Die bei einer zweigliedrigen, vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts für den Fall des Todes eines Gesellschafters vereinbarte Anwachsung seines Gesellschaftsanteils beim überlebenden Gesellschafter unter Ausschluss eines Abfindungsanspruchs kann eine Schenkung im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB sein.

Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof in einem Rechtsstreit um Auskunftspflichten im Zusammenhang mit Pflichtteilsergäzungsansprüchen:
Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB setzen voraus, dass der Erblasser eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB gemacht hat, d.h. eine Zuwendung, die den Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und bei der beide Teile darüber einig sind, dass sie unentgeltlich erfolgt1. Der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes (auf den kein Rechtsanspruch besteht) ist unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und En tgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht2.
Die vereinbarte Anwachsung der Gesellschaftsanteile des Erblassers unter Ausschluss eines Abfindungsanspruchs im Fall seines Vorversterbens ist eine Schenkung des Erblassers an die überlebende Gesellschafter im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB. Die überlebende Gesellschafterin wird durch die abfindungsfreie Anwachsung der Gesellschaftsanteile aus dem Vermögen des Erblassers bereichert, wenn -wie im vorliegenden Fall- dieser Erwerb nach dem Willen der Beteiligten nicht durch eine Gegenleistung der überlebenden Gesellschafterin ausgeglichen werden soll.
Dies steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Als Mittel der gewillkürten Weitergabe von Vermögensgegenständen im Todesfall stehen dem Erblasser im deutschen Recht neben den Verfügungen von Todes wegen auch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten außerhalb des Erbrechts offen. Insbesondere im Recht der Personengesellschaften besteht die Möglichkeit der Zuwendung von Rechtspositionen auf den Todesfall kraft gesellschaftsvertraglicher Regelungen3.
Der allseitige Abfindungsausschluss für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters wurde dabei für sich allein nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht als Schenkung gewertet4. Zum einen geht die – bisher zu Personenhandelsgesellschaften ergangene – Rechtsprechung davon aus, dass gesellschaftsvertragliche Nachfolgevereinbarungen, auch wenn sie Abfindungsansprüche der Erben völlig ausschließen, im Allgemeinen nicht den Sinn haben, dem jeweils in Aussicht genommenen Nachfolger in den Gesellschaftsanteil letztwillig etwas zuzuwenden, sondern sie sollen in erster Linie gewährleisten, dass das Gesellschaftsunternehmen beim Tod eines Gesellschafters erhal ten bleibt und seine Fortführung durch die oder den verbliebenen Gesellschafter nicht durch Abfindungsansprüche erschwert wird5. Aufgrund der Zwecke einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung passe schon das Begriffspaar entgeltlich-unentgeltlich nicht, sondern vielmehr liege eine gesellschaftsrechtliche Regelung der Mitgliedschaft zur Erhaltung eines gesellschaftlich gebundenen Zweckvermögens vor6.
Zum anderen soll es sich in der Regel beim allseitigen Abfindungsausschluss nicht um eine Zuwendung an die Mitgesellschafter, sondern um ein aleatorisches (zufallsabhängiges) Geschäft handeln7. Denn jeder Gesellschafter wende dem anderen das gleiche zu, und jeder nehme das gleiche Risiko auf sich, dass der Vorteil der Nachfolge in den Anteil dem anderen zufällt8.
Diese Rechtsprechung lässt aber für andere Fallgestaltungen hinreichend Raum, um auch bei Berücksichtigung des Fortführungsinteresses aus der Sicht eines Unternehmens die schutzwürdigen Belange der Nachlassbeteiligten wie z.B. der Pflichtteilsberechtigten zur Geltung zu bringen. Dabei hat das Gericht den Umständen des jeweils vorliegenden Geschäftes im Einzelnen sorgfältig nachzugehen9. Es ist zu prüfen, ob besondere Umstände, die die Annahme einer in dem Abfindungsausschluss liegenden Schenkung rechtfertigen könnten, vorliegen.
Im vorliegenden Fall lag der Vereinbarung einer Nachfolgeklausel mit Abfindungsausschluss keine gesellschaftsrechtliche Zwecksetzung zur Sicherung des Fortbestands des Gesellschaftsunternehmens zugrunde. Dabei kommt es zwar icht entscheidend darauf an, dass die hier betroffenen Gesellschaften nur aus zwei Gesellschaftern bestanden und daher durch den Tod des Erblassers aufgrund der Anwachsungsregelung aufgelöst wurden; das Ziel, das Gesellschaftsunternehmen für den Todesfall eines Gesellschafters zu sichern, kann auch bei Zweipersonengesellschaften bestehen10. Gleichwohl kann aber die Fortführung eines Unternehmens bei dieser Vereinbarung nicht im Vordergrund stehen, wenn die Gesellschaften vielmehr allein der Wahrnehmung der Eigentümerposition für jeweils eine Wohnung dienen, die selbstgenutzt bzw. zu nicht marktgerechtem Mietzins an einen Angehörigen vermietet war.
