Der Sicherungszessionar, dessen Forderung nach nochmaliger, an sich unwirksamer Abtretung gemäß §§ 408, 407 BGB erloschen ist und dessen dadurch entstandener Bereicherungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung wegen Wegfalls der Bereicherung des Bereicherungsschuldners nicht mehr durchsetzbar ist, hat gegen den Verwalter Anspruch auf Herausgabe des Erlangten.01.

Der Sicherungszessionarin (hier: der Hausbank) steht in diesem Fall kein Absonderungs- oder Ersatzabsonderungsrecht an den Beträgen zu, die der Insolvenzverwalter im Wege der Anfechtung zur Masse gezogen hat.
Nach § 48 InsO kann der Aussonderungsberechtigte, dessen Recht durch eine Verfügung des Schuldners oder des Verwalters vereitelt worden ist, die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht. Er kann die Gegenleistung aus der Masse verlangen, soweit sie dort noch unterscheidbar vorhanden ist. Auf Absonderungsrechte ist die Vorschrift des § 48 InsO entsprechend anwendbar1.
Die Hausbank, der die Werklohnforderungen zur Sicherheit abgetreten worden waren und die insoweit nicht auf ihre Rechte verzichtet hatte, stand ein Recht zu, welches gemäß § 51 Nr. 1 InsO nach der Eröffnung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt hätte. Mit der erneuten Abtretung dieser Forderungen durch die spätere Insolvenzschuldnerin an das Finanzamt, welches sie mit Wirkung auch gegenüber der Hausbank eingezogen hat, hat die Schuldnerin unberechtigt über sie verfügt. Die Abtretung war zwar mangels Verfügungsberechtigung der Schuldnerin zunächst unwirksam, während § 48 InsO eine wirksame Verfügung voraussetzt2. Die Zahlungen, welche die Drittschuldnerin an das Finanzamt geleistet hat, führten dann aber gemäß §§ 408, 407 Abs. 1 BGB zum Erlöschen der Forderungen auch mit Wirkung gegenüber der Hausbank.
Es fehlt jedoch an einer unterscheidbar in der Masse vorhandenen Gegenleistung, die Gegenstand einer Ersatzabsonderung sein könnte. Die Schuldnerin ist in Höhe der geleisteten Zahlungen von Steuerforderungen frei geworden. Ihre Verbindlichkeiten haben sich verringert. Damit mag sich der Wert ihres Vermögens erhöht haben. Eine Wertsurrogation sieht § 48 InsO aber gerade nicht vor3.
An dem Anfechtungsanspruch aus §§ 143, 129 ff InsO und dem hierbei erzielten Erlös hat die Hausbank keine Rechte erworben. Der Anfechtungsanspruch entsteht originär mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, stellt damit kein Surrogat des zuvor durch Zahlung erloschenen Absonderungsrechts der Hausbank dar.
Der Anspruch der Hausbank gegen den Insolvenzverwalter auf Zahlung von 127.519, 66 € nebst Zinsen folgt aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB, § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
Der Insolvenzverwalter hat die im Wege der Insolvenzanfechtung erlangten Beträge unmittelbar auf Kosten der Hausbank erlangt.
Bis zur Rückgewähr der 127.519, 66 € zur Masse stand der Hausbank gegen das Finanzamt ein Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB auf Herausgabe dieses Betrages zu. Das Finanzamt hatte die wegen der vorgehenden Sicherungszession nicht wirksam abgetretenen Werklohnforderungen, die das Los 2 betrafen, unberechtigt eingezogen. Gemäß § 408, 407 Abs. 1 BGB musste die Hausbank die Zahlungen gegen sich gelten lassen. Das Finanzamt hätte die erlangten Beträge deshalb an die Hausbank herausgeben müssen.
Dieser Anspruch der Hausbank gegen das Finanzamt ist durch dessen Zahlungen an den Insolvenzverwalter entfallen.
