Ein Beamter, der auf der Rückfahrt von seiner Dienststelle zu seiner Wohnung einen Unfall erlitten hat, nachdem er die Rückfahrt zuvor für mehr als drei Stunden unterbrochen und während dieser Zeit in seinem PKW geschlafen hatte, hat keinen Anspruch auf Dienstunfallschutz.

Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1, 01. Halbsatz BeamtVG gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. Der Gesetzgeber hat den Wegeunfall dem Dienstunfall lediglich gleichgestellt und damit zu erkennen gegeben, dass der Weg zwischen Dienststelle und Wohnung im beamtenrechtlichen Sinne kein Dienst ist. Die Gleichstellung dient der Erweiterung der Unfallfürsorge des Dienstherrn auf die außerhalb des privaten Lebensbereichs herrschenden Gefahren des allgemeinen Verkehrs, die weder der Dienstherr noch der Beamte im Wesentlichen beeinflussen können1.
Bei einem Unfall, den ein Beamter auf dem Weg nach oder von der Dienststelle erleidet, wird Dienstunfallschutz gewährt, wenn der Weg im Dienst seine wesentliche Ursache hat, wenn also andere mit dem Dienst nicht zusammenhängende Ursachen für das Zurücklegen des Weges in den Hintergrund treten. Der Beamte muss sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen seiner Dienststelle und seiner regelmäßigen häuslichen Unterkunft befinden, um sich zum Dienst zu begeben oder aus dem Dienst in seinen privaten Lebensbereich zurückzukehren2. „Unmittelbar“ ist der Weg, der – voraussichtlich – schnellstens und ohne erhöhte Risiken zum Ziel führt. Das Merkmal der Unmittelbarkeit hat eine räumliche und eine zeitliche Dimension. Umwege und Unterbrechungen werden von dem beamtenrechtlichen Unfallschutz generell ausgeschlossen, soweit sie nicht nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung gestattet und nicht nur unerheblich sind3. Ob der notwendige Zusammenhang mit dem Dienst unterbrochen oder gar gelöst wird, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen4.
Hiernach könnte in dem hier vom Niedersächsichen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall der Unfall des Klägers, der sich nach der drei Stunden und zehn Minuten langen schlafbedingten Unterbrechung der Rückfahrt auf dem restlichen Weg zu seiner Wohnung ereignet hat, nur dann als Dienstunfall anerkannt werden, wenn es sich bei dem Schlaf lediglich um eine unwesentliche Unterbrechung der Rückfahrt gehandelt hätte oder wenn der Zusammenhang mit dem Dienst bei der Fortsetzung der Rückfahrt wiederhergestellt worden wäre5. Beide Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben. Der Unfall des Klägers ist deshalb seinem privaten6 Lebensbereich zuzuordnen:
Die von dem Kläger auf einem Rastplatz der Autobahn verbrachte Zeit von drei Stunden und zehn Minuten, während er in seinem PKW geschlafen hat, stand schon nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit seinem Dienst. Eine kurzfristige Unterbrechung der Rückfahrt bewirkt zwar grundsätzlich allein keine Lösung des rechtlich wesentlichen Zusammenhangs mit dem Dienst; es muss sich jedoch um eine Unterbrechung handeln, wie sie beim Zurücklegen eines Weges typischerweise auftritt. Die Unterbrechung darf nach der Art und dem Zeitaufwand auch nicht in einem Missverhältnis zur Dauer des Weges im Ganzen stehen7. Nach der Überzeugung der Lüneburger Richter kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Unterbrechung der Rückfahrt, die – wie hier – erfolgt ist, um zu schlafen, beim Zurücklegen eines Weges typischerweise auftritt. Eine drei Stunden und zehn Minuten lange schlafbedingte Unterbrechung steht zudem, auch wenn sich die Familienwohnung – wie hier – ca. 200 Kilometer von der Dienststelle entfernt befindet, sowohl nach ihrer Art als auch nach dem zeitlichen Ausmaß in einem Missverhältnis zur Dauer des Weges im Ganzen. Eine solche Unterbrechung ist ausschließlich dem persönlichen Bereich des Beamten zuzurechnen und führt zur Lösung des wesentlichen Zusammenhanges der Rückfahrt mit dem Dienst.
