Im Anwaltsprozess tritt nach § 244 Abs. 1 ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens ein, wenn der einzige zu ihrer Vertretung befugte Rechtsanwalt einer Partei stirbt; auf eine Kenntnis des Gerichts vom Unterbrechungsgrund kommt es nicht an. Eine trotz der Unterbrechung ergangene und nicht nach § 249 Abs. 3 ZPO zulässige gerichtliche Entscheidung ist allerdings nicht nichtig, sondern anfechtbar. Die Unwirksamkeit muss daher mit dem zulässigen Rechtsmittel geltend gemacht werden.
In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nimmt der Kläger den beklagten Krankenhausträger nach ärztlicher Behandlung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens – am 22.01.2025 – verstarb der Instanzbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt Dr. K. In Unkenntnis dessen hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Berufung des Klägers nach vorherigem Hinweis vom 13.02.2025 mit Beschluss vom 12.03.2025 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen1. Die Revision hat das Oberlandesgericht Frankfurt nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte vor dem Bundesgerichtshof Erfolg und führte gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht Frankfurt:
Im Anwaltsprozess tritt nach § 244 Abs. 1 ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens ein, wenn der einzige zu ihrer Vertretung befugte Rechtsanwalt einer Partei stirbt; auf eine Kenntnis des Gerichts vom Unterbrechungsgrund kommt es nicht an2. Diese Unterbrechung macht alle folgenden Prozesshandlungen der Parteien unwirksam. Dies gilt auch für eine trotz der Unterbrechung ergangene und nicht nach § 249 Abs. 3 ZPO zulässige gerichtliche Entscheidung. Allerdings ist diese Entscheidung nicht nichtig, sondern anfechtbar. Die Unwirksamkeit muss daher mit dem zulässigen Rechtsmittel geltend gemacht werden3.
Ist die Berufungsentscheidung zuungunsten einer Partei ergangen, die nicht (mehr) nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, begründet dieser schwerwiegende Verfahrensfehler den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 4 ZPO.
Wird dieser Revisionsgrund mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht und liegt er tatsächlich vor, gebietet dies die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Wenn in diesem Fall verletzt die fehlende anwaltliche Vertretung einer Partei deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG4. Die Berufungsentscheidung ist dann ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt zurückzuverweisen5.
Zur Beschleunigung des Verfahrens kann es sachgerecht sein, insoweit nach § 544 Abs. 9 ZPO zu verfahren6.
So liegt der Fall hier. Das Berufungsverfahren war bei Erlass der angegriffenen Berufungsentscheidung am 12.03.2025 bereits unterbrochen und der Kläger nicht mehr nach Vorschrift des Gesetzes vertreten (§ 244 Abs. 1, § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn der alleinige Instanzbevollmächtigte Dr. K. war, wie der Kläger durch Vorlage der Sterbeurkunde nachgewiesen hat und was für sich genommen auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, bereits am 22.01.2025 verstorben. Der dem Verstorbenen in Bürogemeinschaft verbundene Rechtsanwalt H. hat dies dem Oberlandesgericht Frankfurt unter dem 14.03.2025 angezeigt und zugleich auf das Alleinmandat von Rechtsanwalt Dr. K. hingewiesen. Erst mit weiterem Schriftsatz vom 28.03.2025 hat Rechtsanwalt H. die Übernahme des Mandats und die Fortführung des Rechtsstreits für den Kläger angezeigt, wobei er zugleich anwaltlich versichert hat, dass der Kläger allein Rechtsanwalt Dr. K. das Mandat erteilt gehabt habe und er selbst mit dem Verstorbenen nicht in einer Sozietät, sondern lediglich in einer Bürogemeinschaft verbunden gewesen sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger damit nicht unbelegt gelassen, dass er allein Rechtsanwalt Dr. K. und nicht zugleich mehrere Rechtsanwälte einer Anwaltssozietät, unter anderem Rechtsanwalt H., mandatiert gehabt habe. Der anwaltlichen Versicherung von Rechtsanwalt H., nicht vom Kläger mandatiert und nicht mit dem Verstorbenen in einer Sozietät verbunden gewesen zu sein, entspricht der vom verstorbenen Rechtsanwalt Dr. K. in der gesamten Verfahrenskorrespondenz verwendete Briefkopf, in dem die dort aufgeführten drei Rechtsanwälte, darunter Rechtsanwalt Dr. K. und Rechtsanwalt H., ausdrücklich als „Rechtsanwälte in Bürogemeinschaft“ ausgewiesen werden.
Auch war bis zu seinem Tod allein Rechtsanwalt Dr. K. im Verfahren für den Kläger in Erscheinung getreten.
Demgegenüber ist es ohne Relevanz, dass im Rubrum der instanzgerichtlichen Entscheidungen „Rechtsanwälte H. und Kollegen“ als Prozessbevollmächtigte des Klägers vermerkt sind. Eine Ungenauigkeit des Gerichts bei der Erfassung der Beteiligtendaten vermag das Mandatsverhältnis des Klägers in der Sache nicht zu beeinflussen. Nichts anderes folgt auch aus dem Umstand, dass Rechtsanwalt H. unter dem 17.03.2025 ein Empfangsbekenntnis für den Kläger abgegeben hat, ausweislich dessen er zur Entgegennahme des angegriffenen Zurückweisungsbeschlusses vom 12.03.2025 legitimiert sei. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte Rechtsanwalt H. bereits gegenüber dem Oberlandesgericht Frankfurt klargestellt, dass Rechtsanwalt Dr. K. allein mandatiert gewesen sei und er nun „interimsweise“ abklären werde, wen der Kläger an dessen Stelle mandatieren werde. Dass Rechtsanwalt H. auch schon den Empfang des Hinweisbeschlusses vom 13.02.2025 (damals kommentarlos) bestätigt hatte, mag angreifbar gewesen sein und zur Verwirrung beigetragen haben. Gleichwohl erbringt es nur Beweis für die Entgegennahme des Hinweisbeschlusses durch Rechtsanwalt H. sowie für den Zeitpunkt der Entgegennahme (vgl. § 173 Abs. 3, § 175 Abs. 3 ZPO)7 und ändert nichts an der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Mandatierung durch den Kläger.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Oktober 2025 – VI ZR 137/25
- OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.03.2025 – 17 U 104/24[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.01.1976 – IX ZR 28/73, BGHZ 66, 59, 60 f. 3 f.; Beschluss vom 15.05.2007 – X ZR 20/05, BGHZ 172, 250 Rn. 7[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.01.1976 – IX ZR 28/73, BGHZ 66, 59, 61 f. 5; Beschluss vom 29.03.1990 – III ZB 39/89, BGHZ 111, 104, 107 21[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 15.05.2007 – X ZR 20/05, BGHZ 172, 250 Rn. 7 f., 13[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 21.06.1995 – VII ZR 224/94, NJW 1995, 2563 5; vom 05.11.1987 – VII ZR 208/87, ZIP 1988, 446 8[↩]
- vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 01.06.2005 – XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 5; BT-Drs. 15/3706, S. 17[↩]
- BGH, Beschluss vom 17.01.2024 – VII ZB 22/23, NJW 2024, 1120 Rn. 10 mwN[↩]
Bildnachweis:
- olg frankfurt aktenstapel 1 groß: OLG Frankfurt a.M.











