Aufteilung unter den Kindern als zwangsweise Beendigung einer Betriebsaufspaltung

Die Gesamtplanrechtsprechung des BFH findet keine Anwendung, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst für die Übertragung von Wirtschaftsgütern in Einzelakten entscheidet und sich diese Schritte zur Erreichung des „Gesamtzieles“ als notwendig erweisen, auch wenn dem Ganzen ein vorab erstelltes Konzept zugrunde liegt und die Übertragungen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zueinander erfolgen. Sieht ein vorab erstelltes Konzept vor, dass Teile des vereinbarten Kaufpreises -oder gar der gesamte vereinbarte Betrag- unmittelbar als Schenkung von dem Veräußerer an den Erwerber zurückfließen, liegt in Höhe des zurückgeschenkten Betrags keine entgeltliche Übertragung vor. Bei einer „teilentgeltlichen Betriebsaufgabe“ sind die Grundsätze der sog. Einheitstheorie nicht anzuwenden.

Aufteilung unter den Kindern als zwangsweise Beendigung einer Betriebsaufspaltung

In einem solchen Fall liegt kein einheitlicher Betriebsübertragung i.S. des § 7 Abs. 1 EStDV vor. Die Grundstücksveräußerung hat zur Beendigung der bestehenden Betriebsaufspaltung und damit zu einer nach §§ 16 Abs. 3, 34 EStG begünstigten Betriebsaufgabe geführt.

Die Verpachtung der im Alleineigentum des Unternehmers „E“ stehenden Grundstücke an die von ihm beherrschte GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung war gewerblicher Natur. Die entsprechenden Voraussetzungen (hierzu allgemein z.B. BFH, Urteil vom 26.01.1989 – IV R 151/86, BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455; Schmidt/Wacker, EStG, 32. Aufl., § 15 Rz 808 ff., m.w.N.) in Gestalt personeller und sachlicher Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und der Betriebsgesellschaft, waren im Streitjahr bis zum 15.12 1997 gegeben.

Liegen die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung vor, ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung, sondern eine gewerbliche Betätigung. Zum Einzelunternehmen des E gehörten sowohl die der GmbH zur Nutzung überlassenen Grundstücke als notwendiges Betriebsvermögen als auch die ihm als Besitzunternehmer gehörenden Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft1.

Entfallen die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung, führt dies nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig zur Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG)) und damit zur Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens enthaltenen stillen Reserven2. Zu einer Betriebsaufgabe durch Beendigung der Betriebsaufspaltung kommt es bspw., wenn sämtliche vom Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft verpachteten Wirtschaftsgüter veräußert und infolgedessen fortan keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr überlassen werden. Das bisherige Betriebsvermögen wird dann, soweit es sich noch im Eigentum des Besitzunternehmers befindet, aus rechtlichen Gründen zu Privatvermögen. Letzteres gilt entgegen einer noch im Streitjahr -unter Berufung auf das BFH, Urteil vom 24.03.1959 – I 205/57 U3- in der Literatur vertretenen Ansicht4 auch für die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft5.

Bei Anwendung dieser Grundsätze führte die Veräußerung der Grundstücke im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums6 mit dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten am 15.12 1997 zur Beendigung der Betriebsaufspaltung und damit zur Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Von diesem Zeitpunkt an wurden von E keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr an die GmbH überlassen.

