Bei der Berechnung des Ausgleichswerts von Anrechten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes dürfen nur noch geschlechtsneutrale Barwertfaktoren verwendet werden.

Im Versorgungsausgleich sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Versorgungsanrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§ 1 Abs. 1 VersAusglG). Den Ehezeitanteil hat der Versorgungsträger in der Bezugsgröße des Versorgungssystems zu berechnen (§ 5 Abs. 1 VersAusglG), und das Gericht hat die Teilung auch in dieser Bezugsgröße vorzunehmen1. Hier ist der Ehemann hinsichtlich des bei der VBL erworbenen Anrechts ausgleichspflichtig (§ 1 Abs. 2 S. 1 VersAusglG). Er hat nach Mitteilung des Versorgungsträgers in der maßgeblichen Ehezeit vom 1. Oktober 1985 bis zum 29. Februar 2008 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) ein Anrecht auf eine Betriebsrente von monatlich 148,09 €, das sind in der Bezugsgröße des Versorgungssystems (§ 5 Abs. 1 VersAusglG) 37,02 Versorgungspunkte, erworben. Der insoweit ausgleichsberechtigten Ehefrau steht die Hälfte des Werts des Ehezeitanteils als Ausgleichswert zu (§ 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG).
Entscheidet sich der Träger des auszugleichenden Anrechts – wie hier die VBL – für die Ausgleichsform der internen Teilung, so überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person – hier die Ehefrau – zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person – hier des Ehemannes – ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das auszugleichende Anrecht besteht (§ 10 Abs. 1 VersAusglG). Da der Ausgleichswert gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG der Hälfte des Ehezeitanteils entspricht, könnte er im vorliegenden Fall mit der Hälfte der vom Ehemann während der Ehezeit erworbenen Bezugsgröße des Versorgungssystems zu bemessen sein-
§ 10 Abs. 3 VersAusglG bestimmt indessen, dass für die Durchführung der internen Teilung die vom Versorgungsträger getroffenen Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht maßgeblich sind. Nach § 32 a Abs. 2 S. 1 der VBL-Satzung (in der Fassung der 18. Änderung vom 1. Januar 2013) wird der ausgleichsberechtigten Person nach der Teilung zwar ein Ausgleichswert übertragen, der in Versorgungspunkten ausgewiesen wird. Er wird jedoch nicht durch hälftige Teilung der ehezeitlich von der ausgleichspflichtigen Person erworbenen Versorgungspunkte ermittelt, sondern „nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet“. Zunächst wird das während der Ehezeit erworbene Anrecht der ausgleichspflichtigen Person in einen Barwert umgerechnet (§ 32 a Abs. 2 S. 2 VBL-Satzung). Von der Hälfte dieses Barwerts werden hälftige Teilungskosten im Sinne des § 13 VersAusglG abgezogen, und der verbleibende Betrag wird schließlich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in Versorgungspunkte für die ausgleichsberechtigte Person umgerechnet (§ 32 a Abs. 2 S. 4 VBL-Satzung). Im Ergebnis werden daher nicht die als Bezugsgröße des Versorgungssystems verwendeten Versorgungspunkte geteilt, sondern es wird der Kapitalwert (Barwert), den die ehezeitlichen Versorgungspunkte des Ehemannes haben, hälftig geteilt. Die ausgleichsberechtigte Person erhält die Hälfte des (um Teilungskosten verminderten) Kapitalwerts der ehezeitlichen Versorgungspunkte. Daraus errechnet der Versorgungsträger dann die sich nach den versicherungsmathematischen Rechnungsgrundlagen der ausgleichsberechtigten Person ergebenden Versorgungspunkte, aus denen sich wiederum (durch Multiplikation mit dem Faktor 4) die monatliche Rentenanwartschaft ergibt.
