Der Anlageberater schuldet eine anlegerund objektgerechte Beratung. Er hat den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten.

In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater den Interessenten insbesondere über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können1.
Der Umfang der Belehrungspflicht richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls und hängt dabei vom Wissensstand und der Risikobereitschaft des Kunden sowie den allgemeinen und besonderen Risiken, die sich aus den Eigenheiten des Anlageobjekts ergeben, ab2.
Insoweit ist grundsätzlich auch beim Treugeber, der dem Rückgriff des Treuhandkommanditisten ausgesetzt ist über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufzuklären, und zwar ungeachtet dessen, dass die Haftsumme wie hier nur 10 % der Einlage betrug3.
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, nach der vorliegenden Konzeption der Beteiligung habe kein Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung bestanden. Im vorliegenden Fall heißt es dazu im Emissionsprospekt: „Gemäß Gesellschaftsvertrag beträgt die ins Handelsregister einzutragende Haftsumme 10 % der Zeichnungssumme. Gemäß Prognose lebt keine Kommanditistenhaftung durch Ausschüttungen auf.“
Ob sich diese Prognose als zutreffend herausstellen würde, war ungewiss. Hiernach sollten die Ausschüttungen bis zu der geplanten Veräußerung der Solaranlage nach zehn Jahren bezogen auf das Kommanditkapital 80 % der Einlage betragen. Der zur Deckung der Haftsumme erforderliche Betrag der Einlage sollte unberührt bleiben. Erst bei Veräußerung der Anteile am Ende der geplanten Laufzeit sollte mit einer dann in Aussicht genommenen Gesamtausschüttung von 205 % ein die Haftsumme angreifender Verlust entstehen. Im Zeitpunkt der Zeichnung der Kapitalanlage ließ sich jedoch nicht sicher vorhersehen, ob sich dies bewahrheitet. Eine solche Entwicklung hing worauf bereits das Landgericht zutreffend abgestellt hat unter anderem davon ab, ob die in der Prognoserechnung vorausgesetzten Prämissen entsprechend der geplanten Betriebsdauer und anschließenden Veräußerung der Solaranlage nach zehn Jahren tatsächlich eintreten. Dies stand mit Blick auf die insoweit lediglich abgegebenen Absichtserklärungen des Betreibers und die dem Anleger erstmalig zum 31.12 2034 zustehende Kündigungsmöglichkeit keineswegs fest. Ebenso wenig ließ sich ausschließen, dass die Gesellschafter höhere Ausschüttungen beschließen, bei einer Veräußerung der Anlage nach einer zehnjährigen Laufzeit Fremdverbindlichkeiten noch bestehen oder aus anderen Gründen nicht planmäßige Verluste entstehen. Der Kommanditist haftet auch nach seinem Ausscheiden oder nach Auflösung der Gesellschaft bis zur Höhe der Haftsumme für die bis dahin begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten4. Es kann daher nicht angenommen werden, ein Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung sei ausgeschlossen gewesen. Dementsprechend ist im Prospekt das Risiko der Kommanditistenund Treugeberhaftung auch ausdrücklich erwähnt worden.
Eine ordnungsgemäße Aufklärung kann nicht nur mündlich, sondern auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann5.
Eine solche Aufklärung der Anlegerin hat indessen im hier entschiedenen Fall nicht stattgefunden. Zwar enthält der Emissionsprospekt des Solarfonds eine inhaltlich zutreffende Aufklärung unter anderem über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung. Er ist der Anlegerin oder ihrem Ehemann jedoch schon nach den Angaben in dem persönlichen Beraterbogen zu spät, nämlich erst am Tag der Zeichnung, ausgehändigt worden. Auch in dem Beraterbogen fand sich kein gesonderter Hinweis auf dieses Risiko.
Entscheidend ist daher, ob die Anlegerin beziehungsweise ihr für sie handelnder Ehemann von dem Berater anlässlich des vor der Zeichnung der Anlage geführten Gesprächs nicht über dieses Risiko aufgeklärt worden sind.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. September 2019 – III ZR 73/18
- st. Rspr., zB BGH, Urteile vom 07.02.2019 – III ZR 498/16, WM 2019, 448 Rn. 9; vom 23.03.2017 – III ZR 93/16, WM 2017, 799 Rn. 11; vom 18.02.2016 – III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 15; und vom 21.03.2013 – III ZR 182/12, WM 2013, 836 Rn. 12; jeweils mwN[↩]
- vgl. zB BGH, Urteile vom 07.02.2019 aaO Rn. 14; und vom 21.03.2013 aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 04.12 2014 – III ZR 82/14, WM 2015, 68 Rn. 10[↩]
- vgl. Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 172 Rn. 38[↩]
- zB BGH, Urteile vom 07.02.2019 aaO Rn. 12; vom 18.02.2016 aaO Rn. 16; und vom 24.04.2014 – III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075 Rn. 9; jeweils mwN[↩]