Der auf Rückzahlung des – in einer nach § 307 BGB unwirksamen Bankklausel – vereinbarten Bearbeitungsentgelts für einen Darlehensvertrag aus dem Jahr 2008 gerichtete Bereicherungsanspruch war im Jahr 2013 noch nicht verjährt.

Den Bankkundenn steht hinsichtlich des an die Bank bezahlten Bearbeitsentgelts ein Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB zu. Der Darlehensvertrag ist bezüglich des Bearbeitungsentgelts gemäß § 307 BGB unwirksam. Die Parteien haben einen Verbraucherkreditvertrag abgeschlossen, die Vereinbarung des Bearbeitungsentgelts ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB, weil es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingung handelt, welche die Bank den Bankkundenn vorgegeben hat.
Daran ändert nichts die Tatsache, dass hier das Bearbeitungsentgelt nicht prozentual in den Vertragsbedingungen, in einem Preisverzeichnis oder einem Aushang vorgesehen ist, wie dies in den einschlägigen obergerichtlichen Entscheidungen der Fall war, sondern das Bearbeitungsentgelt im Darlehensvertrag als Betrag ausgerechnet enthalten ist. Denn auch in diesem Fall ist das Bearbeitungsentgelt eine vorformulierte, von der Bank vorgegebene Klausel. Die Bank verwendet derartige Klauseln regelmäßig. Entscheidend ist dabei, dass die Bank üblicherweise einen anteiligen Betrag von der Darlehenssumme als Bearbeitungsentgelt vorschreibt. Dass dieser Betrag und auch der Anteil nicht in allen Verträgen gleich ist, steht einer vorgegebenen Vertragsbedingung nicht entgegen, weil über das Bearbeitungsentgelt zwischen den Parteien weder dem Grunde noch der Höhe nach verhandelt wurde. Die Bank hat jenes einseitig vorgegeben.
Das von der Bank vorgegebene Bearbeitungsentgelt ist eine sogenannte Preisnebenabsprache, die der Inhaltskontrolle des § 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB nicht Stand hält. Das Landgericht Stuttgart folgt insoweit den überzeugenden Rechtsausführungen des Landgerichts Bonn1 und von Schmieder2.
Das Landgericht Bonn3 führt folgendes aus: Nach § 307 Abs. 3 BGB sind zwar nur solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB kontrollfähig, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Die Rechtsprechung unterscheidet insofern zwischen ‚Preisabreden’ und ‚Preisnebenabreden’. Kontrollfreie Preisabreden sind Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung und Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung. Regelungen, die kein Entgelt für erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse, stellen kontrollfähige Abweichungen von Rechtsvorschriften und damit der AGB-Kontrolle unterworfene Preisnebenabreden dar4. Ob eine Klausel eine kontrollfreie Preisabrede oder aber eine kontrollfähige Preisnebenabrede enthält, ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln5. Die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) ergibt, dass es sich bei dem hier streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelt um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handelt. Das von der Bank verlangte Bearbeitungsentgelt hat keinen zinsähnlichen Charakter, sondern bepreist Leistungen, die von ihr als Kreditinstitut ohnehin zu erbringen sind.
Leistung und Gegenleistung des Darlehensvertrages sind in § 488 BGB geregelt. Hauptpflicht des Darlehensgebers ist es, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in vereinbarter Höhe zur Verfügung zu stellen; im Gegenzug ist der Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Entgelt für die Gewährung eines Darlehens ist somit der vom Schuldner zu zahlende Zins6. Der Zinsbegriff des § 488 BGB entspricht dabei demjenigen des § 246 BGB7. Zinsen im Rechtssinn sind gewinnunabhängige und umsatzunabhängige, aber von der Laufzeit bestimmte geldliche Vergütungen für den Gebrauch eines überlassenen Kapitals8. Bei dem hier vereinbarten Bearbeitungsentgelt handelt es sich nicht um einen solchen laufzeitabhängigen Zins im Sinne des § 488 Abs. 1 BGB.
Dies folgt zwar nicht allein schon daraus, dass das Bearbeitungsentgelt als anfängliches Einmalentgelt verlangt wird und nicht ratierlich – wie ein Zins – anfällt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges grundsätzlich frei und er kann seine Leistung zu einem Pauschalpreis anbieten oder aber in mehrere Preisbestandteile aufteilen9. Dementsprechend ist auch anerkannt, dass der Darlehensgeber neben dem Zins ein Disagio als Teilentgelt für die zeitweilige Kapitalüberlassung erheben kann, das als Bestandteil der laufzeitabhängigen Zinskalkulation verstanden wird10. Das hier gegenständliche Bearbeitungsentgelt enthält indessen kein solches zinsähnliches Teilentgelt. Der Auffassung der Bank, das Bearbeitungsentgelt sei wie ein Disagio als Teil der Gegenleistung für die Überlassung des Geldes an den Darlehensnehmer zu verstehen, das heißt als ein einmaliges Entgelt, das zu Beginn des Vertragsverhältnisses zu bezahlen ist, vermag das Landgericht Stuttgart nicht zu folgen.
