Die Frage der Angemessenheit der Aufwendungen richtet sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 NBhVO ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der zahnärztlichen Gebührenordnung. Beihilfefähig ist nach alledem eine Rechnung auf der Basis einer zutreffenden Auslegung des Gebührenrechts. Es gibt grundsätzlich keine unterschiedliche Angemessenheit hinsichtlich des Honoraranspruchs einerseits und der Beihilfefähigkeit andererseits. Angemessen sind regelmäßig die nach § 5 GOZ vom Zahnarzt rechtmäßigerweise anzusetzenden Gebühren.

Nach § 5 Abs. 2 GOZ bildet der 2, 3fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien (Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung) dies rechtfertigen.
Allerdings bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 4 NBhVO, dass Aufwendungen, die auf einer Überschreitung des Schwellenwertes des Gebührenrahmens beruhen, nur dann angemessen sind, wenn patientenbezogene Besonderheiten, die eine Ausnahme darstellen, vorliegen.
Das vVerwaltungsgericht Hannover sieht darin keine über § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 NBhVO hinausgehende Einschränkung der Beihilfefähigkeit (eine derartige Regelung dürfte im Hinblick auf die gegenüber dem einzelnen Beamten bestehende Fürsorgepflicht auch rechtlich sehr bedenklich sein). Denn die bei der zahnärztlichen Versorgung über den Durchschnitt hinausgehenden Schwierigkeiten und ein dadurch bedingter erhöhter Zeitaufwand kann seine Ursache nur in patientenbezogenen Umständen haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass die GOZ auch dann der Zahnarzt ein erhöhtes Honorar zubilligen wollte, wenn die Schwierigkeiten bzw. der erhöhte Zeitaufwand auf Umstände zurückzuführen sind, die etwa in seinen unter den Durchschnitt liegenden ärztlichen Fähigkeiten oder seiner mangelhaften technischen Ausstattung zu suchen sind.
Für die Entscheidung, ob nach den Maßstäben des Beihilferechts Aufwendungen für ärztliche Leistungen angemessen sind, ist die Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts durch die Zivilgerichte maßgebend1. Die Entscheidung der Beihilfestelle, ob die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, ist keine Ermessensentscheidung und unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle2.
Zwar hat in dem hier zu entscheidenden Fall bislang kein Zivilgericht die Rechtsfrage geklärt, ob die Zahnärzte der Klägerin ihre ärztlichen Leistungen hinsichtlich der streitigen Gebührenziffern mit dem 2, 3fachen oder abrechnen oder den Schwellenwert überschreiten durften. Der Bundesgerichtshof hat aber in seinem Urteil vom 08.11.20073 die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Arzt persönlich-ärztliche Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne des 2, 3fachen des Gebührensatzes abrechnen darf. Er hat abschließend in Auseinandersetzung mit der zivilgerichtlichen Judikatur und auch der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung der Abrechnungspraxis ärztlicher Gebühren festgestellt, dass es nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen ist, wenn persönlich-ärztliche Leistungen, die sich in einem Bereich durchschnittlicher Schwierigkeiten und einem durchschnittlichen Zeitaufwand befinden sowie nicht durch Erschwernisse gekennzeichnet sind, zum Schwellenwert von 2, 3 abgerechnet werden4.
Ist demnach zivilgerichtlich festgestellt, dass ein Arzt ohne Begründung seine Leistung mit dem 2, 3fachen Gebührenwert abrechnen darf, wenn die Behandlung mit durchschnittlichen Schwierigkeiten und durchschnittlichem Zeitaufwand ohne Erschwernisse verbunden war5, folgt daraus auch für das Beihilferecht, dass der Arzt den Schwellenwert des 2, 3fachen Gebührenwertes dann überschreiten kann, wenn er überdurchschnittliche Schwierigkeiten und einen überdurchschnittlichen Zeitaufwand der Leistungen und überdurchschnittlich schwierige Umstände der Ausführung schriftlich begründet6.
Allerdings muss die Begründung überdurchschnittlicher Schwierigkeiten ie in § 5 Abs. 2 Satz 4 letzter Halbsatz GOZ genannten Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien eindeutig aufzeigen. Die Überschreitung des 2, 3fachen Gebührensatzes setzt nämlich nach dieser Vorschrift voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sind. Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegender Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei der Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung als eine das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde. Diese Betrachtungsweise ergibt sich aus der Gegenüberstellung der „in der Regel“ einzuhaltenden Spanne zwischen dem einfachen Gebührensatz und dem Schwellenwert einerseits mit dem zulässigen Überschreiten dieses Wertes wegen Besonderheiten der Bemessungskriterien andererseits (§ 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ) sowie aus der Anordnung einer schriftlichen Begründung des Überschreitens des Schwellenwertes, die auf Verlangen näher zu erläutern ist (§ 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOZ). Für eine nähere Erläuterung ist sinnvoll nur Raum, wenn Besonderheiten gerade des vorliegenden Einzelfalles darzustellen sind; könnte schon eine bestimmte; vom Einzelfall unabhängige Art der Ausführung der im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, so wäre dies mit einem kurzen Hinweis auf die angewandte Ausführungsart abschließend dargelegt6.
Zwar verkennt das Verwaltungsgericht Hannover nach eigenem Bekunden nicht, dass in der Vergangenheit verschiedentlich von einigen Beihilfe gewährenden Stellen unzumutbar hohe Anforderungen an die Begründung der Schwellenwertüberschreitung gestellt wurden. Es kann nicht angehen, dass der Arzt bzw. Zahnarzt für die Begründung der Schwellenwertüberschreitung mehr Zeit aufwenden muss als für die eigentliche Behandlung, zumal es sich oft nur um relativ geringe Beträge handelt. Ausführliche ärztliche Berichte oder gar Gutachten können nicht verlangt werden. Allerdings muss sich aus der gegebenen Begründung andererseits aber auch nachvollziehbar entnehmen lassen, weshalb bei dem Patienten nun eine überdurchschnittliche Erschwernis vorlag.
Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 10. Juni 2014 – 13 A 8167/13
- Nds. OVG, Urteil vom 05.04.2011 – 5 LB 231/10[↩]
- vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom v.19.01.2011 – 2 B 64.10; Urteil vom 16.12.2009 – 2 C 79.08, NVwZ-RR 2010, 365; Urteil vom 28.10.2004 – 2 C 34.03, ZBR 2005, 169[↩]
- BGH, Urteil vom 08.11.2007 – III ZR 54/07, BGHZ 174, 101[↩]
- Nds. OVG, a.a.O unter Hinweis auf BGH, a. a. O.[↩]
- vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.01.2011 – 2 B 70.10,; und Beschluss vom 5.01.2011 – 2 B 55.10[↩]
- Nds. OVG, a.a.O.[↩][↩]