Wohnungseigentum – und die Beschlussfassung über Vorschüsse zur Kostentragung

Bei der Beschlussfassung über die Vorschüsse zur Kostentragung steht den Wohnungseigentümern sowohl hinsichtlich der einzustellenden Positionen als auch im Hinblick auf deren Höhe ein weites Ermessen zu. Anfechtbar kann der Beschluss allenfalls dann sein, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung evident ist, dass er zu weit überhöhten oder wesentlich zu niedrigen Vorschüssen führt.

Wohnungseigentum – und die Beschlussfassung über Vorschüsse zur Kostentragung

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte ein Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) geklagt. In einer Eigentümerversammlung im Juni 2022 wurden unter TOP 6 die Vorschüsse aus den Einzelwirtschaftsplänen für das Jahr 2022 beschlossen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der klagende Wohnungseigentümer mit seiner Anfechtungsklage, die in den Vorinstanzen vor dem Amtsgericht Düsseldorf1 und dem Landgericht Düsseldorf2 ohne Erfolg geblieben ist. Und der Bundesgerichtshof hat nun auch die vom Landgericht zugelassene Revision der klagende Wohnungseigentümer zurückgewiesen:

Gemäß § 28 Abs. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen aufgrundlage des von dem Verwalter für das Kalenderjahr aufgestellten Wirtschaftsplans. Hier enthält der Wirtschaftsplan sowohl eine Aufstellung der voraussichtlichen Kosten als auch die Zuführung zu der Erhaltungsrücklage.

Die der Beschlussfassung über die Vorschüsse zugrundeliegende Aufstellung der voraussichtlichen Kosten im Wirtschaftsplan ist nicht zu beanstanden.

Der Wirtschaftsplan enthält gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 WEG eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben3. Die daraus abgeleiteten Hausgeldzahlungen müssen es dem Verwalter ermöglichen, die voraussichtlich entstehenden Kosten zu begleichen4. Deswegen sind in dem Wirtschaftsplan alle Ausgaben anzusetzen, die entweder feststehen oder im kommenden Wirtschaftsjahr zu erwarten sind5.

Nach allgemeiner und zutreffender Ansicht steht den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung über die Vorschüsse zur Kostentragung sowohl hinsichtlich der einzustellenden Positionen als auch im Hinblick auf deren Höhe ein weites Ermessen zu6. Dies gilt nicht nur für die den Wirtschaftsplan ergänzende Sonderumlage7, sondern auch für den Wirtschaftsplan selbst8. Anfechtbar kann der Beschluss allenfalls dann sein, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung evident ist, dass er zu – 6 weit überhöhten oder wesentlich zu niedrigen Vorschüssen führt. Im Übrigen werden die Vorschüsse ohnehin durch den auf der Grundlage der Jahresabrechnung zu fassenden Beschluss an die tatsächliche Entwicklung angepasst.

Daran gemessen ist für den Bundesgerichtshof die der Beschlussfassung über die Vorschüsse zugrundeliegende Kostenaufstellung im Wirtschaftsplan nicht zu beanstanden.

Es begegnet keinen Bedenken, dass die Wohnungseigentümer für die Kosten der Anmietung der Fahrradgarage 1.500 € als voraussichtliche Ausgabe eingestellt haben. Ob der Vertrag – wie der klagende Wohnungseigentümer meint – nichtig ist, ist keine Frage, die im Rahmen der Anfechtung eines Beschlusses über die Vorschüsse zu klären ist. Bei der Aufstellung der voraussichtlichen Kosten haben die Wohnungseigentümer aus Gründen wirtschaftlicher Vorsicht grundsätzlich zu unterstellen, dass geschlossene Verträge wirksam sind.

Vor dem Hintergrund der fehlenden Verwalterbestellung für das Jahr 2021 und des erfolgten Verwalterwechsels ist es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Wohnungseigentümer eine Zusatzvergütung der neuen Verwalterin in Höhe von 3.000 € angenommen und in den Wirtschaftsplan eingestellt haben.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Position „Rechtsberatung/Kosten Gerichtsverfahren“ in Höhe von 12.000 €. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, dass die Beschlüsse zu TOP 4 und TOP 5, wonach eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Geltendmachung der Herausgabe von Unterlagen und der Rückforderung von Zusatzvergütungen beauftragt werden sollte, von dem Landgericht Düsseldorf aus formalen Gründen rechtskräftig für ungültig erklärt worden sind. Denn dies ändert nichts daran, dass die Wohnungseigentümer erwarten durften, es werde zu Rechtstreitigkeiten mit entsprechenden Kostenfolgen kommen.

Die Erhöhung der Ansätze für die Wasser- und Versicherungskosten liegt zweifelsfrei innerhalb des Entscheidungsermessens der Wohnungseigentümer.

Auch die im Wirtschaftsplan angesetzte Zuführung zur Erhaltungsrücklage von insgesamt 20.000 € ist nicht zu beanstanden. § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG gibt den Wohnungseigentümern auf, eine angemessene Erhaltungsrücklage anzusammeln. Anders als die Revision offenbar meint, ist hierfür nicht erforderlich, dass ein konkreter Reparaturbedarf besteht. Bei der Bestimmung der Höhe der Zuführung zur Erhaltungsrücklage haben die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen9. Warum dessen Grenzen überschritten sein sollten, ergibt sich aus dem Vorbringen der Revision nicht und ist für den Bundesgerichtshof auch sonst nicht ersichtlich.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. September 2025 – V ZR 108/24

  1. AG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2022 – 292a C 58/22[]
  2. LG Düsseldorf, Urteil vom 22.04.2024 – 25 S 129/22[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 20.05.2011 – V ZR 175/10, NJW-RR 2011, 1232 Rn. 13[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2013 – V ZR 271/12, NJW 2014, 145 Rn. 16; Urteil vom 25.09.2020 – V ZR 80/19, NZM 2020, 1114 Rn. 23[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 26/14, NJW 2015, 930 Rn. 26[]
  6. vgl. LG Hamburg, ZMR 2011, 996, 997; LG Rostock, ZWE 2021, 287 Rn. 61; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 28 Rn. 31; Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 21. Aufl., § 28 Rn. 34; BeckOK WEG/Bartholome [1.07.2025], § 28 Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 26/14, NJW 2015, 930 Rn. 26[]
  7. vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13.01.2012 – V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 Rn. 15[]
  8. vgl. LG München I, BeckRS 2012, 9947; BeckOK WEG/Bartholome [1.07.2025], § 28 Rn. 9[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 01.04.2011 – V ZR 96/10, NZM 2011, 515 Rn. 24; BeckOK WEG/Bartholome [1.07.2025], § 28 Rn. 9[]