In der Entscheidung vom 29.05.199011 stellt der Bundesgerichtshof darauf ab, dass sich Funktion und Rechtsqualität des Disagios in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich verändert hätten. Während ein Disagio früher in aller Regel der Abgeltung der mit der Kreditbeschaffung und ‑gewährung zusammenhängenden Aufwendungen gedient und somit die laufzeitunabhängigen Kosten des Darlehensgebers zu decken gehabt habe, sei es heute weitgehend zu einem integralen Bestandteil der – laufzeitabhängigen – Zinskalkulation geworden. Angesichts dessen sei das Disagio als laufzeitabhängiger Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzins anzusehen und könne daher bei vorzeitiger Vertragsbeendigung anteilig zurückverlangt werden11. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung eine Vertragsauslegung nicht gebilligt, nach der ein Disagio im Regelfall dem Darlehensgeber unabhängig von Laufzeit und Durchführung des Vertrags endgültig verbleiben soll, wenn die Vereinbarung keine ausdrückliche Rückzahlungsregelung für den Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung enthalte und das Disagio der Höhe nach die bei etwa 10% anzusetzende Grenze des Marktüblichen nicht überschreite11
Zudem konnten die Bankkunden – anders als bei einem Disagio, wo der Kunde die Wahl hat, ob er ein Darlehen mit demselben Nennbetrag entweder mit einem geringen Disagio, aber höheren Zinsen oder mit einem höheren Disagio, aber niedrigeren Zinsen aufnehmen will – hier keine freie Entscheidung treffen. Die Bank hat den Bankkundenn das Bearbeitungsentgelt allein auf Grundlage des Kreditnennbetrages berechnet, ohne diesen eine Wahlmöglichkeit bezüglich der Höhe des Zinssatzes einzuräumen. Einen zinsähnlichen Charakter – wie das Disagio – weist das Bearbeitungsentgelt auch deshalb gerade nicht auf.
Im Übrigen könnte die Klausel selbst dann, wenn man zugunsten der Bank davon ausginge, durch das Bearbeitungsentgelt werde die Kapitalnutzung anteilig mitvergütet, nicht als kontrollfreie Preisabrede eingeordnet werden. Lässt eine Klausel mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, ist nach Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB für die Auslegung davon auszugehen, dass die Bearbeitungsgebühr der Abgeltung eines einmaligen Verwaltungsaufwandes diente und keine Entgeltfunktion aufweist12.
Bei der Bearbeitungsgebühr handelt es sich auch nicht um ein Entgelt für eine neben die Kapitalbelassung tretende, rechtlich selbstständige Leistung. Denn die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme – wofür das Bearbeitungsentgelt nach sachgerechter Auslegung verlangt wird – dient der Erfüllung der gesetzlichen Hauptleistungspflicht aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist damit nicht gesondert vergütungsfähig13.
Die Vereinbarung des Bearbeitungsentgelts benachteiligt die Bankkunden unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB14. Wie bereits ausgeführt, kann nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Kreditinstitut als Entgelt für die Darlehensgewährung ausschließlich den laufzeitabhängig bemessenen Zins beanspruchen, den es zur Deckung anfallender Kosten zu verwenden hat. Nicht aber kann ein gesondertes Entgelt für den im eigenen Interesse und in Erfüllung gesetzlicher Pflichten angefallenen Bearbeitungsaufwand verlangt werden. Die unangemessene Benachteiligung wird daher durch den gegebenen Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung indiziert15.
Gründe, die die Klausel gleichwohl nicht als unangemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Denn der durch die Bearbeitungsgebühr abzugeltende Aufwand der Bank stellt keine Dienstleistung gegenüber dem Kunden dar, sondern dient vielmehr vordringlich der Wahrung eigener Interessen der Bank. Die Bank ist zu dem von ihr betriebenen Aufwand – der Darlehensauszahlung – gesetzlich verpflichtet.
