Ziff. 1.1 AHB 2008 ist nicht wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam; sie ist auch nicht unklar i.S. von § 305c Abs. 2 BGB. Der Risikoausschluss in Ziff. 7.14 (1) AHB 2008 ist unabhängig davon, auf wessen Handeln die Ableitung der Abwässer zurückgeht.

Die Auslegung und die Wirksamkeit dieser mit Ziffer 1 AHB 2008 Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft übereinstimmenden Klausel sind allerdings umstritten. Außer dem Berufungsgericht hält auch ein Teil des Schrifttums die Klausel wegen Intransparenz nach § 307 BGB für unwirksam [1]; ein anderer Teil der Literatur hält die Regelung für nicht mehrdeutig und wirksam [2]. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, was nach den AHB im Allgemeinen unter dem Schadenereignis zu verstehen ist, in einem Urteil vom 27.11.2002 ausdrücklich offen gelassen [3]. Sie muss auch hier vom Bundesgerichtshof nicht entschieden werden.
Die Definition des Versicherungsfalles in den AHB ist weder wegen Intransparenz unwirksam noch unklar; sie führt im Streitfall dazu, dass das maßgebliche Schadenereignis im Wasseraustritt zu sehen ist.
Zunächst scheidet eine Inhaltskontrolle der Bestimmung aus. Der Gesetzgeber hat im Versicherungsvertragsgesetz bewusst nicht geregelt, welcher Vorgang in der Haftpflichtversicherung den Versicherungsfall darstellt, sondern dies der Klärung durch das Vertragsrecht überlassen [4]. Die Definition des Versicherungsfalles, die in unterschiedlichen Bedingungen in ganz unterschiedlicher Weise erfolgt, ohne deshalb mit § 100 VVG unvereinbar zu sein, gehört damit zum Kern der Leistungsbeschreibung, weshalb sie sich einer inhaltlichen AGB-Kontrolle entzieht [5]. Eine Inhaltskontrolle (auf Unangemessenheit) findet hinsichtlich der Leistungsbeschreibung, die den unmittelbaren Gegenstand der geschuldeten Hauptleistung festlegt und ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht statt. Diese Vorschrift hindert eine richterliche Inhaltskontrolle nur dann nicht, wenn die betreffende Klausel nach ihrem Wortlaut und erkennbaren Zweck das vom Versicherer gegebene Hauptleistungsversprechen lediglich einschränkt, verändert, ausgestaltet oder sonst modifiziert [6]. So liegt es hier nicht.
Aber auch eine Transparenzkontrolle scheidet aus. Zwar erstreckt sich diese gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB grundsätzlich auch auf das Hauptleistungsversprechen. Jedoch ist Ziffer 1.1 AHB von vornherein von einer Unwirksamkeitsfolge ausgeschlossen, weil es ansonsten mangels gesetzlicher Definition des Versicherungsfalls in der Haftpflichtversicherung keine Regelung zum Versicherungsschutz als solchem und zur Einordnung des Versicherungsfalls gäbe. Wo eine gesetzliche Auffangregelung fehlt, hat die Unwirksamkeit von essentialia negotii die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge. Der Versicherungsnehmer verlöre dann jeglichen Versicherungsschutz. Eine reine Transparenzkontrolle des Vertragskerns, die in Unwirksamkeit des gesamten Vertrages resultiert, ist deshalb im Hinblick auf die Garantie der Vertragsfreiheit unzulässig [7].
Einer Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB für die Bestimmung des Schadensereignisses bedarf es nicht.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an [8]. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind [9].
Die diesen Vorgaben folgende Auslegung der Ziffer 1.1 AHB ergibt, dass im Streitfall erst der Austritt des Wassers als das maßgebliche Schadenereignis anzusehen ist [10].
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird Satz 3 der Ziffer 1 AHB zunächst entnehmen, dass es nicht auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung ankommt, da diese erst noch zum Schadenereignis führen muss. Der Zeitpunkt der Ausführung der Fliesen- und Abdichtungsarbeiten scheidet damit aus. Umgekehrt wird er aufgrund der Regelung der Ziffer 1.1 Satz 2 AHB erkennen, dass das Schadenereignis zeitlich noch vor dem Zeitpunkt der Schädigung des Dritten liegen muss, da die Schädigung als Folge des Schadenereignisses bezeichnet ist. Dabei muss der zeitliche Abstand allerdings nicht groß sein, da die Schädigung des Dritten „unmittelbar“ aus dem Schadenereignis entstanden sein soll. Danach kommt auch die Abnahme der fehlerhaften Arbeit als maßgebliches Ereignis nicht in Betracht; sie führt die Schädigung nicht unmittelbar herbei. Als mögliche Anknüpfungspunkte verbleiben damit nur die In-betriebnahme des Pumpensumpfes und der tatsächlich stattfindende Wasseraustritt.
Die letzte Tatsache, die den Schaden an den Sachen des Auftraggebers ausgelöst hat, ist jedoch erst der Austritt des Wassers selbst. Erst für diesen Umstand wird der Versicherungsnehmer hier von seinem Auftraggeber haftbar gemacht. Schadenereignis kann aber nur ein solches Ereignis sein, das zur Auslösung des gegen den Versicherungsnehmer gerichteten Haftpflichtanspruchs geeignet ist [11]. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Klausel daher aufgrund des in ihr verwendeten Begriffs der Unmittelbarkeit so verstehen, dass ihm gerade für den Eintritt dieser Tatsache Haftpflichtversicherungsschutz gewährt werden soll.