Zwar bestehen gewisse Bedenken dagegen, dass der Versorgungsträger den genauen Berechnungsvorgang und die versicherungsmathematischen Barwertfaktoren nicht in der maßgeblichen Rechtsgrundlage – seiner Satzung – verankert hat, sondern sich insoweit auf den nicht veröffentlichten technischen Geschäftsplan bezieht. Gleichwohl hält der Senat den vorgesehenen Teilungsmodus auf der Basis des ehezeitlichen Kapitalwerts des Anrechts für zulässig. Nach § 11 Abs. 1 VersAusglG muss die interne Teilung die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen. Dies ist gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht der ausgleichspflichtigen Person für die ausgleichsberechtigte Person ein eigenständiges und entsprechend gesichertes Anrecht übertragen wird, ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts mit vergleichbarer Wertentwicklung entsteht und grundsätzlich der gleiche Risikoschutz gewährt wird. Danach ist nicht vorgeschrieben, dass die ausgleichsberechtigte Person aus dem Ehezeitanteil eine ebenso hohe Rente erhält wie die ausgleichspflichtige Person. Zulässig ist vielmehr auch eine hälftige Teilung des ehezeitlichen Kapitalwerts mit der Folge, dass die Ehegatten aus ihrem jeweiligen Anteil aus dem ehezeitlichen Anrecht aufgrund ihrer unterschiedlichen versicherungsmathematisch zu kalkulierenden Risiken unterschiedlich hohe Renten zu erwarten haben2.
Auf Erfordern des Oberlandesgerichts Celle hat die VBL erläutert, im Interesse einer kostenneutralen Aufteilung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte werde das zur Finanzierung der jeweiligen Anwartschaften erforderliche Deckungskapital hälftig geteilt. Dies erfordere die Berücksichtigung individueller Barwertfaktoren „anhand VBL spezifischer Werte“. Die Barwertfaktoren seien Teil des technischen Geschäftsplans, der von einem unabhängigen Versicherungsmathematiker erstellt und vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) als zuständiger Aufsichtsbehörde genehmigt worden sei. Mit Schreiben vom 14. Juli 2009 habe das BMF darüber hinaus der Regelung des § 32 a VBL-Satzung zugestimmt und damit die dort geregelte Berechnung des Ausgleichswerts für rechtmäßig erklärt.
Bei der Berechnung des Ausgleichswerts würden die gleichen Barwertfaktoren herangezogen, die für die Berechnung der Deckungsrückstellung für die versicherungsmathematische Bilanz verwendet würden. Die versicherungsmathematischen Berechnungen, auf denen die Barwertfaktoren beruhen, würden auf den Richttafeln 1998 von Heubeck basieren. Die Barwertfaktoren würden sich nach dem Status und dem Alter zum Ende der Ehezeit, dem Geschlecht sowie dem jeweiligen Abrechnungsverband, zu dem das zu teilende Anrecht gehöre, unterscheiden. Ihnen liege ein Rechnungszins in der Anwartschaftsphase von 3,25 % und in der Rentenbezugsphase von 5,25 % zugrunde.
Der Barwert bezeichnet die Summe aller künftigen Zahlungen, die aus einem Anrecht resultieren können, wobei versicherungsmathematische Methoden die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich zu solchen Zahlungen kommen wird, gewichten und sie auf den Bewertungsstichtag abzinsen3. Dabei kommt der Verwendung möglichst genauer biometrischer Berechnungsgrundlagen und vor allem dem Ansatz eines realistischen Rechnungszinses große Bedeutung zu. Insofern erscheint es bedenklich, dass die den Berechnungen der VBL zugrunde liegenden Richttafeln 1998 von Heubeck inzwischen nicht mehr aktuell sind, und dass zumindest der für die Leistungsphase zugrunde gelegte Rechnungszins schon seit längerem auf dem Kapitalmarkt nicht mehr zu erzielen ist. Der Senat stellt seine diesbezüglichen Bedenken indessen vorerst noch zurück, zumal der Gesetzgeber die Verwendung des für Rückstellungen für Versorgungsverpflichtungen nach § 253 Abs. 2 HGB maßgeblichen sog. BilMoG-Zinssatzes (derzeit 4,91 %) für die Barwertermittlung empfohlen4 und auch der Bundesgerichtshof5 insoweit bisher keine Einwendungen erhoben hat. Allerdings wird zu beobachten sein, ob sich der BilMoG-Zinssatz noch weiter von dem von der VBL zugrunde gelegten Rechnungszins entfernt. Die Verwendung von Barwertfaktoren, die auf die besondere Struktur der Versichertengemeinschaft zugeschnitten sind, hält das OLG Celle für sachgerecht.