Ein Recht der Bank auf Erhebung einer Bearbeitungsgebühr lässt sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) herleiten. Es kann dahinstehen, ob hier eine ergänzende Vertragsauslegung deswegen in Betracht kommt, weil sich die mit dem Wegfall der unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge einseitig zugunsten des Kunden verschiebt. Die ergänzende Vertragsauslegung scheitert im vorliegenden Fall jedenfalls daran, dass nicht feststeht, was die Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass die von der Bank vorgegebene Bearbeitungsgebühr unwirksam ist. Denn kann eine Regelungslücke in verschiedener Weise geschlossen werden und bestehen keine Anhaltspunkte dafür, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten, ist eine ergänzende Vertragsauslegung ausgeschlossen16.“
Diesen Ausführungen des Landgerichts Bonn, die sich ohne Weiteres auf den hier zu entscheidenden Rechtsstreit übertragen lassen, schließt sich das Landgericht Stuttgart an. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Bank hier vorträgt, das Bearbeitungsentgelt sei eine angemessene Gegenleistung für die von ihr vorgenommene Bonitätsprüfung der Bankkunden. Dabei handelt es sich nämlich um eine eigene Aufgabe der Bank, welche sie jedenfalls überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Die Kammer sieht deswegen auch keinen Anlass, hier der abweichenden Rechtsprechung des Landgerichts München I17 zu folgen. Die Bank will sich mit dem Bearbeitungsentgelt nicht die Hingabe des Darlehens als Hauptleistung vergüten lassen, sondern ihre als eigene Nebenleistung „angebotene“ Bonitätsprüfung. Schon deswegen kann die Gegenleistung nicht als Hauptpreisabrede qualifiziert werden. Zu Recht weist das Landgericht München I zudem darauf hin, dass die Bank „auch direkt einen höheren Nominalzinssatz in Ansatz [hätte] bringen können und die Bearbeitungsgebühren einpreisen“. Eben das wollte aber hier die Bank nicht. Sie hat ihre Gegenleistung in zwei Teile gespalten, in einen niedrigeren (für die Kunden ins Auge springenden) Zinssatz und daneben das Bearbeitungsentgelt. Anders als die Berufungskammer in München mag das erkennende Gericht darin nicht deswegen eine Hauptpreisabsprache sehen, weil das Bearbeitungsentgelt von der Bank der früheren Rechtsprechung folgend nicht mehr prozentual, sondern als ausgerechneter Betrag ausgewiesen ist. Eine Aufspaltung des Preises durch die Bank ist nicht unzulässig, sie darf neben den Zinsen grundsätzlich auch „Kosten“ als Gegenleistung ersetzt verlangen. Sie muss nach dem Willen des Gesetzgebers aber hinnehmen, dass diese daneben verlangte und nicht ausgehandelte Zahlungsverpflichtung des Kunden der AGB-Kontrolle unterliegt. Daran ändert auch die Argumentation in der Hinweisverfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth nichts.
Der Anspruch der Bankkunden ist nicht gem. §§ 195, 199 BGB verjährt.
Auszugehen ist von einer dreijährigen Verjährungsfrist ab Ende des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und zusätzlich die Voraussetzungen des § 195 Abs.1 Nr.2 BGB vorlagen. Die Verjährungsfrist begann nicht vor 2011 zu laufen, so dass die 2013 erhobene Klage die Verjährung gem. § 204 Abs.1 Nr.1 BGB hemmte.
Da die Verpflichtung des Kreditnehmers zur Zahlung des Bearbeitungsentgelts im Zeitpunkt der Kreditauszahlung sofort fällig und sogleich im Verrechnungswege erfüllt wird, ist auch der Bereicherungsanspruch der Bankkunden zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang entstanden. Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB verfolgt, hat aber nur dann Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Der Verjährungsbeginn setzt zwar grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist deswegen in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Die Rechtsunkenntnis des Gläubigers kann aber den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn18.
Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit wussten die Bankkunden zwar, dass ihnen das Bearbeitungsentgelt von der Bank einseitig und ohne konkrete Gegenleistung vorgegeben war. Für die Bankkunden und auch einen spezialisierten, sie beratenden Rechtsanwalt war aber damals in der unsicheren und zweifelhaften, von divergierenden Meinungen und Entscheidungen geprägten Rechtlage nicht erkennbar, dass sich im Laufe der Jahre 2010 und 2011 eine obergerichtliche Rechtsprechung herauskristallisieren würde, welche das Bearbeitungsentgelt – anders als das Disagio – als eine unwirksame Preisnebenabsprache einordnen würde. Erst die Veröffentlichungen im Jahr 2011 gaben im Sinne von § 199 Abs.1 Nr.2 BGB Anlass, von einer unwirksamen Vereinbarung und damit von einem Bereicherungsanspruch auszugehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof in den vergangenen Jahren immer