praktischen Umsetzung das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG in Bezug auf den gesamten Monatsdienstplan ausgeübt wird. Darin durfte das Landesarbeitsgericht einen Umstand erkennen, der es bei zahlreichen Verstößen angemessen erscheinen lässt, nicht das Vielfache der Sanktion zu verhängen, die ggf. bei einer einzelnen Zuwiderhandlung dieser Art als angemessen erachtet werden würde.

Das festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 100, 00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch mit Blick darauf gerecht, dass es einerseits geeignet sein muss, künftige Verstöße nach Möglichkeit zu verhindern, andererseits der Fortbestand des Betriebs nicht gefährdet werden soll. Diesbezüglich verweist das Landesarbeitsgericht nachvollziehbar darauf, dass allein ein Umsatz von 1, 5 Mrd. € im Jahr angesichts der massiven Verluste der Arbeitgeberin nicht den Schluss auf gute wirtschaftliche Verhältnisse zulässt. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Verweis des Betriebsrats auf die im Jahresabschluss der Arbeitgeberin für das Geschäftsjahr 2023 gebildete Rückstellung in Höhe von 10, 3 Mio. € lässt keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts erkennen. Nachdem der Betriebsrat im Jahr 2023 Ordnungsmittelanträge in erheblicher Höhe beim Arbeitsgericht Berlin angebracht hatte, war die Arbeitgeberin verpflichtet, entsprechende Rückstellungen zu bilden (vgl. § 249 Abs. 1 HGB). Sollte künftig erkennbar werden, dass die festgesetzte Höhe nicht geeignet ist, Verletzungen des vollstreckbaren Titels hinreichend effektiv zu unterbinden, verbleibt die Möglichkeit, höhere Beträge festzusetzen.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22. September 2025 – 8 AZR 6/25

  1. LAG Berlin-Brandenburg 12.07.2019 – 2 TaBV 908/19[][][][][][][]
  2. LAG Berlin-Brandenburg 22.07.2016 – 23 TaBV 508/16[][]
  3. LAG Berlin-Brandenburg 21.02.2025 – 1 Ta 643/24[]
  4. vgl. BAG 22.08.2017 – 1 ABR 4/16, Rn. 32, BAGE 160, 49; 13.12.2016 – 1 ABR 7/15, Rn. 17, BAGE 157, 220[]
  5. BAG 25.08.2004 – 1 AZB 41/03, zu B II 2 c der Gründe; 28.02.2003 – 1 AZB 53/02, zu B II 1 der Gründe, BAGE 105, 195[]
  6. BVerfG 19.12.2024 – 1 BvR 1425/24, Rn. 26 mwN[]
  7. vgl. BAG 12.03.2019 – 1 ABR 42/17, Rn. 52, BAGE 166, 79[]
  8. vgl. zur Frage des Rechtsmissbrauchs im Erkenntnisverfahren BAG 12.03.2019 – 1 ABR 42/17, Rn. 41 ff., BAGE 166, 79[]
  9. vgl. BAG 22.08.2017 – 1 ABR 4/16, Rn. 32 mwN, BAGE 160, 49[]
  10. so im Ergebnis auch: LAG Schleswig-Holstein 25.07.2014 – 5 Ta 172/13; 3.01.2012 – 6 Ta 187/11; aA ArbG Hagen 20.03.2008 – 1 BVGa 5/06, zu II B 2 der Gründe[]
  11. vgl. zu einer solchen Fallgestaltung BAG 12.03.2019 – 1 ABR 42/17, Rn. 26, BAGE 166, 79[]
  12. LAG Berlin-Brandenburg 12.07.2019 – 2 TaBV 908/19, zu II 2 a der Gründe[]
  13. vgl. BAG 28.07.2020 – 1 ABR 45/18, Rn. 22 mwN[]
  14. vgl. BGH 17.12.2020 – I ZB 99/19, Rn. 21 mwN; Meyer NZA 2025, 1140, 1145[]
  15. BGH 23.11.2023 – I ZB 29/23, Rn. 17 mwN[]
  16. BGH 17.12.2020 – I ZB 99/19, Rn. 43 mwN[]
  17. BGH 17.12.2020 – I ZB 99/19, Rn. 21 mwN; vgl. auch Meyer NZA 2025, 1140, 1145[]
  18. BGH 8.12.2016 – I ZB 118/15, Rn. 16 mwN[]