Im vorliegenden Fall bejahte der Bundesgerichtshof auch, dass die überlebende Gesellschafter nach der getroffenen Vereinbarung keine Gegenleistung für die Zuwendung in Form von Arbeitsleistungen oder der Übernahme eines Haftungsrisikos erbringen sollte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob – wie das Berufungsgericht annimmt – als Gegenleistung für eine vereinbarte Anwachsung von Gesellschaftsanteilen die Übernahme eines Haftungsrisikos überhaupt in Betracht kommt. Die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die als Gegenleistung für die Aufnahme in eine Personengesellschaft übernommen werden kann11, trifft einen Mitgesellschafter bereits vor einer Anwachsung weiterer Gesellschaftsanteile beim Tod eines anderen Gesellschafters. Jedenfalls geht das Berufungsgericht aber rechtsfehlerfrei davon aus, dass die Übernahme der Gesellschaftsanteile des Erblassers hier für die überlebende Gesellschafter kein relevantes Risiko einer Haftung für mit dem Erwerb der Wohnungen verbundene Verbindlichkeiten mit sich brachte. Im vorliegenden Fall war die eine Wohnung aus Eigenmitteln finanziert; für das zur Finanzierung der anderen Wohnung aufgenommene Darlehen haftete die überlebende Gesellschafter ohnehin mit. Weiter hat die überlebende Gesellschafter für die Verwaltung der beiden Wohnungen vorliegend keine konkrete Arbeitsleistung übernommen.
Vorliegend wurde ach dem Willen der Beteiligten die Zuwendung des Erblassers auch nicht durch die entsprechende Erklärung der überlebenden Gesellschafter ausgeglichen, ihre Gesellschaftsanteile sollten im Fall ihres Vorversterbens abfindungsfrei dem Erblasser anwachsen. Entgegen der Begründung im Wohnungskaufvertrag und in der „Gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung“, der wechselseitige Abfindungsausschluss beruhe auf dem beidseits etwa gleich hohen Risiko des Vorversterbens und sei im Interesse des jeweils überlebenden Gesellschafters vereinbart, haben die Beteiligten nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts diese Vereinbarung nicht getroffen, um unter Übernahme des Risikos eines abfindungsfreien Verlusts der eigenen Gesellschaftsanteile eine Chance auf den Erwerb der Anteile ihres Mitgesellschafters zu erwerben.
Das in den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs für den Fall eines allseitigen Abfindungsausschlusses angenommene aleatorische (zufallsabhängige) Geschäft zeichnet sich dadurch aus, dass die Gesellschafter das Risiko, im Fall ihres Vorversterbens den Gesellschaftsanteil ohne Abfindungsanspruch ihrer Erben zu verlieren, eingehen, um als Gegenleistung die Chance auf den abfindungsfreien Erwerb der Anteile ihrer Mitgesellschafter zu erlangen12. Diese Voraussetzungen lagen hier aber nicht vor.
Der Erblasser ging mit der Vereinbarung im hier entschiedenen Fall kein Verlustrisiko ein, sondern die abfindungsfreie Übertragung der Gesellschaftsanteile entsprach gerade seiner Zielsetzung. Obgleich es nicht Voraussetzung für die Annahme einer Schenkung ist, dass die Beteiligten den Gesellschaftsvertrag auch oder sogar allein zu dem Zweck geschlossen haben, die Pflichtteilsansprüche der Abkömmlinge des Erblassers zu vermindern, spräche dies in besonderem Maße für den Schenkungswillen der Beteiligten13. Den Willen des Erblassers, die Gesellschaftsanteile der überlebenden Gesellschafter zuzuwenden, legte hier bereits deren Stellung als seine Ehefrau nahe; ein Übergang seiner Anteile auf eine familienfremde Person durch die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung war damit ausgeschlossen. Das weitere Ziel, erbrechtliche Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten auszuschließen, wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch die Einsetzung der überlebenden Gesellschafter als Alleinerbin bestätigt. Dabei kam es entgegen der Ansicht der Revision nicht entscheidend darauf an, dass der Erblasser erst nach der „Gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung“ zugunsten der überlebenden Gesellschafter testierte und er an diese letztwillige Verfügung nicht gebunden war. Das Berufungsgericht hat darin nur rechtsfehlerfrei eine Bestätigung der bestehenden Willensrichtung des Erblassers gesehen, der überlebenden Gesellschafter Vermögen unter Ausschluss des Pflichtteilsberechtigten zuzuwenden; der Ausdruck dieses Willens setzt keine bindende letztwillige Verfügung voraus. Die Möglichkeit, dass die überlebende Gesellschafter vor dem Erblasser hätte sterben können, steht der Annahme des Berufungsgerichts entgegen der Ansicht der Revision nicht entgegen. In diesem Fall hätten die Gesellschaftsanteile der überlebenden Gesellschafter nicht ohne Weiteres den späteren Pflichtteilsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nach dem Erblasser erhöht, so dass der Pflichtteilsberechtigte letztlich durch die Vereinbarung sogar begünstigt worden wä re. Es wäre nur das Ziel des Erblassers, der überlebenden Gesellschafter etwas zuzuwenden, weggefallen, doch hätte er neu testieren oder unter Lebenden über sein Vermögen verfügen können. Umgekehrt besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser diese Vereinbarung traf, um auf ein Vorversterben der überlebenden Gesellschafter zu spekulieren und eine Chance auf den Erwerb ihrer Gesellschaftsanteile zu erhalten.