Bei der versicherungsmathematischen Kalkulation künftiger Rentenleistungen werden zwar seit jeher (auch) nach Geschlechtern differenzierende Sterbetafeln und daraus abgeleitete Barwertfaktoren verwendet. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat indessen mit Urteil vom 1. März 20116 entschieden, dass die in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/113/EG enthaltene (und in § 20 Abs. 2 S. 1 AGG a.F. übernommene) Ausnahmeregelung, wonach unterschiedliche Prämien und Leistungen für Frauen und Männer auch in nach dem 21.12.2007 abgeschlossenen privaten Versicherungsverträgen weiter zulässig waren, wenn die Risikobewertung auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruht, mit Wirkung vom 21. Dezember 2012 ungültig (geworden) ist. Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt: Der Gleichbehandlungsgrundsatz verlange, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist. Die Vergleichbarkeit von Sachverhalten sei im Licht des Zwecks und des Ziels der Unionsmaßnahme, die die fragliche Unterscheidung einführt, zu beurteilen. Aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/113/EG ergebe sich das Ziel, dass Prämien und Leistungen in der Versicherungswirtschaft geschlechtsneutral bemessen werden. Damit sei es nicht zu vereinbaren, eine Ausnahmeregelung, wie sie Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie enthalte, unbefristet aufrechtzuerhalten.
Die Entscheidung des EuGH hatte zur Folge, dass in der privaten Versicherungswirtschaft seit dem genannten Zeitpunkt bei Neu-Verträgen nur noch sog. Unisex-Tarife verwendet werden. Der deutsche Gesetzgeber hat aufgrund des Urteils des EuGH § 20 Abs. 2 S. 1 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts hinsichtlich privater Versicherungen bei Prämien und Leistungen zulässig waren, wenn dessen Berücksichtigung bei einer Risikobewertung ein bestimmender Faktor war, aufgehoben (Art. 8 Nr. 1 des SEPA-Begleitgesetzes vom 3. April 2013, BGBl. I S. 610).
In der Literatur werden aufgrund dieser Entscheidung verschiedentlich Zweifel geäußert, ob nicht auch im Versorgungsausgleich bei der Berechnung von Ausgleichswerten auf Barwertbasis (insbesondere für Betriebsrenten, für die nach § 45 Abs. 1 VersAusglG auf § 4 Abs. 5 BetrAVG zurückzugreifen ist, der hinsichtlich der Ermittlung von Übertragungswerten auf „die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“ verweist) nur noch geschlechtsneutrale Barwertfaktoren verwendet werden dürften7.
In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zum neuen Versorgungsausgleich wird die Verwendung geschlechtsspezifischer Faktoren bei der Berechnung der Ausgleichswerte dagegen – soweit ersichtlich – durchweg hingenommen. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG Oldenburg, FamRZ 2011, 1148) hält die Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedliche Lebenserwartung von Frauen und Männern ausdrücklich für gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG sei darin nicht zu erkennen. Auch ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht sei nicht ersichtlich. Die Verwendung geschlechtsneutraler Barwertfaktoren würde sich zudem zu Lasten der Versichertengemeinschaft auswirken. Das Kammergericht hat eine Ungleichbehandlung durch geschlechtsverschiedene Barwertfaktoren jedenfalls für die Zeit bis Dezember 2012 verneint, da sich die betrieblichen Versorgungsträger nicht früher als die private Versicherungswirtschaft auf die Rechtsprechung des EuGH einzustellen hätten8.
Das Oberlandesgericht Celle hält die weitere Verwendung geschlechtsverschiedener Barwertfaktoren durch einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger wie die (als Anstalt des öffentlichen Rechts organisierte) VBL nicht (mehr) für hinnehmbar. Sie führt dazu, dass – unter Verstoß gegen § 11 Abs. 2 S. 1 VersAusglG – eine gleichwertige Teilhabe der ausgleichsberechtigten Ehefrau an dem vom Ehemann erworbenen Anrecht nicht sichergestellt ist.