In welchem Verhältnis die Ansprüche des Sicherungszessionars aus § 816 Abs. 2 BGB und des Verwalters aus § 143 InsO zueinander stehen, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch bereits entschieden, dass der Verwalter nicht gemäß oder entsprechend § 166 Abs. 2 InsO berechtigt ist, den Anspruch des Sicherungszessionars aus § 816 Abs. 2 BGB geltend zu machen. Der Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB stellt kein Surrogat des durch Zahlung an einen nachrangigen Abtretungsempfänger erloschenen Anspruchs dar und gehört nicht zur Masse. Der Verwalter kann deshalb nur aus abgetretenem Recht des Sicherungszessionars oder als dessen Prozessstandschafter tätig werden4. Im Urteil vom 15.05.2003 hat der Bundesgerichtshof nicht angenommen, dass die Geltendmachung des Anspruchs aus § 816 Abs. 2 BGB aus abgeleitetem Recht des Sicherungszessionars bei bestehendem Anfechtungsrecht ausgeschlossen wäre. Das Bestehen eines Anfechtungsrechts hat er dahin gestellt sein lassen und einen Vorrang des Anfechtungsanspruchs nicht angenommen. In einem anderen Fall, in welchem eine zur Sicherheit abgetretene Forderung erneut abgetreten und durch Zahlung des Drittschuldners an den zweiten Abtretungsempfänger erloschen war, hat der Bundesgerichtshof einen Anfechtungsanspruch aus § 143 Abs. 1, §§ 129 ff InsO gegen diesen unabhängig vom Anspruch des Sicherungszessionars aus § 816 Abs. 2 BGB bejaht5. Danach bestehen beide Ansprüche unabhängig voneinander. Der Zahlungsempfänger, der keinen der beiden Ansprüche erfüllt hat, kann sich gegen eine Inanspruchnahme nicht mit dem Bestand des jeweils anderen Anspruchs verteidigen.
Ist der Zahlungsempfänger, wie hier das Finanzamt, aufgrund des Anfechtungsanspruchs auf Rückgewähr zur Masse in Anspruch genommen worden und hat er diesen Anspruch erfüllt, kann er sich gegenüber dem Anspruch des Sicherungszessionars, hier der Hausbank, gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen6. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Anfechtungsanspruch oder dem Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB der Vorrang gebührt7. Der Bereicherungsanspruch der Hausbank ist also mit der Zahlung an den Insolvenzverwalter erloschen.
Der Insolvenzverwalter hat die Zahlungen des Finanzamtes ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt aus § 143 Abs. 1, § 131 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr oder Wertersatz stellte im Verhältnis zur Hausbank keinen Rechtsgrund dar. Gegenüber Dritten begründet die Insolvenzanfechtung keinen rechtlichen Grund für das Behaltendürfen des Anfechtungsgegenstandes8.
Rechtsfolge des Anspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten. Da die streitgegenständlichen Beträge erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gelangt sind, stellt der Bereicherungsanspruch der Hausbank gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine Masseverbindlichkeit dar9. Gegen die Forderungsberechnung hat der Insolvenzverwalter keine Einwände mehr erhoben.
Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zum BGH-Urteil vom 29.09.201110. Auch in dem Fall, der dieser Entscheidung zugrunde lag, hatte die spätere Insolvenzschuldnerin eine bereits sicherungsabgetretene Werklohnforderung erfüllungshalber an eine Gläubigerin abgetreten, welche die Forderung einzog. Der Verwalter focht die Zahlung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO an. Der Bundesgerichtshof hat trotz der vorangegangenen Sicherungsabtretung eine Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO bejaht, weil die Sicherungszessionarin zwar gemäß § 51 Nr. 1, § 50 Abs. 1 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt sei, das Recht zur Einziehung oder anderweitigen Verwertung jedoch gemäß §166 Abs. 2 InsO dem Verwalter zustehe. Dieses Recht verkörpere einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert, welcher der Masse durch die Zahlung an die Gläubigerin entgangen sei. Dass die Leistungen des Drittschuldners an die Gläubigerin (hier: an das Finanzamt) trotz der vorangegangenen Sicherungszession anfechtbar waren, sagt jedoch nichts dazu, ob die Masse den zurückgewährten Betrag behalten darf oder aber an die Sicherungszessionarin auszukehren hat. Die Entscheidung ist teilweise zwar im erstgenannten Sinne verstanden worden11. Auch insoweit gilt jedoch, dass die Anfechtung als solche nur im Verhältnis der Insolvenzmasse zum Anfechtungsgegner einen Rechtsgrund darstellt, nicht gegenüber insoweit unbeteiligten Dritten12.
Ein Wertungswiderspruch folgt auch nicht daraus, dass das Absonderungsrecht der Hausbank dann, wenn die Schuldnerin die fraglichen Forderungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – wozu sie berechtigt gewesen wäre – selbst eingezogen hätte, ersatzlos erloschen wäre. So lag der Fall hier nicht. Hätten die Forderungen nach der Eröffnung noch bestanden, hätte die Hausbank ein Absonderungsrecht gehabt. So lag der Fall hier allerdings ebenfalls nicht. Die Schuldnerin hatte die Forderungen unberechtigt nochmals abgetreten, woraufhin sie unrechtmäßig eingezogen worden sind. Der Anspruch der Hausbank aus § 816 Abs. 2 BGB, der sich nach vollzogener Insolvenzanfechtung als Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB gegen die Masse fortsetzt, kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass in anderen Fallkonstellationen kein Anspruch oder ein Anspruch in anderer rechtlicher Ausgestaltung bestanden hätte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – IX ZR 171/14
- BGH, Urteil vom 19.01.2006 – IX ZR 154/03, ZIP 2006, 959 Rn. 16, 21 ff[↩]
- MünchKomm-InsO/Ganter, 3. Aufl., § 48 Rn. 43; Jaeger/Henckel, InsO, § 48 Rn. 40 f; HK-InsO/Lohmann, 7. Aufl., § 48 Rn. 7[↩]
- vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 3. Aufl., § 48 Rn. 5; Schmidt/Thole, InsO, 18. Aufl. § 48 Rn. 6[↩]
- BGH, Urteil vom 15.05.2003 – IX ZR 218/02, WM 2003, 1367, 1368; Beschluss vom 25.09.2003 – IX ZR 213/03, NZI 2004, 29; ebenso HK-InsO/Landfermann, 7. Aufl., § 166 Rn. 27; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, 14. Aufl., § 166 Rn. 29[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2011 – IX ZR 74/09, NZI 2011, 855[↩]
- HmbKomm-InsO/Büchler, 5. Aufl., § 166 Rn. 15 f[↩]
- aA Primozic/Schwab, NZI 2011, 927, 928; Freitag, NZI 2014, 862, 863[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2014 – IX ZR 282/13, WM 2014, 2189 Rn. 10 ff; vom 08.01.2015 – IX ZR 300/13, ZIP 2015, 485 Rn. 17 f; zur fehlenden dinglichen Wirkung vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., Vor §§ 129147 Rn. 39[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.01.2015 – IX ZR 258/12, WM 2015, 385 Rn. 16, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt[↩]
- BGH, Urteil vom 29.09.2011 – IX ZR 74/09, NZI 2011, 855[↩]
- vgl. etwa Habereder, EWiR 2012, 291, 292; Freitag, NZI 2014, 862; aA etwa Dahl, NJW-Spezial 2011, 758; iE auch Primozic/Schwab, NZI 2011, 927, 928[↩]
- vgl. auch BGH, Urteil vom 16.10.2014 – IX ZR 282/13, WM 2014, 2189 Rn. 12 ff[↩]