Insoweit ist grundsätzlich unerheblich, ob der Beamte vor dem Antritt der Rückfahrt Tagdienst oder – wie der Kläger – Nachtdienst verrichtet hat. Der Kläger wusste schon seit dem 14. Mai 2007, dass er am 18. Mai 2007 ab 20.00 Uhr Dienst haben würde. Am 17.05.2007 hatte der Dienst des Klägers ausweislich des vorliegenden Stundennachweises bereits um 16.00 Uhr geendet. Dem Kläger stand mithin in der Zwischenzeit ein ausreichend langer Zeitraum zur Verfügung, um sich auf den Nachtdienst einzustellen und zu vermeiden, dass ihn im Anschluss an den Dienst auf der Heimfahrt – wie er vorgetragen hat – wegen „Übermüdung der Schlaf übermannt“.
Es kann nicht zugunsten des Klägers angenommen werden, dass der von ihm auf dem restlichen Weg zu seiner Wohnung erlittene Unfall als Dienstunfall anzuerkennen ist, weil für diese Wegstrecke der Zusammenhang mit dem Dienst wiederhergestellt worden ist8. Nach der hier maßgeblichen und zur beamtenrechtlichen Unfallfürsorge ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lebt der Dienstunfallschutz nach einer Unterbrechung des Weges zu und von der Arbeitsstätte dann nicht wieder auf, wenn die Dauer und die Art der Unterbrechung auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs schließen lassen. Dabei darf nicht allein auf das Verhältnis der Dauer der Unterbrechung zur regelmäßigen Fahrzeit abgestellt werden, sondern es sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen9. Nach diesen Grundsätzen ist ein Wiederaufleben des Dienstunfallschutzes für den restlichen Weg des Klägers zu seiner Wohnung zu verneinen. Insoweit kann offen bleiben, ob – wie es das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil getan hat – für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beizutreten ist, nach der im Rahmen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes für Wege vom oder zum Ort der Tätigkeit im Interesse einer gleichmäßigen und rechtssicheren Handhabung eine feste zeitliche Grenze von zwei Stunden festzulegen ist, bis zu der eine Unterbrechung für den Versicherungsschutz auf dem restlichen Weg unschädlich ist, und bei einer Überschreitung dieser Grenze der versicherte Weg in der Regel nicht mehr nur unterbrochen, sondern endgültig beendet ist und der Versicherungsschutz nicht wieder auflebt10. Denn einem Wiederaufleben des Dienstunfallschutzes für den restlichen Weg des Klägers zu seiner Wohnung steht angesichts der zu berücksichtigenden Umstände dieses Einzelfalles bereits entgegen, dass aus der Dauer und der Art der Unterbrechung auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs zwischen der dienstlichen Tätigkeit und dem Weg von dem Ort der Tätigkeit geschlossen werden kann11. Insoweit ist auch hier von ausschlaggebender Bedeutung, dass eine drei Stunden und zehn Minuten lange schlafbedingte Unterbrechung der Rückfahrt auch im Falle einer ca. 200 Kilometer von der Dienststelle entfernt befindlichen Familienwohnung sowohl nach ihrer Art als auch nach dem zeitlichen Ausmaß nicht mehr in einem Zusammenhang mit dem Dienst steht, so dass es nicht gerechtfertigt ist, die Fortsetzung der Rückfahrt nach der Beendigung des Schlafes der Risikosphäre des Dienstherrn zuzurechnen.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. April 2011 – 5 LA 79/10
- vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010 – 2 A 04.10, IÖD 2011, 62, m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010, a.a.O., Rn 13[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 27.05.2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.2010, a.a.O., Rn 13; Urteil vom 21.06.1982 – 6 C 90.78, DVBl. 1982, 1191[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 27.05.2004, a.a.O., Rn 16; Urteil vom 21.06.1982, a.a.O., Rn 18[↩]
- „eigenwirtschaftlichen“[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.1982, a.a.O., Rn 19[↩]
- vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteile vom 27.05.2004, a.a.O.; und vom 21.06.1982, a.a.O.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.1982, a.a.O.[↩]
- vgl. BSG, Urteile vom 27.10.2009 – B 2 U 23.08 R; vom 02.12.2008 – B 2 U 26.06 R; vom 10.10.2006 – B 2 U 20.05 R; vom 20.08.1987 – 5a RKnU 01.86; und vom 19.05.1983 – 2 RU 79.82[↩]
- vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Urteil vom 21.06.1982, a.a.O.[↩]