Die Geschäftsanteile an der GmbH blieben entgegen der Ansicht der Klägerin nicht bereits deshalb Betriebsvermögen, weil E neben der Verpachtung der Grundstücke auch ansonsten gewerblich tätig war. Denn das Finanzgericht hat für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FinanzgerichtO), dass die Werbe- und Marketingtätigkeit des E spätestens mit der Übertragung der Grundstücke beendet gewesen sei.

die beabsichtigte Übertragung der Anteile nur wenige Tage nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Grundstücken führte nicht zu ihrer fortbestehenden Verhaftung als Betriebsvermögen. Zwar hat der IV. Senat des BFH in der Entscheidung vom 20.01.2005 – IV R 14/037 -wie von der Klägerin geltend gemacht- Veräußerungen in einem Zeitraum von bis zu 19 Monaten als einen -für eine Betriebsaufgabe erforderlichen- einheitlichen Vorgang angesehen. In dem der Entscheidung in BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395 zugrunde liegenden Sachverhalt wurden bei gegebener Betriebsaufspaltung die der Betriebsgesellschaft überlassenen Grundstücke indes -anders als im Streitfall- nach und nach veräußert. Bis zur Veräußerung des letzten Grundstücks bestand dort die Betriebsaufspaltung deshalb fort. Demgegenüber war die Betriebsaufspaltung im Streitfall -wie vorstehend ausgeführt- mit der Veräußerung aller Grundstücke en bloc am 15.12 1997 beendet.

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Die GmbH-Anteile schließlich waren nicht unter dem Aspekt des „Restbetriebsvermögens“ weiter ertragsteuerlich verhaftet. Die bisherige BFH-Rechtsprechung ist zu anderen Konstellationen ergangen und daher nicht einschlägig.

Die Urteile vom 14.02.19788; vom 04.04.19899; und vom 30.01.200210 betreffen das weitere rechtliche Schicksal eines Geschäfts- oder Firmenwerts im Anschluss an eine Betriebsaufgabe und sind deshalb ohne Bedeutung für den Streitfall. In diesen Entscheidungen wird maßgeblich darauf abgestellt, dass ein Geschäfts- oder Firmenwert nicht „privatisierbar“, außerhalb eines Betriebsvermögens also nicht denkbar sei. Dies ist bei einer GmbH-Beteiligung -wie § 17 EStG deutlich zeigt- ersichtlich anders.

Im BFH, Urteil vom 01.08.200711 ist zwar vom „Restbetriebsvermögen“ die Rede. Dort ging es indes um einen Steuerberater, der seinen Mandantenstamm im Wesentlichen veräußerte und einige wenige Mandate zurückbehielt, seine Kanzlei also -wenn auch in einem erheblich verkleinerten Umfang- fortführte. Die Verwendung des Begriffs des „Restbetriebsvermögens“ diente dort letztlich dazu, die Bildung einer Ansparabschreibung nicht allein deshalb auszuschließen, weil der Steuerpflichtige „seinen Betrieb“ bereits tarifbegünstigt veräußert hatte.

Anders als bei den BFH, Urteilen vom 09.11.199912 und vom 04.12 201213, die einen „automatischen“ Übergang von Forderungen ins Privatvermögen im Fall einer Betriebsveräußerung verneinen und insoweit eine ausdrückliche Entnahme fordern, lag im Streitfall eine Betriebsaufspaltung vor. Der Wegfall deren tatbestandlicher Voraussetzungen ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine der Konstellationen, in denen die Aufgabehandlung durch einen Rechtsvorgang ersetzt wird. Kommt es aber ausnahmsweise auch ohne Aufgabehandlung zu einer Aufgabe des Betriebs, geht alles, was nicht veräußert wird, in diesem besonderen Fall „automatisch“ ins Privatvermögen über.

Die Rechtsfolgen der Betriebsaufgabe können nicht durch die Anwendung der Grundsätze der Gesamtplanrechtsprechung des BFH verhindert werden. Zu Unrecht ist das Finanzgericht im Streitfall deshalb von einer einheitlichen unentgeltlichen Betriebsübertragung i.S. des § 7 Abs. 1 EStDV ausgegangen.

Nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit ist der Einzelne prinzipiell frei, sowohl über den Abschluss als auch über die inhaltliche Gestaltung schuldrechtlicher Verträge eigenverantwortlich zu entscheiden14. Demgemäß ist auch -bis zur Grenze missbräuchlicher Gestaltungen (§ 42 AO))- die vertragliche Einigung von Angehörigen darüber, mehrere Vermögensgegenstände nicht insgesamt teilentgeltlich zu übertragen, sondern sie zum Teil zu fremdüblichen Bedingungen zu veräußern, zum anderen Teil hingegen zu verschenken, ertragsteuerrechtlich zu respektieren15. Ebenso obliegt es der Entscheidung des Steuerpflichtigen, eine betriebliche Einheit insgesamt oder die jeweiligen Wirtschaftsgüter einzeln zu übertragen.

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Ein Gesamtplan im Sinne der Rechtsprechung des BFH ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen, zielgerichteten Plans „künstlich“ zerlegt wird und den einzelnen Teilakten dabei nur insoweit Bedeutung zukommt, als sie die Erreichung des Endzustandes fördern16. Dementsprechend ist ein Gesamtplan zu verneinen, wenn wirtschaftliche Gründe für die einzelnen Teilschritte vorliegen und es dem Steuerpflichtigen gerade auf die Konsequenzen dieser Teilschritte ankommt; die Teilschritte haben insoweit eine eigenständige Funktion17. Der Gesamtplan ist somit von dem „Plan in Einzelakten“ zu unterscheiden. Letzterer ist auch dann kein Gesamtplan, wenn die Einzelakte auf einem vorab erstellten Konzept beruhen.

Im Streitfall handelt es sich um einen solchen „Plan in Einzelakten“.

E hat sich bewusst gegen die Übertragung seines Betriebs als Ganzes und vielmehr für die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern -zunächst der drei Grundstücke und nachfolgend der Geschäftsanteile- entschieden. Ausweislich des zugrunde liegenden Konzepts sollten die durch die Grundstücksübertragung realisierten stillen Reserven mit dem Verlust aus der Anteilsübertragung kompensiert werden. Entsprechend drang der Berater auf die strikte Einhaltung der Reihenfolge der einzelnen Schritte im Rahmen des aufgestellten Zeitplans.

Die vorherige Veräußerung der Grundstücke und die sich daran anschließende Verwendung des Verkaufserlöses als Kapitaleinlage in die GmbH waren unverzichtbare Teilschritte mit eigenständiger Funktion. Denn es kam den Vertragsparteien auf das wirtschaftliche Ergebnis der Grundstücksveräußerung und die Nutzung des Veräußerungserlöses gerade an. Die Verwendung des Veräußerungserlöses (teils als Zuführung in die Kapitalrücklage der GmbH mit der Folge nachträglicher Anschaffungskosten der Beteiligung, teils als Rückschenkung an die Erwerber, um diesen die für die weiteren Schritte erforderlichen finanziellen Mittel zu verschaffen) war ausdrücklich ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts.

Allein der Umstand, dass die Einzelwirtschaftsgüter in unmittelbarer zeitlicher Nähe zueinander übertragen wurden, führt noch nicht zu der vom Finanzgericht angenommenen -und von der Klägerin im Nachhinein gewünschten- Verklammerung zu einem einheitlich zu würdigenden Geschehen. Die Rechtsfigur des Gesamtplans erlaubt nicht, einen tatsächlichen Plan in Einzelakten aus lediglich steuerlichen Gründen als Gesamtplan zu erfassen. Vielmehr ist der regelmäßige Anwendungsbereich der Gesamtplanrechtsprechung dadurch gekennzeichnet, dass zu prüfen ist, ob eine steuerliche Vergünstigung zu versagen ist, wenn zwar formal deren Voraussetzungen erfüllt sind, dies aber nur durch künstliche, nämlich rein steuerlich motivierte Aufspaltung in Einzelakte erreicht wird.

