Unterstützungskassenzusage – und die Erdienensdauer

Der von der Rechtsprechung zu Direktzusagen entwickelte Grundsatz, nach dem sich der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Anspruch auf Altersversorgung regelmäßig nur erdienen kann, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt, gilt auch bei einer mittelbaren Versorgungszusage in Gestalt einer rückgedeckten Unterstützungskassenzusage.

Unterstützungskassenzusage – und die Erdienensdauer

Kann die sog. Erdienensdauer vom beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr abgeleistet werden, ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der (mittelbaren) Versorgungszusage abgesehen hätte. Die von der Gesellschaft als Trägerunternehmen an die Unterstützungskasse geleisteten Zuwendungen sind dann regelmäßig nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse von dem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmer), als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem betrieblich veranlasst wären.

Nach dieser gesetzlichen Vorgabe kommt es darauf an, ob bei gedachten unmittelbaren Versorgungszahlungen des Trägerunternehmens die betriebliche Veranlassung gegeben wäre1. Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft als Trägerunternehmen für Versorgungsleistungen an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer sind danach nicht abziehbar, wenn sich die Versorgungsleistungen als vGA darstellen würden. Denn in diesem Fall wären die Leistungen nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst2. Da allein maßgeblich ist, ob fiktive Versorgungsleistungen betrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst sind, kommt das Abzugsverbot aus § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG auch dann zum Tragen, wenn die weiteren Voraussetzungen einer vGA, z.B. die Eignung der Vermögensminderung oder der verhinderten Vermögensmehrung, beim Gesellschafter einen Vorteil auszulösen3, nicht vorliegen.

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In der Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs ist anerkannt, dass eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung von Versorgungszusagen -als Grundlage von i.S. des § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG gedachten Versorgungsleistungen- einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter dann gegeben sein kann, wenn sich der Gesellschafter diese Leistungen im Zeitraum zwischen Zusage und seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nicht mehr erdienen könnte, sog. Erdienbarkeit4.

Diese auf die steuerrechtliche Beurteilung von Direktzusagen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind auf mittelbare Versorgungszusagen grundsätzlich übertragbar5.

Dass bei diesen Formen der betrieblichen Altersversorgung das steuerliche Gestaltungspotential geringer ist als bei Direktzusagen6, mag zutreffen, rechtfertigt im Grundsatz jedoch keine abweichende rechtliche Beurteilung. Hier wie dort ist der Frage der betrieblichen oder gesellschaftsrechtlichen Veranlassung nach den Umständen des Einzelfalles nachzugehen. Die Bundesfinanzhofsrechtsprechung misst dem Erdienbarkeitskriterium ohnehin lediglich indizielle Bedeutung bei und lässt damit hinreichend Raum für eine dem Einzelfall gerecht werdende Beurteilung der Versorgungszusage. Hinzu kommt, dass mit einer generalisierenden Aussage etwa des Inhalts, bei mittelbaren Versorgungszusagen sei wegen des geringeren Gestaltungspotentials eine weniger strenge Prüfung angezeigt, die Praktikabilität der Rechtsanwendung und die Rechtssicherheit („Leitlinienfunktion“ des Merkmals der Erdienbarkeit)7 verloren gingen.

Dass bei den im Streitfall zur Beurteilung anstehenden rückgedeckten Unterstützungskassenzusagen die Versorgung des Arbeitnehmers bzw. Geschäftsführers bis zu dessen Ausscheiden aus dem Unternehmen durch die jährlichen Zuwendungen des Trägerunternehmens und die daran anknüpfende Versicherungsprämienzahlung der Kasse im Unterschied zu Direktzusagen bereits vollständig ausfinanziert ist8, rechtfertigt es ebenfalls nicht, den Zeitkriterien der Erdienbarkeit keine Beachtung zu schenken. Denn die unterschiedlichen Finanzierungsmodelle ändern an der grundsätzlichen Fragestellung, ob ein gewissenhafter Geschäftsleiter einer Arbeitskraft, die dem Unternehmen voraussichtlich nur noch wenige Jahre zur Verfügung steht, überhaupt noch eine Versorgungszusage mit hohen finanziellen Lasten erteilen würde, nichts9.