Zwar weist die VBL zutreffend darauf hin, dass die genannte Entscheidung des EuGH keine unmittelbaren Rechtswirkungen für die Berechnung von Betriebsrenten und für den Ausgleichswert von Anrechten im Versorgungsausgleich hat. Sie bezieht sich nur auf den Geltungsbereich der Richtlinie 2004/113/EG, der sich auf private, freiwillige und von Beschäftigungsverhältnissen unabhängige Versicherungen und Rentensysteme beschränkt. Für den Bereich der betrieblichen Altersversorgung gilt die Richtlinie 2006/54/EG9, deren Ziel es ist, die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherzustellen. Nach dieser Richtlinie verstoßen geschlechtsspezifische versicherungsmathematische Faktoren zur Berechnung von Beiträgen und Leistungen in kapitalgedeckten Systemen nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter (Erwägungsgründe 15 und 16). Auch nach den Leitlinien der Europäischen Kommission zur Anwendung der Richtlinie 2004/113/EG auf das Versicherungswesen (Nr. 21, 23 der Leitlinien10 soll die Entscheidung des Unionsgerichtshofs keine unmittelbaren Auswirkungen auf Betriebsrenten haben. Deren Leistungsniveau könne für Frauen und Männer unterschiedlich festgelegt werden, wenn dies aus versicherungsmathematischen Gründen gerechtfertigt sei. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/113/EG untersage nur Praktiken, bei denen die Verwendung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen zu individuellen Unterschieden in den Prämien und Leistungen führe. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Berücksichtigung des Geschlechts bei der Risikobewertung generell verboten wäre. Ein solches Verhalten sei erlaubt, wenn es um die Berechnung von Prämien und Leistungen in ihrer Gesamtheit gehe, solange dies nicht zu individuellen Unterschieden führe (Nr. 14 der Leitlinien).
Nach Auffassung des OLG Celle ergeben sich jedoch aus der Rechtsprechung des EuGH deutliche Anhaltspunkte dafür, dass auch bei der Bemessung von betrieblichen Altersversorgungen künftig nicht mehr nach Geschlechtern differenziert werden darf. Jedenfalls bei der Teilung des in der Ehezeit erworbenen Versorgungsvermögens verstößt eine geschlechtsspezifische Bewertung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter in allen Bereichen (Art. 3 Abs. 2 GG sowie Art. 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union), weil sie generell dazu führt, dass Frauen aus gleichen Kapitalwerten geringere Renten erhalten als Männer. Unter Berücksichtigung des vom EuGH postulierten Ziels, sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu beseitigen und deshalb künftig geschlechtsneutrale Prämien und Leistungen zu erreichen, dürfen nach Ansicht des Senats bei der Berechnung von Barwerten nur noch geschlechtsneutrale Faktoren verwendet werden. Es darf nicht mehr nach Geschlechtern unterschieden werden mit der Folge, dass Frauen – unabhängig von ihrem Lebensalter – aus der Hälfte des Ehezeitanteils geringere Rentenanwartschaften erhalten, weil sie eine höhere statistische Lebenserwartung haben als Männer. Darin läge eine Benachteiligung der ausgleichsberechtigten Person allein aufgrund des Geschlechts, die nach Art. 3 Abs. 2 GG und nach der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit11 unzulässig ist.
Diese Benachteiligung kann ohne Schwierigkeiten dadurch beseitigt werden, dass geschlechtsneutrale Barwertfaktoren verwendet werden. Die Versichertengemeinschaft müsste dadurch nicht belastet werden, denn die Barwertfaktoren könnten so kalkuliert werden, dass die Gleichbehandlung von Männern und Frauen für die Versichertengemeinschaft kostenneutral bleibt12. Tatsächlich hat ein Teil der Zusatzversorgungsträger des öffentlichen Dienstes inzwischen auch geschlechtsneutrale Barwertfaktoren eingeführt (so nach Kenntnis des OLG Celle z.B. kommunale Zusatzversorgungskassen und die Bayerische Versorgungskammer).
Die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern bei der Berechnung der Ausgleichswerte ist auch deshalb nicht hinnehmbar, weil die Ausgleichsberechtigten bei der internen Teilung anders behandelt werden als Personen, die dem Versorgungssystem als Versicherte angehören. Weibliche Versicherte erhalten bei der VBL während der Anwartschaftsphase aufgrund der entrichteten Beiträge dieselben Versorgungspunkte wie männliche Versicherte, und auch bei der Rentenberechnung wird nicht nach dem Geschlecht differenziert. Die Zahl der persönlichen Versorgungspunkte ergibt sich für jeden Versicherten pro Versicherungsjahr aus dem Produkt von 1/1000 des individuellen zusatzversorgungspflichtigen Entgelts und dem (geschlechtsunabhängigen) Altersfaktor, und die monatliche Rente wird ebenfalls geschlechtsneutral aus dem Produkt der persönlichen Versorgungspunkte und dem sog. Messbetrag von 4 € ermittelt13.