Dies gilt insbesondere auch im Anwendungsbereich der §§ 16, 34 EStG. Die Gesamtplanrechtsprechung dient hier ausschließlich der Verwirklichung des Zwecks der Tarifbegünstigung nach §§ 16, 34 EStG, nämlich die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen18. Dementsprechend wird aufgrund der Gesamtplanrechtsprechung die Anwendung der Tarifbegünstigung nach §§ 16, 34 EStG versagt, wenn es deshalb nicht zu der zusammengeballten Realisierung kommt, weil kurz vor einer Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs wesentliche Betriebsgrundlagen ohne Aufdeckung der in ihnen ruhenden stillen Reserven übertragen werden19. Umgekehrt ist es hingegen nach diesem Urteil für die Gewährung der Tarifbegünstigung unschädlich, wenn zwar auf der Grundlage eines Gesamtplans eine wesentliche Betriebsgrundlage zu Buchwerten in einen anderen Teilbetrieb überführt, die darin enthaltenen stillen Reserven aber infolge des Gesamtplans gleichwohl in zeitlichem Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe des anderen Teilbetriebs realisiert werden. Die Gesamtplanrechtsprechung führt nach dem vorstehend genannten BFH, Urteil aber nicht dazu, dass die stillen Reserven der zuvor aus dem Teilbetrieb herausgelösten wesentlichen Betriebsgrundlage in die Tarifbegünstigung einbezogen werden. Insoweit bleibt es vielmehr bei dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt der Realisierung eines laufenden Gewinns20. Die im Bereich der §§ 16, 34 EStG vorzunehmende „Gesamtbetrachtung“ führt mithin von vornherein nicht zu der von dem Finanzgericht vorgenommenen „saldierenden Betrachtung“ der Einzelakte.

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Der Aufgabegewinn ist nach § 16 Abs. 3 Sätze 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 EStG zu ermitteln. Hiernach ist zunächst die Summe der Veräußerungserlöse der im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußerten Wirtschaftsgüter sowie der gemeine Wert der nicht veräußerten, in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter zu ermitteln; dieser Betrag ist dem Buchwert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe gegenüberzustellen. Der Unterschied zwischen diesen Werten -abzüglich etwaiger Aufgabe- und Veräußerungskosten- ergibt den Aufgabegewinn21.

Werden im Rahmen der Aufgabe des Betriebs einzelne Wirtschaftsgüter -wie im Streitfall die drei Grundstücke- teilentgeltlich veräußert, so führt dieser Vorgang insoweit zu einer vollständigen Realisierung der stillen Reserven: Soweit der Erwerber eine Gegenleistung erbracht hat, sind die stillen Reserven durch Veräußerung und im Übrigen durch Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG)) aufgedeckt worden22.

Die sog. Einheitstheorie kann bei einer „teilentgeltlichen Betriebsaufgabe“, wie sie im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall gegeben ist, keine Anwendung finden.

Die sog. Einheitstheorie ist für die teilentgeltliche (Teil-)Betriebsveräußerung entwickelt worden, um den Normenwiderstreit zwischen § 16 EStG und § 7 Abs. 1 EStDV (jetzt § 6 Abs. 3 EStG) aufzulösen, da diese prinzipiell in den Anwendungsbereich beider Vorschriften fällt23. Sie wird damit gerechtfertigt, dass bei der Veräußerung eines Betriebs oder einer betrieblichen Untereinheit alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen Erwerber übertragen werden und die betriebliche Einheit erhalten bleibt. Die steuerliche Verstrickung der stillen Reserven ist gesichert, da in Fällen der teilentgeltlichen Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs anerkannt ist, dass die sog. Einheitstheorie nicht nur für den Veräußerer, sondern auch für den Erwerber gilt24. Infolgedessen bleiben die aufgrund der Anwendung der sog. Einheitstheorie teilweise nicht realisierten stillen Reserven -wenn auch bei einem anderen Steuerpflichtigen- steuerverstrickt.