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Zur Beantwortung der Frage, ob eine Versorgungszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs u.a. zu prüfen, ob die begünstigte Person während der ihr voraussichtlich verbleibenden Dienstzeit den Versorgungsanspruch noch erdienen kann. Das ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, wenn die Zusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde und dieser im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatte oder wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne liegt, in der der Versorgungsanspruch vom Begünstigten nicht mehr erdient werden kann. In solchen Fällen ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der Erteilung einer Pensionszusage abgesehen hätte. Es liegt dann regelmäßig eine vGA vor. Ein Versorgungsanspruch ist nach ständiger Bundesfinanzhofsrechtsprechung von einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich nur dann erdienbar, wenn zwischen der Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt. Allerdings kann diese Frist mangels eindeutiger gesetzlicher Vorgaben nicht i.S. einer allgemein gültigen zwingenden Voraussetzung verstanden werden. Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles anderweitig sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist eine erdienbare Zusage auch dann anzunehmen, wenn die besagten Zeiträume nicht erreicht werden10.

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Etwas anderes gilt regelmäßig auch nicht deshalb, weil der betreffende Mitarbeiter eine für das Unternehmen der Arbeitgeberin unverzichtbare Arbeitskraft mit enormer Bedeutung für deren wirtschaftlichen Erfolg darstellt, dessen weitere Mitarbeit bis zum 65. Lebensjahr auch von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter durch Erhöhung der Versorgungszusage sichergestellt worden wäre. Dem ist nicht zu folgen, da jeder Geschäftsführer für eine Kapitalgesellschaft typischerweise von besonderer Bedeutung ist. Zudem lässt sich zwischen bloß „wichtig“ und ganz und gar „unersetzlich“ nicht hinreichend unterscheiden. Auch kann der altersbedingt fehlenden Erdienbarkeit nicht entgegengehalten werden, dass sich die Arbeitgeberin durch die Gewährung einer Versorgungszusage die Kenntnisse und Erfahrungen des Geschäftsführers habe sichern wollen11. Dass das Finanzgericht schließlich davon ausgegangen ist, dass die Verhältnisse des Streitfalles nicht mit den Sachverhalten vergleichbar seien, in denen der Bundesfinanzhof trotz Unterschreitens der zehnjährigen Frist die betriebliche Veranlassung der Versorgungszusage bejaht habe12, kann der Revision gleichfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. Juli 2016 – I R 33/15

  1. Höfer in Höfer/Veit/Verhuven, Betriebsrentenrecht, Bd. – II Kap. 23 Rz 88[]
  2. vgl. Gosch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4c Rz C 15; Blümich/H.-J. Heger, § 4d EStG Rz 210[]
  3. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 07.08.2002 – I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131[]
  4. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 23.09.2008 – I R 62/07, BFHE 223, 64, BStBl II 2013, 39; vom 20.05.2015 – I R 17/14, BFHE 250, 82, BStBl II 2015, 1022; vgl. auch BFH, Beschluss vom 19.11.2008 – I B 108/08, BFH/NV 2009, 608[]
  5. Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 991; Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 3. Aufl., Rz 508, 518; Doetsch/Lenz, Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer und Vorstände, 8. Aufl., S. 122; Höfer, a.a.O., Kap. 44 Rz 322[]
  6. vgl. Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz 741[]
  7. vgl. BFH, Beschluss in BFH/NV 2009, 608[]
  8. vgl. z.B. Höfer, a.a.O., Kap. 44 Rz 320.1[]
  9. zur Grundvorstellung, die hinter dem Erdienbarkeitskriterium steht, vgl. etwa BFH, Urteil vom 13.12 1961 – I 321/60 U, BFHE 74, 657, BStBl III 1962, 243[]
  10. BFH, Urteile in BFHE 223, 64, BStBl II 2013, 39, und in BFHE 250, 82, BStBl II 2015, 1022[]
  11. vgl. BFH, Urteil vom 20.05.1992 – I R 2/91, BFH/NV 1993, 52[]
  12. vgl. BFH, Urteile vom 30.01.2002 – I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055; vom 24.04.2002 – I R 43/01, BFHE 199, 157, BStBl II 2003, 416; in BFHE 223, 64, BStBl II 2013, 39[]
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