Bei mehreren Beteiligten ist die Strafe grundsätzlich nach dem Maß der jeweiligen individuellen Schuld zu bestimmen [1].

Dem ist das Gericht vorliegend nicht erkennbar nachgekommen, wenn die Strafzumessungserwägungen den einen Tatbeteiligten betreffend im Wortlaut nahezu identisch sind mit denen bezüglich des mitangeklagten anderen Tatbeteiligten.
Eine Berücksichtigung individueller, täterbezogener Umstände wie etwa des Vorlebens, der Persönlichkeit und des Gewichtes der Tatbeiträge, ist in einem solchen Fall nicht erfolgt.
So auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall: Zwar hat die Kammer die bisherige Unbestraftheit des Angeklagten als wesentlichen Strafmilderungsgrund [2] formelhaft aufgelistet. Im Verhältnis zu dem – wenn auch nicht einschlägig – vorbestraften Mitangeklagten S. , der offenbar nach Bewährungswiderruf bereits Strafhaft verbüßt hat, hat das Gericht diesen Umstand jedoch nicht erkennbar in die Bewertung einbezogen. Für beide Angeklagte wurden vielmehr exakt dieselben Strafen festgesetzt, ohne dass dies durch nur bei dem Angeklagten T. vorliegende strafschärfende Merkmale – etwa ein größeres Gewicht der Tatbeiträge – plausibel zu erklären wäre. Auch sonstige individuelle Unterschiede, etwa dass der Beschwerdeführer sich freiwillig der Polizei gestellt hat, fanden keinen Eingang in die Strafzumessungserwägungen. Das Gericht ist daher seiner Pflicht zur Abwägung der für und gegen den Angeklagten … sprechenden Umstände gemäß § 46 StGB nicht umfassend nachgekommen.
Auf diesem Rechtsfehler kann das Urteil beruhen (§ 337 StPO), da nicht auszuschließen ist, dass bei einer Berücksichtigung individueller schuldbestimmender Kriterien im Verhältnis zu dem Mitangeklagten niedrigere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt worden wären.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Juni 2020 – 1 StR 149/20
- vgl. BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 45. Edition 2020, StGB § 46 Rn. 2a[↩]
- vgl. BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, aaO § 46 Rn. 38; BGH, Urteil vom 27.10.1987 – 1 StR 492/87 8; BGH, Beschluss vom 26.05.1982 – 3 StR 110/82 2[↩]
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