Wasser- und Abwassergebühren für jein Grundstück im Außenbereich

Ein tatsächlicher Anschluss, der die Beitragserhebung gegenüber einem Außenbereichsgrundstück rechtfertigen könnte, liegt nicht schon dann vor, wenn Leitungen vorhanden sind, welche die Wasserversorgung eines Grundstücks bewerkstelligen können, sondern erst dann, wenn diese Leitungen zur Versorgung einer baulichen Anlage mit Frischwasser auch tatsächlich genutzt werden.

Wasser- und Abwassergebühren für jein Grundstück im Außenbereich

Die eine (Nach-) Erhebung rechtfertigende Verbesserung der Vorteilslage liegt in Bezug auf eine Teilfläche vor, wenn für diese Teilfläche erstmals eine Bebauungsmöglichkeit geschaffen wird.

Voraussetzung für die Entstehung der Beitragspflichtig ist neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einer rechtswirksamen Beitragssatzung grundsätzlich ein Grundstück, das in beitragsrelevanter Weise nutzbar ist und an die Einrichtung angeschlossen werden kann, so dass durch den Anschluss an die öffentliche Einrichtung ein dauerhafter Vorteil für das Grundstück gegeben ist1. Das Erfordernis eines Vorteils ergibt sich daraus, dass ein Beitrag eine Abgabe darstellt, mit der ein Ausgleich für den durch eine Leistung der Gemeinde ausgelösten Sondervorteil verlangt wird. Die bloße Anschlussmöglichkeit vermag einem Grundstück hingegen nur dann einen Vorteil zu vermitteln, wenn es baulich oder gewerblich nutzbar ist. Gleiches gilt, wenn schon Vorbereitungen zukünftiger Anschlüsse – z.B. in Form sog. „Blindanschlüsse“ – getroffen worden sind. Denn ein beitragsrechtlicher Vorteil liegt bei einem Grundstück, das in rechtlicher Hinsicht nicht baulich genutzt werden darf, erst dann vor, wenn es Leistungen der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung tatsächlich in Anspruch nimmt.

Eine Anschlussmöglichkeit setzt nicht voraus, dass bereits Stichleitungen zu dem Grundstück verlegt sind oder ein Anschluss funktionsfähig ist. Ausreichend ist vielmehr, wenn die Leitung vor dem Grundstück betriebsfertig hergestellt ist.2. Zumindest seit dem 26.11.2007 besteht darüber hinaus eine rechtswirksame Beitragsatzung. Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld wäre es unschädlich, wenn die tatsächliche Anschlussmöglichkeit lange vor dem Inkrafttreten einer wirksamen Wasserversorgungssatzung bestanden hat. In solchen Fällen entsteht (erst) mit Inkrafttreten einer rechtsgültigen Satzung die abstrakte Beitragsschuld mit Wirkung ex nunc3.

Eine rechtlich gesicherte bauliche Nutzbarkeit des hier streitbefangenen Grundstückes ist indes erst mit dem Bebauungsplan geschaffen worden. Zuvor lag das Grundstück im Außenbereich, sodass es grundsätzlich nicht bebaut werden durfte.

Die Klärung der Frage, ob ein Anschluss oder eine bloße Anschlussmöglichkeit bestanden hat, muss von dem beitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs ausgehen. Ein tatsächlicher Anschluss, der die Beitragserhebung gegenüber einem Außenbereichsgrundstück rechtfertigen könnte, liegt hiernach nicht schon dann vor, wenn – wie hier – Leitungen vorhanden sind, welche die Wasserversorgung eines Grundstücks bewerkstelligen können, sondern erst dann, wenn diese Leitungen zur Versorgung einer baulichen Anlage mit Frischwasser auch tatsächlich genutzt werden.

Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans befand sich das Grundstück im Außenbereich. Es durfte daher nicht bebaut werden und gehörte nicht zum Bauland4. Die bloße Möglichkeit des Anschlusses bedeutet deshalb bei einem solchen Außenbereichsgrundstück grundsätzlich keinen die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigenden Vorteil. Dennoch können auch Grundstücke im Außenbereich nach Maßgabe der in der Beitragssatzung getroffenen Regelungen der Beitragspflicht unterliegen, sofern – und soweit – auf ihnen vorhandene Baulichkeiten an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind und damit die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden5. Der die Beitragserhebung rechtfertigende Vorteil ist in diesen Fällen nicht in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, sondern in der Inanspruchnahme der Leistungen der Einrichtung selbst zu sehen. Nur dann ist das Vorliegen eines Nutzens offenkundig, weil die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wird6. Eine tatsächliche Inanspruchnahme in diesem Sinne hat auf dem streitgegenständlichen Grundstück Flst.-Nr. 80/3 indes unstreitig nicht stattgefunden, denn auf diesem Grundstück ist schon keine Baulichkeit in einem die Beitragserhebung rechtfertigenden Sinne vorhanden.

Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass das Grundstück früher einmal mit dem benachbarten Grundstück ein einheitliches Grundstück bildete. Dabei geht das Gericht zugunsten des Klägers davon aus, dass das im Bereich des heutigen Nachbarbrundstücks wohl schon während des Zweiten Weltkriegs errichtete Wohnhaus bereits seit Jahrzehnten an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen ist und schon zu einem früheren Zeitpunkt eine rechtsgültige Beitragssatzung vorhanden war. Denn dies kann höchstens dazu führen, dass die Teilfläche des früheren einheitlichen Grundstücks, die dem heutigen Nachbargrundstück ntspricht, nicht (mehr) zu einem Beitrag herangezogen werden darf war, hindert jedoch nicht jedoch die Beitragsfestsetzung für die Teilfläche, die heute das streitgegenständliche Grundstück bildet.

Geht man zugunsten des Grundstückseigentümers davon aus, dass die Beitragspflicht für das ursprüngliche Grundstück bereits vor der Aufteilung in Einzelgrundstücke entstanden war, können nach § 29 Abs. 3 Satz 1 KAG dennoch (weitere) Anschlussbeiträge erhoben werden, weil sich die bauliche Nutzbarkeit dieses ursprünglichen ungeteilten Grundstücks durch die Festsetzung eines Wohngebiets auf einer Teilfläche – dem heutigen Grundstück – erhöht hat. Dabei ist der mittlerweile veränderte Grundstückszuschnitt unbeachtlich (vgl. § 29 Abs. 3 Satz 2 KAG). Fallen die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach Entstehen der Beitragspflicht weg, können für die hiervon betroffenen Teilflächen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG weitere Beiträge erhoben werden, wenn bisher nicht veranlagte Teile des Grundstücks nachträglich tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt werden. Dies ist hier für die Teilfläche der Fall, die heute das streitgegenständliche Grundstück bildet.

Ist nach einer Satzung bei der Beitragsbemessung die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben im Wege der Teilflächenabgrenzung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans befindliche Teilflächen unberücksichtigt, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind. An die Wasserversorgungseinrichtung tatsächlich angeschlossen war hier aber lediglich das auf der Fläche des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 gelegene Wohnhaus. Dem bebauten Bereich sind zwar auch die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben maßgeblichen Flächen sowie die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen zuzuordnen7. Eine genaue Abgrenzung dieser Flächen ist für den vorliegenden Fall jedoch entbehrlich. Denn es ist offenkundig, dass auch derartige in die Beitragsbemessung einzubeziehende Flächen nur im Bereich des vorhandenen Wohnhauses – also des heutigen Nachbargrundstücks – liegen und nicht auf der Teilfläche, die heute das streitgegenständliche Grundstücks bildet. Deshalb kann höchstens die das heutige Nachbargrundstück bildende Teilfläche bereits der Beitragsbemessung unterlegen haben, nicht aber die unbebaute Teilfläche des hier streitbefangenen Grundstücks. Die eine (Nach-) Erhebung rechtfertigende Verbesserung der Vorteilslage8 liegt in Bezug auf die betroffene Teilfläche durch die Schaffung einer erstmaligen Bebauungsmöglichkeit vor.

Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 6. August 2015 – 1 K 2485/13

  1. Gössl in Gössl/Reif, KAG BW, § 32 Anm.01.1[]
  2. Driehaus/Grünewald, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2010, Rn.566.[]
  3. vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.03.2014 – 2 S 2366/13 – DVBl.2014, 861[]
  4. vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1986 – 8 C 115.84, NVwZ 1986, 568[]
  5. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 09.11.2009 – 2 S 1396/09 – KStZ 2010, 31[]
  6. VGH Bad.-Württ., ebd.[]
  7. vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.10.2006 – 2 S 705/04 – VBlBW 2007, 311[]
  8. vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.11.2013 – 2 S 1702/13 – KStZ 2014, 92[]