Die VBL ist als Anstalt des öffentlichen Rechts auch im Rahmen ihres privatrechtlichen Handelns grundsätzlich an die Grundrechte gebunden14, hat also den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter zu beachten und ungerechtfertigte Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu vermeiden. Sie hatte auch hinreichend Zeit, sich – ebenso wie andere Versorgungsträger – auf die Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs und die darauf folgende Diskussion in der familienrechtlichen Literatur einzustellen. Das OLG Celle hat auf die Problematik bereits mit Schreiben vom 13. November 2012 hingewiesen. Deshalb besteht auch kein Anlass, die bisherige Verfahrensweise der VBL noch für einen Übergangszeitraum hinzunehmen.
Da der von der VBL unter Verwendung geschlechtsspezifischer Barwertfaktoren errechnete Ausgleichswert wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 GG und gegen § 11 Abs. 1 VersAusglG nicht berücksichtigt werden kann, stellt sich die Frage, wie der zutreffende Ausgleichswert zu ermitteln ist.
Erfüllen die Versorgungsregelungen nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 VersAusglG, so greift die Auffangregelung des § 11 Abs. 2 VersAusglG ein15. Die Gerichte sollen wegen der Privatautonomie der Versorgungsträger allerdings nicht berechtigt sein, die zu beanstandenden Regelungen durch andere für angemessen gehaltene zu ersetzen16. Danach würden für das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person die Regelungen über das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person entsprechend gelten. Dies könnte dafür sprechen, dass die vom Ehemann erworbenen Versorgungspunkte derart hälftig zu teilen wären, dass der Ehefrau die gleiche Anzahl von Versorgungspunkten zu übertragen wäre wie dem Ehemann verbleibt.
Dagegen spricht jedoch, dass § 11 Abs. 2 VersAusglG die Regelungen über das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person nur insoweit für entsprechend anwendbar erklärt, als nicht besondere Regelungen für den Versorgungsausgleich bestehen. § 32 a VBL-Satzung bestimmt ausdrücklich, dass der Ausgleichswert – d.h. der Anwartschaftswert, der auf die ausgleichsberechtigte Person zu übertragen ist – „nach versicherungsmathematischen Grundsätzen“ durch Teilung des in einen Barwert umgerechneten Ehezeitanteils ermittelt wird. Daran hält sich der Senat im Grundsatz für gebunden. Die „versicherungsmathematischen Grundsätze“ im Einzelnen sind jedoch in der VBL-Satzung nicht festgelegt worden. Da die Grundsätze für versicherungsmathematische Berechnungen auch sonst nicht normiert sind (§ 4 Abs. 5 BetrAVG enthält z.B. ebenfalls keine Festlegung), ist das OLG Celle in der Lage, die von der VBL vorgenommene Barwertberechnung insoweit zu korrigieren, als sie auf geschlechtsverschiedenen Barwertfaktoren beruht. Damit wird die von der VBL vorgesehene und rechtlich grundsätzlich zulässige Teilung des Ehezeitanteils auf Basis des (versicherungsmathematischen) Barwerts so weit wie möglich gewährleistet.
Zwar hat sich die VBL nicht in der Lage gesehen, dem OLG Celle eine Alternativberechnung auf der Grundlage geschlechtsneutraler Barwertfaktoren zu präsentieren. Die von ihr mitgeteilten Daten reichen jedoch aus, um einen geschlechtsneutralen Barwert mit ausreichender Genauigkeit zu berechnen. In ihrem Schreiben vom 26. April 2013, in dem die VBL u.a. die ihrer Ansicht nach geringfügige Auswirkung geschlechtsspezifischer Faktoren dargelegt hat, ist ausgeführt worden, dass der für den Ehemann zugrunde gelegte Barwertfaktor von 7,420 für eine gleichaltrige Frau 7,434 betragen würde und dass umgekehrt der für die Ehefrau in Ansatz gebrachte Faktor von 6,436 bei einem gleichaltrigen Mann 6,417 betragen würde. Daraus ergibt sich Folgendes:
Würde man für beide Ehegatten jeweils die für Männer maßgeblichen Barwertfaktoren zugrunde legen, so würde sich der Ausgleichswert wie folgt berechnen:
148,09 € (ehezeitliche Monatsrente der ausgleichspflichtigen Person) x 12 = 1.777,08 € (Jahresbetrag) x 7,420 (Barwertfaktor für ausgleichspflichtige Person) 13.185,93 € (Barwert des Ehezeitanteils) : 2 = 6.592,97 € (hälftiger Barwert) – 125,00 € (hälftige Teilungskosten) = 6.467,97 € (Ausgleichswert als Barwert) : 6,417 (Barwertfaktor für ausgleichsberechtigte Person) = 1.007,94 € (Jahresrente) : 12 = 84,00 € (Monatsrente) : 4 (Messbetrag) = 21,00 Versorgungspunkte.