wieder Bankklauseln für unwirksam erklärt hat. Diese unwirksamen Bankklauseln betreffen nicht das hier streitige Bearbeitungsentgelt und sie stehen mit jenem auch nicht in einem engen Zusammenhang. Eine dahingehende Entwicklung, dass die das Bearbeitungsentgelt betreffende Klausel für unwirksam erklärt werden würde, war bis zum Jahr 2010 nicht zu erkennen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der immer wieder zitierten, nicht rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Mönchengladbach19. Auch diese Entscheidung erkennt grundsätzlich an, dass im Einzelfall ausnahmsweise die unklare Rechtslage der Verjährung entgegenstehen kann. Nur wurde dort die Ausnahme aus tatsächlichen Gründen nicht angenommen, dies aber bei abweichendem Sachverhalt. Das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach stellt ganz wesentlich auf die Rechtsprechungslage zum Bearbeitungsentgelt im Jahr 2004 ab. Hier wurde der Vertrag aber erst im August 2008 geschlossen, so dass der Verjährungszeitraum und damit die relevante Rechtsprechungslage eine ganz andere ist. Das Landgericht Stuttgart ist sich mit dem Landgericht Mönchengladbach einig, dass dann, wenn ein Anspruch verjährt ist, weil die Rechtsprechungslage während der gesamten Verjährungsfrist gefestigt war, eine spätere Änderung in der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zum Wiederaufleben der Durchsetzbarkeit der Forderung führen kann. Anders sieht die Kammer jedoch die Situation, wenn während der Verjährungsfrist die Unsicherheit der Rechtslage begründende oder beendende Gerichtsentscheidungen ergehen, weil es dem Anspruchsinhaber grundsätzlich unbenommen bleiben muss, die Klage zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb der gesamten Verjährungsfrist zu erheben. Die vom Landgericht Mönchengladbach erkannte Ungerechtigkeit der möglicherweise abweichenden Urteile von verschiedenen Anspruchsberechtigten, je nach Zeitpunkt der Klageerhebung, ist nämlich vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Fortbildung des Rechts durch Gerichtentscheidungen grundsätzlich nicht die Rechtskraft bereits ergangener Entscheidungen durchbricht. Das Risiko für einen Anspruchsteller, zur „falschen“ Zeit zu klagen, indem er einer für ihn positiven Rechtsprechungsänderung zuvorkommt oder eine für ihn nachteilige Rechtsfortbildung der endgültigen Entscheidung seiner Rechtssache zuvorkommt, besteht immer. Nicht zu verkennen ist, dass dieses Risiko im Allgemeinen durch eine längere Verjährungsfrist größer wird und im Besonderen zusätzlich durch das von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründete Hinausschieben der Verjährung bei unklarer Rechtslage. Die Kammer sieht jedoch keinen Anlass, deswegen von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung20 abzuweichen, wenn deren tatsächliche Voraussetzungen, wie hier, vorliegen.
Landgericht Stuttgart Urteil vom 5. Februar 2014 – 13 S 126/13
- LG Bonn, Urteil vom 16.04.2013 – 8 S 293/12[↩]
- Schmieder, WM 2012, 2358 ff.[↩]
- LG Bonn, aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2009 – XI ZR 78/08; BGH, Urteil vom 14.10.1997 – XI ZR 167/96[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2012 – XI ZR 145/12[↩]
- OLG Dresden, Urteil vom 29.09.2011 – 8 U 562/11[↩]
- vgl. Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 488 Rn 14[↩]
- BGH, Urteil vom 24.01.1992 – V ZR 267/90, NJW-RR 1992, 591 ff.[↩]
- vgl. ausführlich dazu Schmieder, WM 2012, 2358 ff.[↩]
- dazu BGH, Urteil vom 29.05.1990 – XI ZR 231/89[↩]
- BGH, Urteil vom 29.05.1990 – XI ZR 231/8[↩][↩][↩]
- vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 27.07.2011 – 17 U 59/11; Schmieder, WM 2012, 2358 [2361][↩]
- vgl. ausführlich Schmieder, WM 2012, 2358 [2362][↩]
- vgl. dazu etwa OLG Bamberg, Urteil vom 04.08.2010 – 3 U 78/10; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.02.2011 – 4 U 174/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011 – 6 U 162/10; OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.05.2011 – 17 U 192/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 27.07.2011 – 17 U 59/11; OLG Dresden, Urteil vom 29.09.2011 – 8 U 562/11; OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2011 – 3 W 86/11; OLG Hamm, Urteil vom 17.09.2012 – 31 U 60/12; Schmieder, WM 2012, 2358 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 18.05.1999 – XI ZR 219/98[↩]
- vgl. nur BGH, Urteil vom 20.07.2005 – VIII ZR 397/03; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 157 Rn 10 m.w.N.[↩]
- z.B. LG München I, Urteil vom 15.10.2013 – 13 S 6408/13[↩]
- vgl. BGH Urteile vom 15.06.2010 – XI ZR 309/09; und 07.12.2010 – XI ZR 348/09 jeweils m.w.N.[↩]
- LG Mönchengladbach, Urteil vom 20.11.2013, 2 S 77/13[↩]
- BGH Urteile vom 15.06.2010- XI ZR 309/09; und vom 07.12.2010 – XI ZR 348/09[↩]