Diese lückenlose steuerliche Verstrickung der stillen Reserven kann die sog. Einheitstheorie demgegenüber im Falle einer teilentgeltlichen Betriebsaufgabe nicht gewährleisten. Folge einer Betriebsaufgabe ist die Beendigung der Zusammenfassung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen als einheitlicher Betrieb. Die einzelnen Wirtschaftsgüter gehen entweder ins Privatvermögen des Betriebsinhabers über oder werden an einen Erwerber veräußert, der diese Wirtschaftsgüter privat oder betrieblich nutzt. Bei einer möglichen Anwendung der sog. Einheitstheorie ist nicht in jedem Falle sichergestellt, dass die bei einer teilentgeltlichen Betriebsaufgabe insoweit (noch) nicht aufgedeckten stillen Reserven bei einem späteren Erwerber nachzuversteuern wären: Würden z.B. im Zuge einer Betriebsaufgabe Grundstücke teilentgeltlich auf einen Erwerber übertragen, der diese privat nutzt, müsste weder der Veräußerer sämtliche stillen Reserven versteuern noch käme es -vorbehaltlich des § 23 EStG- zu einer Nachversteuerung bei dem privaten Erwerber.

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Der fehlenden Anwendbarkeit der sog. Einheitstheorie im Falle einer unentgeltlichen Betriebsaufgabe steht nicht entgegen, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung deren Anwendbarkeit bei einer teilentgeltlichen (Teil-)Betriebsveräußerung auf den Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG gestützt hat und gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG die Aufgabe eines Gewerbebetriebs auch als Veräußerung gilt. Grund ist, dass § 16 Abs. 2 EStG bei einer Betriebsaufgabe nicht zum Tragen kommt, soweit § 16 Abs. 3 EStG -wie in den Sätzen 6 bis 8- eigenständige Regelungen enthält, wie der Aufgabegewinn zu berechnen ist.

Die teilentgeltliche Grundstücksübertragung führt auch nicht als teilentgeltliche Teilbetriebsveräußerung zur Anwendung der Einheitstheorie. Dabei kann der Bundesfinanzhof offenlassen, ob die Grundstücksvermietung überhaupt einen Teilbetrieb darstellte (hierzu vgl. z.B. BFH, Urteil vom 04.07.2007 – X R 49/06, BFHE 218, 316, BStBl II 2007, 772)). Eine Teilbetriebsveräußerung hätte indes vorausgesetzt, dass die -die Gewerblichkeit erst begründenden- GmbH-Anteile zusammen mit den Grundstücken veräußert worden wären25.

Dem stehen die BFH-Urteile vom 21.06.201226; und vom 19.09.201227 nicht entgegen, da sie zu spezifischen Fragestellungen bei der teilentgeltlichen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern im Rahmen (fortbestehender) Mitunternehmerschaften ergangen sind. Hiermit ist der vorliegende Fall einer teilentgeltlichen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht vergleichbar.

Im Streitfall ist die Übertragung der Grundstücke bereits deshalb nur teilentgeltlich, weil der von den Parteien formal vereinbarte Kaufpreis von 3 Mio. DM aufgrund der von Anfang an geplanten teilweisen Rückschenkung im Ergebnis mit 2,4 Mio. DM anzusetzen ist.

Anschaffungskosten eines Erwerbers als Gegenstück zum Veräußerungserlös des Veräußerers setzen Aufwendungen voraus, die tatsächlich eine Veränderung der Rechtslage bewirkt haben und nicht der privaten Lebensführung zuzuordnen sind28. Nach Sinn und Zweck des steuerrechtlichen Begriffs der Anschaffungskosten ist weniger auf die formalen Erklärungen als auf den mit ihnen bewirkten wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen29. Dies gilt insbesondere dann, wenn die formalen Erklärungen ein Bündel von Willenserklärungen sind, die auf ganz oder teilweise einander widersprechende gegenläufige Rechtsfolgen abzielen und sich insoweit in ihrer Wirkung aufheben30. Deshalb liegen beispielsweise keine Anschaffungskosten und korrespondierend kein Veräußerungserlös vor, wenn

