Eröffnung eines englischen Bankruptcy-Verfahrens – und die Unterbrechung des Anfechtungsprozesses

Wie der Bundesfinanzhof bereits 1994 entschieden hat1, wird mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Schuldners das Verfahren über den Anfechtungsanspruch auch dann gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG (§ 13 Abs. 2 Satz 1 AnfG a.F.) unterbrochen, wenn die Finanzbehörde ihre Rechte nach dem AnfG durch Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 AO geltend gemacht hat. Dies gilt auch für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bzw. eines entsprechenden Verfahrens in einem anderen Staat der Europäischen Union, wie hier des „Bankruptcy-Verfahrens“ in England und Wales, auf das die EuInsVO2 anwendbar ist.

Eröffnung eines englischen Bankruptcy-Verfahrens – und die Unterbrechung des Anfechtungsprozesses

Gemäß Art. 15 EuInsVO gilt für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen anhängigen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse ausschließlich das Recht des Mitgliedsstaats, in dem der Rechtsstreit anhängig ist, hier also § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG. Entsprechend regelt auch § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO, dass ein Rechtsstreit, der zur Zeit der Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anhängig ist und die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen wird.

Das Gericht darf in einem unterbrochenen Verfahren keine Prozesshandlungen vornehmen. Ein dennoch erlassenes Urteil ist ohne rechtliche Wirkung. Der Anfechtungsgegner kann in diesem Fall die Unwirksamkeit des Urteils -ggf. auch während der Unterbrechung des Verfahrens und vor Abschluss des Konkursverfahrens- im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision geltend machen3; es ist klarstellend aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

Dies gilt auch im vorliegend vom Bundesfinanzhof entschiedenenen Verfahren: Es ist unstreitig und ergibt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen, dass vom Finanzgericht über den Duldungsbescheid verhandelt und entschieden wurde, während über das Vermögen des Lebensgefährten der Klägerin ein Insolvenzverfahren nach englischem Recht durchgeführt wurde. Nach den dargestellten Grundsätzen war das Verfahren über den Anfechtungsanspruch gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG i.V.m. Art. 15 EuInsVO und § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Lebensgefährten der Klägerin unterbrochen. Das dennoch ergangene Urteil ist klarstellend aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 9. Februar 2015 – VII B 104/13

  1. BFH, Beschluss vom 29.03.1994 – VII R 120/92 ((BFHE 174, 295, BStBl II 1995, 225[]
  2. Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.05.2000 über Insolvenzverfahren, ABl.EG Nr. L 160/1[]
  3. vgl. bereits BFH-Entscheidung in BFHE 174, 295, BStBl II 1995, 225[]