Würde man für beide Ehegatten jeweils die für Frauen maßgeblichen Barwertfaktoren zugrunde legen, so würde sich der Ausgleichswert wie folgt berechnen:
148,09 € (ehezeitliche Monatsrente der ausgleichspflichtigen Person) x 12 = 1.777,08 € (Jahresbetrag) x 7,434 (Barwertfaktor für ausgleichspflichtige Person) = 13.210,81 € (Barwert des Ehezeitanteils) : 2 = 6.605,41 € (hälftiger Barwert) – 125,00 € (hälftige Teilungskosten) = 6.480,41 € (Ausgleichswert als Barwert) : 6,436 (Barwertfaktor für ausgleichsberechtigte Person) = 1.006,90 € (Jahresrente) : 12 = 83,91 € (Monatsrente) : 4 (Messbetrag) = 20,98 Versorgungspunkte.
Aus den beiden Alternativberechnungen ergibt sich ein Mittelwert von 20,99 Versorgungspunkten, der dem Versorgungsausgleich als Ausgleichswert zugrunde gelegt werden kann.
Die VBL hat sich für die interne Teilung des Anrechts entschieden. Gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG i.V. mit § 32 a VBL-Satzung ist somit zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der VBL ein Anrecht im Wert von 20,99 Versorgungspunkten zugunsten der Ehefrau zu übertragen. Die ausgleichsberechtigte Ehefrau erhält ein Anrecht mit gleichem Risikoschutz wie der Ehemann, so dass auch die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersAusglG erfüllt sind.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 10 UF 195/12
- vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 50; BGH FamRZ 2012, 1545, 1546[↩]
- vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 56; BGH FamRZ 1988, 1254; 2011, 547; Wick Der Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 447[↩]
- MünchKomm-BGB/Dörr/Glockner BGB 6. Aufl. § 47 VersAusglG Rn. 13; Wick a.a.O. Rn. 509[↩]
- BT-Drucks. 16/10144 S. 85 und 16/11903 S. 56[↩]
- BGH FamRZ 2011, 1785[↩]
- EuGH, Urteil vom 01.03.2011 – C-236/09, NJW 2011, 907 = FamRZ 2011, 1127 [Ls][↩]
- Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 193, 472; ders. FamRZ 2011, 1127, 1128; Erman/Norpoth BGB 13. Aufl. § 47 VersAusglG Rn. 9; Glockner/Hoenes/Weil Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. § 7 Rn. 35; Wick a.a.O. Rn. 302; Orgis FPR 2011, 509[↩]
- KG, Beschluss vom 11.09.2012 – 13 UF 372/11[↩]
- ABl.L 204/23 vom 26.07.2006[↩]
- ABl.EU C 11/1 vom 13.01.2012[↩]
- ABl.EG L 6 vom 10. Januar 1979 S. 24 f.[↩]
- vgl. auch Orgis FPR 2011, 509, 511[↩]
- vgl. Wick a.a.O. Rn. 325[↩]
- vgl. zur – allerdings umstrittenen – Frage des Umfangs der Grundrechtsbindung z.B. Stern in Isensee/Kirchhof Handbuch des Staatsrechts Band IX [2011] § 185 Rn. 106 ff.; Rüfner ebenda § 197 Rn. 68 ff., insbesondere Rn. 77, und Rn. 120 ff.[↩]
- vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 57; OLG Koblenz FamRZ 2012, 301; OLG Hamm FamRZ 2013, 380; OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1308; Wick a.a.O. Rn. 443[↩]
- vgl. Ruland Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 595; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 11 VersAusglG Rn. 15; Wick a.a.O. Rn. 443[↩]