  • der Veräußerer aus privaten Gründen auf die Entrichtung des Entgelts verzichtet hat31,
  • eine Geldzahlung wieder an den Berechtigten zurückfließt32,
  • bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrages zwischen Angehörigen zugleich die (Rück-)Schenkung des Kaufpreises vereinbart ist33.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Verträge zwischen nahen Angehörigen ertragsteuerrechtlich nur maßgeblich, wenn die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihre Gestaltung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und sie auch tatsächlich durchgeführt werden17. Entscheidend ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen dieser Punkte je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dementsprechend schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus34. Allerdings sind an den Nachweis, dass es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handelt, um so strengere Maßstäbe anzulegen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung deuten35.

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Ergibt die Überprüfung der getroffenen Vereinbarungen die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung, so ist darin im Allgemeinen auch bei nahestehenden Personen ein Indiz für die Abwägung der Leistungen nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu erblicken, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die eine solche Annahme ausschließen36. Stehen Leistung und Gegenleistung nach objektiven Kriterien in einem erkennbaren Missverhältnis, spricht bei Verträgen unter nahen Angehörigen eine Vermutung für die Teilentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts37. Andererseits ist es -auch für die Annahme eines voll entgeltlichen Geschäfts- nicht erforderlich, dass Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind. Eine annähernde Übereinstimmung der Wertverhältnisse genügt, wenn sich die Vertragsbeteiligten subjektiv vom Gedanken des entgeltlichen Leistungsaustausches leiten ließen38.

Die im Anschluss an die Betriebsaufgabe vorgenommene Geschäftsanteilsübertragung war unentgeltlich und konnte daher weder zu einer Gewinnrealisierung nach § 17 EStG noch zu einem einkommensteuerrechtlich relevanten Verlust führen. Da die GmbH-Anteile mit Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung am 15.12 1997 zwangsläufig Privatvermögen des E geworden waren, beurteilt sich die am 29.12 1997 vorgenommene Anteilsübertragung nach § 17 EStG.

Bei dem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag kann nicht von einem entgeltlichen –oder wenigstens teilentgeltlichen– Vorgang ausgegangen werden, da der gesamte formal vereinbarte Kaufpreis –wie von den Parteien von Anfang an geplant– noch am Tag der Zahlung an die Söhne in voller Höhe zurückgeflossen ist. Wirtschaftlich betrachtet ist dies als ein einheitlicher Vorgang anzusehen, so dass die formal als Kaufpreiszahlung bezeichnete, nur als kurzfristig gewollte Vermögensverschiebung neutralisiert wird. Zu der beabsichtigten (weiteren) Verlustrealisation konnte es infolge der voll unentgeltlichen Übertragung deshalb nicht kommen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Oktober 2013 – X R 14/11

