Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Sachentscheidung des Gerichts und deshalb in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Beteiligten keine rechtliche Wirkung mehr entfalten kann1.

Dies ist hier der Fall: Die Antragsteller fechten die am 10.11.2010 durchgeführte Wahl der Schwerbehindertenvertretung an und beantragen, die Wahl für unwirksam zu erklären. Die vierjährige Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung hat jedoch gemäß § 94 Abs. 7 SGB IX am 30.11.2014 geendet. Damit ist das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung der Wahl entfallen, denn eine die Wahl für unwirksam erklärende gerichtliche Entscheidung könnte sich für die Beteiligten nicht mehr auswirken, da die erfolgreiche Anfechtung der Wahl nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 BetrVG nur für die Zukunft wirkt2.
Beschwerdebefugnis der Schwerbehindertenvertretung
Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung ist weder durch die Neuwahl der Schwerbehindertenvertretung noch durch einen möglichen Mandatsverlust des Verfahrensbevollmächtigten der Schwerbehindertenvertretung entfallen.
Die Schwerbehindertenvertretung ist rechtsbeschwerdebefugt. Dem steht nicht entgegen, dass die Schwerbehindertenvertretung am 18.11.2014 neu gewählt worden ist. Die Befugnis zur Fortführung einer Rechtsbeschwerde durch die Schwerbehindertenvertretung entfällt zwar mit dem Ende der Amtszeit3. Endet allerdings aufgrund einer turnusgemäßen Neuwahl das Amt einer Schwerbehindertenvertretung, wird nach dem Prinzip der Funktionsnachfolge und dem Grundgedanken der Kontinuität der Interessenvertretungen die neu gewählte Schwerbehindertenvertretung Funktionsnachfolgerin ihrer Vorgängerin und tritt automatisch in deren Rechtsstellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ein4.
Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung ist nicht dadurch berührt, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Schwerbehindertenvertretung am 9.03.2015 mitgeteilt hat, das Mandat sei beendet, und dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 01.03.2015 dargelegt hat, die Schwerbehindertenvertretung habe Rechtsanwalt B nach Kenntnisnahme seines Schriftsatzes vom 28.01.2015 die Vollmacht entzogen.
Nach § 92 Abs. 2 Satz 2 ArbGG gilt für die Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesarbeitsgericht § 11 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 ArbGG entsprechend. Danach können sich die Beteiligten auch vor dem Bundesarbeitsgericht selbst vertreten. Eine Ausnahme gilt nach § 94 Abs. 1 ArbGG nur für die Einlegung und die Begründung der Rechtsbeschwerde.
Danach ist die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung zulässig. Sie ist durch Rechtsanwalt B eingelegt und begründet worden. Dass Rechtsanwalt B zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht bevollmächtigt war, ist nicht ersichtlich. Nach den auch im Beschlussverfahren geltenden Vorschriften des § 81 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG ermächtigt die einmal erteilte Prozessvollmacht im Außenverhältnis – in den zeitlichen Grenzen des § 87 ZPO, zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln5. Beruht bereits die Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nicht auf einer wirksamen Beschlussfassung, ist der Rechtsanwalt nicht wirksam bevollmächtigt. Allerdings ist die ordnungsgemäße Erteilung der Anwaltsvollmacht nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 88 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nur auf Rüge eines Verfahrensbeteiligten zu prüfen. Eine solche Rüge ist nicht erhoben. Daher kann auch dahinstehen, ob die Schwerbehindertenvertretung ihrem Verfahrensbevollmächtigten das Mandat nach der Begründung der Rechtsbeschwerde entzogen hat. Es kommt auch nicht darauf an, dass Rechtsanwalt B im Anhörungstermin für die Schwerbehindertenvertretung aufgetreten ist, obwohl er möglicherweise nicht mehr mandatiert war. Über die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung war unabhängig von der anwaltlichen Vertretung der Schwerbehindertenvertretung und deren Erscheinen im Anhörungstermin zu entscheiden. Das gilt deshalb, weil eine mündliche Anhörung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vorgeschrieben ist6, weil ein Vertretungszwang in der mündlichen Anhörung nicht besteht (§ 92 Abs. 2 Satz 2, § 11 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 ArbGG) und weil der Pflicht zur Anhörung genügt ist, wenn ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt ausbleibt (§ 83 Abs. 4 Satz 2 ArbGG).
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18. März 2015 – 7 ABR 6/13
- BAG 13.03.1991 – 7 ABR 5/90, zu B der Gründe, BAGE 67, 316; 16.04.2008 – 7 ABR 4/07, Rn. 13[↩]
- vgl. für die Betriebsratswahl: BAG 13.03.1991 – 7 ABR 5/90, zu B der Gründe, BAGE 67, 316; 16.04.2008 – 7 ABR 4/07, Rn. 13; 27.07.2011 – 7 ABR 61/10, Rn. 32, BAGE 138, 377[↩]
- für den Betriebsrat: BAG 25.09.1996 – 1 ABR 25/96, zu B I der Gründe[↩]
- vgl. für den Betriebsrat: BAG 24.08.2011 – 7 ABR 8/10, Rn. 15, BAGE 139, 127; 13.05.2014 – 1 ABR 9/12, Rn. 14[↩]
- BAG 6.11.2013 – 7 ABR 84/11, Rn. 21[↩]
- vgl. etwa GK-ArbGG/Dörner Stand Dezember 2014 § 95 Rn. 6[↩]