Keine Abzweigung des Kinderbonus an Sozialleistungsträger

Der im Rahmen des Kindergeldes im Jahr 2009 gewährte Einmalbetrag nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG von 100 €, der sogenannte Kinderbonus, konnte nicht an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden.

Keine Abzweigung des Kinderbonus an Sozialleistungsträger

Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt; dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld (§ 74 Abs. 1 Satz 3 EStG). Das Kindergeld kann nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG auch an die Person oder Stelle abgezweigt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt. Zum Kindergeld gehört der im Jahr 2009 gezahlte Einmalbetrag von 100 € nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG (sog. Kinderbonus).

Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass die Auszahlung von Kindergeld an einen Dritten nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren gehört, das dem Erhebungsverfahren entspricht1. Sie betrifft nicht die Anspruchs-, sondern die Empfangsberechtigung2. Dementsprechend kann Kindergeld, das bereits an einen Elternteil ausgezahlt worden ist, nicht mehr an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden3. Das gilt auch für den im Jahr 2009 gewährten Einmalbetrag von 100 € nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG.

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Darüber hinaus schließt der mit der Gewährung des Einmalbetrags verfolgte gesetzgeberische Zweck eine Abzweigung an den Sozialleistungsträger aus. Bei der nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG anzustellenden Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Kinderbonus einkommensschwachen Familien zugutekommen und deshalb nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden sollte4. Dementsprechend ist der Einmalbetrag nach dem Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus5 bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Eine Abzweigung an den Sozialleistungsträger widerspräche den Intentionen des Gesetzgebers und wäre nicht ermessensgerecht6.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. September 2012 – III R 2/11

  1. BFH, Urteile vom 26.08.2010 – III R 21/08, BFHE 231, 520, BFH/NV 2011, 474, und vom 27.10.2011 – III R 16/09, BFH/NV 2012, 720[]
  2. BFH, Beschluss vom 30.01.2001 – VI B 272/99, BFH/NV 2001, 898[]
  3. s. BFH, Urteile in BFHE 231, 520, BFH/NV 2011, 474, sowie in BFH/NV 2012, 720; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 74 Rz 72; Felix in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 74 Rz 3; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 74 EStG Rz 14[]
  4. BT-Drs. 16/11740, S. 21, 27[]
  5. BGBl I 2009, 417[]
  6. i.E. ebenso Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 66 Rz 28; HHR/Wendl, § 66 EStG Rz 12; Dürr in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 66 Rz 11[]
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