  1. vgl. BFH, Urteile vom 14.09.1999 – III R 47/98, BFHE 190, 315, BStBl II 2000, 255, unter II. 1.; vom 21.06.2001 – III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II 2002, 537, unter II.A.02.[]
  2. z.B. BFH, Urteil vom 25.08.1993 – XI R 6/93, BFHE 172, 91, BStBl II 1994, 23, m.w.N.[]
  3. BFHE 69, 72, BStBl III 1959, 289[]
  4. z.B. Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, 7. Aufl., Teil G 26 u. 55; zum damaligen Meinungsstand vgl. Patt, DStR 1997, 807[]
  5. so nunmehr fast allg. Meinung: vgl. BFH, Entscheidung vom 22.09.1999 – X B 47/99, BFH/NV 2000, 559; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 865; Gluth in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 838; Blümich/Bode, § 15 EStG Rz 647; Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15 Rz 115; Bitz in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 15 Rz 420; Patt, DStR 1997, 807; a.A. Söffing/Micker, Die Betriebsaufspaltung, 5. Aufl., Rz 1669[]
  6. vgl. hierzu BFH, Urteil vom 15.03.2005 – X R 2/02, BFH/NV 2005, 1292[]
  7. BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395[]
  8. BFH, Urteil vom 14.02.1978 – VIII R 158/73, BFHE 124, 447, BStBl II 1979, 99[]
  9. BFH, Urteil vom 04.04.1989 – X R 49/87, BFHE 156, 214, BStBl II 1989, 606[]
  10. BFH, Urteil vom 30.01.2002 – X R 56/99, BFHE 197, 535, BStBl II 2002, 387[]
  11. BFH, Urteil vom 01.08.2007 – XI R 47/06, BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106[]
  12. BFH, Urteil vom 09.11.1999 – II R 45/97, BFH/NV 2000, 686[]
  13. BFH, Urteil vom 04.12.2012 – VIII R 41/09, BFHE 239, 437[]
  14. vgl. Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl., Einf vor § 145 Rz 7[]
  15. BFH, Urteil vom 06.12 2000 – VIII R 21/00, BFHE 194, 97, BStBl II 2003, 194[]
  16. BFH, Urteil vom 09.11.2011 – X R 60/09, BFHE 236, 29, BStBl II 2012, 638, unter II. 2.d aa, m.w.N.[]
  17. BFH, Urteil in BFHE 236, 29, BStBl II 2012, 638, m.w.N.[][]
  18. BFH, Urteil in BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395, unter 3.b[]
  19. BFH, Urteil in BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395[]
  20. vgl. BFH, Urteil in BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395, unter 3.b[]
  21. z.B. BFH, Urteile vom 02.02.1990 – III R 173/86, BFHE 159, 505, BStBl II 1990, 497; vom 10.09.1991 – VIII R 26/87, BFH/NV 1992, 232[]
  22. vgl. BFH, Urteil vom 29.10.1991 – VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, unter III.; BFH, Beschluss vom 04.04.2006 – IV B 12/05, BFH/NV 2006, 1460; siehe auch den Vorlagebeschluss vom 10.04.2013 – I R 80/12, BFHE 241, 483, Rz 22; Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 Rz 76 a.E.[]
  23. vgl. hierzu auch BFH, Urteile vom 10.07.1986 – IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811; und vom 18.09.2013 – X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006[]
  24. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 39, m.w.N.[]
  25. vgl. BFH, Urteile in BFHE 218, 316, BStBl II 2007, 772; und vom 04.07.2007 – X R 44/03, BFH/NV 2007, 2093[]
  26. BFH, Urteil vom 21.06.2012 – IV R 1/08, BFHE 237, 503[]
  27. BFH, Urteil vom 19.09.2012 – IV R 11/12 ((BFHE 239, 76[]
  28. vgl. BFH, Urteil vom 22.04.1998 – X R 163/94, BFH/NV 1999, 24[]
  29. z.B. BFH, Urteil vom 13.10.1993 – X R 86/89, BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451[]
  30. vgl. BFH, Urteile in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451; vom 16.03.1988 – X R 27/86, BFHE 153, 46, BStBl II 1988, 629 zu § 42 AO []
  31. BFH, Urteile in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451; vom 20.12 1990 – XI R 4/86, BFH/NV 1991, 384; vom 30.01.1991 – XI R 6/84, BFH/NV 1991, 453[]
  32. BFH, Urteil vom 26.06.1991 – XI R 5/85, BFH/NV 1992, 24[]
  33. BFH, Urteil vom 27.10.2005 – IX R 76/03, BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359[]
  34. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34[]
  35. z.B. BFH, Urteil vom 07.05.1996 – IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196[]
  36. BFH, Urteil vom 24.10.1978 – VIII R 172/75, BFHE 126, 282, BStBl II 1979, 135[]
  37. vgl. BFH, Urteil vom 07.03.1995 – VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693, unter II. 2.b[]
  38. BFH, Beschluss vom 31.05.2005 – VIII B 67/96, BFH/NV 2005, 2178, m.w.N.[]
Weiterlesen:
Der auch für die selbständige Nebentätigkeit genutzte Dienstwagen