Es ist auch ohne Bedeutung, ob eine Ausgestaltung des gemeinsamen Eigentums an den Wohnungen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Gegensatz zur Bruchteilsgemeinschaft rechtliche Vorteile hat. Für die Frage der Unentgeltlichkeit kommt es allein darauf an, ob die mit dem abfindungsfreien Übergang der Gesellschaftsanteile verbundene Entreicherung des Erblassers gerade aus dem Vermögen der überlebenden Gesellschafter als Zuwendungsempfängerin ausgeglichen werden sollte. Das war hier nicht der Fall.
Die Schenkungen waren – auch soweit der Abfindungsausschluss für die Gesellschaft zu einer Wohnung nur privatschriftlich vereinbart wurde – wirksam. Die Schenkung war bereits durch Abschluss der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB vollzogen und der Formmangel nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt. Denn ein Geschäft unter Lebenden ist vollzogen, wenn der Erblasser zu Lebzeiten alles getan hat, was von seiner Seite zur Zuordnung des Gegenstandes an den Begünstigten erforderlich ist, und seinen Zuwendungswillen in entsprechendem Umfang in die Tat umgesetzt hat14. Das gilt auch dann, wenn der Erwerb befristet oder – wie hier durch das Vorversterben des Zuwendenden – bedingt ist. Es genügt für den Vollzug einer Schenkung, dass für den Beschenkten ein Erwerbs oder Anwartschaftsrecht begründet wird, das sich bei Eintritt der Bedingung zwangsläufig zu einem Vollrecht entwickelt15. Das ist bei der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung einer Nachfolgeklausel unter Abfindungsausschluss der Fall16.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Juni 2020 – IV ZR 16/19
- vgl. BGH, Urteile vom 14.03.2018 – IV ZR 170/16, NJW 2018, 1475 Rn. 14; vom 10.12.2003 – IV ZR 249/02, BGHZ 157, 178 unter – II 1 13][↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 14.03.2018 aaO Rn. 22; vom 27.11.1991 – IV ZR 164/90, BGHZ 116, 167 unter – II 2 a 15][↩]
- BGH, Beschluss vom 03.12.2014 – IV ZB 9/14, NJW 2015, 623 Rn. 37 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.03.1981 – IVa ZR 154/80, NJW 1981, 1956 unter 2 b 15]; BGH, Urteil vom 20.12.1965 – II ZR 145/64, WM 1966, 367 unter – I 2; obiter dictum zu § 2301 BGB: BGH, Urteil vom 22.11.1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186 unter – II 6 u. 7 20 f.]; offengelassen in BGH, Urteil vom 14.07.1971 – III ZR 91/70, WM 1971, 1338 unter B 2 38][↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.12.1965 aaO unter – I 1[↩]
- vgl. – die Frage einer Schenkung offen lassend – BGH, Urteil vom 14.07.1971 aaO[↩]
- vgl. obiter dictum zu § 2301 BGB: BGH, Urteil vom 22.11.1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186 unter – II 6 20] mit Zitat von Buchwald, JR 1955, 173, 174; ders. AcP 154 (1955), 22, 24 ((Fn. 4[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.12.1965 – II ZR 145/64, WM 1966, 367 unter – I 2[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.03.1981 – IVa ZR 154/80, NJW 1981, 1956 unter 2 a 12][↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.12.1965 – II ZR 145/64, WM 1966, 367 unter – I 2 in Verbindung mit dem Tatbestand[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 02.07.1990 – II ZR 243/89, BGHZ 112, 40 unter – I 1 a bb 15]; OLG Schleswig NZG 2012, 1423, 1425 f. 56 ff.][↩]
- vgl. Hölscher, ErbR 201 6, 422, 428; Beckervordersandfort, ZErb 2016, 189, 192; Lange, ZErb 2014, 121, 125; Winkler, BB 1997, 1697, 1703[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.03.1981 – IVa ZR 154/80, NJW 1981, 1956[↩]
- BGH, Urteil vom 14.07.1971 – III ZR 91/70, WM 1971, 1338, m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011 – II ZR 306/09, NZG 2012, 222 Rn.20 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1971 aaO[↩]