Damit liegt das Schadenereignis innerhalb der versicherten Zeit. Zwar ist es unklar, wann genau die Undichtigkeit nach der Inbetriebnahme der Anlage eintrat und der Wasseraustritt begonnen hat, bevor das Wasser schließlich in die Räume der Geschädigten lief und dort entdeckt wurde. Es ist aber klar, dass aus dem Leck des Pumpensumpfes bis zur Entdeckung der Feuchtigkeitsschäden ständig Wasser ausgelaufen ist, so dass der Versicherungsfall jedenfalls auch in der versicherten Zeit angedauert hat.
Allerdings kann die Ausschlussklausel in Ziffer 7.14 (1) AHB eingreifen:
Diese Bestimmung kann aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass sie nur dann Anwendung findet, wenn der Versicherungsnehmer selbst die Abwässer abgeleitet oder wenigstens ihre Ableitung veranlasst hat. Einen Anhaltspunkt für eine derartige Einschränkung bietet der Wortlaut der Regelung nicht. Aber auch aus ihrem Zweck kann sie nicht entnommen werden. Der Grund für den Ausschluss liegt in der besonderen Abwassergefahr aufgrund der unübersehbaren Veränderungen der Beschaffenheit, denen Gebrauchswasser nach seiner Nutzung unterliegen kann. Es vermag Krankheitskeime, Fäulnisstoffe oder chemische Zusätze in sich aufzunehmen, die ihm aggressive, gefährliche Eigenschaften verleihen, mit denen in der Natur vorkommendes Wasser regelmäßig nicht behaftet ist. Für diese typischen, unüberschaubaren Gefahren der Abwässer, die Anlass zu ihrer tunlichst gesicherten Ableitung geben, will auch der Haftpflichtversicherer nicht einstehen [12]. Der Ausschlussgrund ist damit objektiver Natur und unabhängig davon, auf wessen Handeln die Ableitung dieser Abwässer zurückgeht [13].
Es handelt sich hier auch nicht um häusliche Abwässer, die vom Anwendungsbereich der Klausel ausgenommen sind. Da auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer die potentiell erhöhte Gefährlich
keit von Abwasser als Grund für den Ausschluss erkennen wird, wird er den Begriff der häuslichen Abwässer als Abgrenzung zu gewerblichen oder betrieblichen Abwässern verstehen, denen eine derartige Gefährlichkeit regelmäßig in nochmals erhöhtem Maße anhaftet. Abwässer aus medizinischen Geräten, wie sie hier in den Pumpensumpf fließen, sind danach nicht als häusliche Abwässer im Sinne der Klausel anzusehen.
Aus der Anwendbarkeit von Ziffer 7.14 (1) AHB auf den vom Versicherungsnehmer gemeldeten Schadenfall folgt jedoch noch nicht, dass der Versicherungsnehmer auch im Falle der gebotenen Nachfrage nach den im Rahmen seines Betriebes ausgeführten Arbeiten und einer zutreffenden Beratung auf Grundlage der dann erteilten Antwort keinen Versicherungsschutz für diesen Schaden gehabt hätte. Hierzu bedarf es vielmehr weiterer Feststellungen.
In den vereinbarten „Besondere(n) Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtversicherung für Betriebe des Baunebengewerbes“ heißt es unter II.3.3. unter anderem wie folgt:
„… Mitversichert sind in teilweiser Abweichung von … Ziff. 7.14 (1), (3) und (4) AHB Haftpflichtansprüche aus Sachschaden, der entsteht durch
3.3.1 Abwässer (…), mit Ausnahme von Schäden aus Abwasseranlagen des Versicherungsnehmers, aus Planung, Herstellung, Lieferung, Montage und Wartung von Abwasseranlagen oder Teilen, die ersichtlich für Abwasseranlagen bestimmt sind …“
Damit ist hier ein Wiedereinschluss von Haftpflichtansprüchen aus durch Abwässer entstandenem Sachschaden vorgesehen, der seinerseits nur wegen der darin weiter enthaltenen Rückausnahme nicht zum Zuge kommt. Die Herstellung der Abdichtung eines Pumpensumpfes, in den Abwässer aus einer Dialysepraxis fließen, wird von dieser Rückausnahme erfasst.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. März 2014 – IV ZR 422/12
- Lücke in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. § 100 Rn. 31; HK-VVG/Schimikowski, 2. Aufl. AHB Ziff. 1 Rn. 13; letzterer mit der Einschränkung, dass die Klausel entweder intransparent i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB oder mehrdeutig und damit unklar i.S. von § 305c Abs. 2 BGB sei[↩]
- MünchKomm-VVG/Littbarski, § 100 Rn. 117 ff.; Versicherungsrechts-Handbuch/Schneider 2. Aufl. § 24 Rn. 22; Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 100 Rn. 61 f.[↩]
- IV ZR 159/01, VersR 2003, 187 unter – III 1[↩]
- Lücke in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 100 Rn. 25[↩]
- Lücke aaO Rn. 26[↩]
- vgl. nur BGH, Urteile vom 26.09.2007 – IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 13; und vom 13.07.1994 – IV ZR 107/93, BGHZ 127, 35, 41[↩]
- MünchKomm-VVG/Bruns, § 307 BGB Rn. 38[↩]
- BGH, Urteil vom 23.06.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig[↩]
- BGH, Urteil vom 25.07.2012 – IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.[↩]
- a.A. Lücke, VuR Kompakt 2013, 5, 7[↩]
- BGH, Urteil vom 11.12 2002 – IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 184 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 13.12 1972 – IV ZR 154/71, VersR 1973, 170[↩]
- ebenso die Kommentarliteratur: Johannsen in Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. Anm. G 181 letzter Satz; Späte, Haftpflichtversicherung § 4 Rn. 88[↩]