Hat sich der Schuldner in einem Prozessvergleich zur Unterlassung verpflichtet, kann der Gläubiger grundsätzlich auch dann einen Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO stellen, wenn der Schuldner im Vergleich eine Vertragsstrafe versprochen hat. Die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln setzt in einem solchen Fall nicht voraus, dass der Unterlassungsschuldner bereits gegen die im Prozessvergleich titulierte Unterlassungspflicht verstoßen hat.

Nach der Vorschrift des § 890 Abs. 2 ZPO muss der Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 ZPO eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie nicht in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil enthalten ist, auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird. Die gerichtliche Androhung soll dem Schuldner die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot deutlich vor Augen führen und ihn dadurch anhalten, die Unterlassungspflicht zu befolgen1.
Eine entsprechende Androhung kann nicht wirksam in den Prozessvergleich selbst aufgenommen werden, sondern hat auf Antrag durch gerichtlichen Beschluss zu erfolgen2.
Der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO ist nicht deshalb unzulässig, weil sich die Schuldnerin im Prozessvergleich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat.
Für den Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO fehlt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Unterlassungspflicht der Schuldnerin bereits durch das Vertragsstrafeversprechen hinreichend abgesichert ist und deshalb aus Rechtsgründen eine zusätzliche Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO generell nicht in Betracht kommt.
Die Verwirkung einer Vertragsstrafe und die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO schließen sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Spezialität aus. Beide Sanktionen regeln unterschiedliche Sachverhalte. Während das Ordnungsgeld im Sinne von § 890 ZPO eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots darstellt, ist die Vertragsstrafe im Sinne von § 339 BGB eine schuldrechtlich vereinbarte Leistung zur Sicherung der Vertragserfüllung und zur Schadenspauschalierung. In der Vollstreckung nach § 890 ZPO kommt es allein auf das Verschulden des Schuldners an, während er im Rahmen des Unterlassungsvertrages gemäß § 278 BGB ohne Entlastungsmöglichkeit auch für seine Erfüllungsgehilfen einzustehen hat3. Beide Sanktionen können deshalb grundsätzlich vom Gläubiger nebeneinander geltend gemacht werden4.
Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht der Rechtsbeschwerde lässt sich auch aus § 12 Abs. 1 UWG nicht der auch für den Prozessvergleich zu beachtende Rechtsgedanke entnehmen, dass eine Vertragsstrafe im Verhältnis zu den Ordnungsmitteln gemäß § 890 ZPO die vorrangige Sanktion sei.
Nichts anderes gilt, wenn die Parteien – wie im Streitfall – einen Prozessvergleich geschlossen haben, in dem sich der Schuldner vertragsstrafebewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist ein solcher Vergleich nicht generell dahingehend auszulegen, dass der Gläubiger die Vertragsstrafe als alleinige Sanktion akzeptiert habe und sich daran festhalten lassen müsse.
Die Parteien eines Rechtsstreits können allerdings grundsätzlich vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen treffen5. Da aber die Bestimmung des § 890 ZPO und ein Vertragsstrafeversprechen zwar jeweils den gemeinsamen Zweck verfolgen, den Schuldner von Zuwiderhandlungen abzuhalten6, im Übrigen jedoch – wie bereits ausgeführt – unterschiedliche Sachverhalte regeln, können beide Sanktionen nebeneinander durchaus sinnvoll sein und parallel geltend gemacht werden. Es besteht daher regelmäßig kein Anlass anzunehmen, dass die Parteien sich ausschließlich auf die Sanktion der Vertragsstrafe festgelegt haben7. Dem stehen auch keine berechtigten Schuldnerinteressen entgegen. Eine übermäßige Beanspruchung des Schuldners durch eine doppelte Inanspruchnahme wird dadurch vermieden, dass die jeweils früher verhängte Sanktion bei der Höhe der jeweils späteren zu berücksichtigen ist8. Außerdem kann der Schuldner der Doppelsanktion von vornherein dadurch entgehen, dass er entweder keine Vertragsstrafe verspricht oder auf einem Verzicht des Gläubigers hinsichtlich einer Vollstreckung gemäß § 890 Abs. 1 ZPO besteht9. Fehlt es jedoch an derartigen Gestaltungen und sind auch sonst keine deutlichen Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der Parteien ersichtlich, ist ein Prozessvergleich mit Vertragsstrafeversprechen nicht im Sinne einer vollstreckungshindernden Vereinbarung auszulegen10.
Wenn die Parteien im Prozessvergleich die Formulierung „vollstrecken“ verwendet hätten, spricht dies eher gegen den (generellen) Ausschluss der Ordnungsmittelsanktion.
Der Wendung „vollstrecken“ kann entnommen werden, dass die besseren Gründe für eine Auslegung dahingehend sprechen, dass die Parteien die vollstreckungsrechtliche Möglichkeit eines Vorgehens gemäß § 890 ZPO nach Ablauf der im Vergleich vorgesehenen Durchführungsfrist neben der Vertragsstrafe nicht ausgeschlossen hätten. Dieses Auslegungsergebnis wird schwerdegerichts zusätzlich dadurch gestützt, dass in Nummer 4 des Prozessvergleichs von der „titulierten Unterlassungsverpflichtung“ die Rede ist. Da ein Anspruch auf Vertragsstrafe erst nach Abschluss eines aufgrund eines Verstoßes durchzuführenden weiteren Klageverfahrens tituliert wäre, bietet der Prozessvergleich allein im Hinblick auf die Unterlassungspflicht einen – gemäß § 890 ZPO vollstreckbaren – Titel.
Die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln setzt nicht voraus, dass der Unterlassungsschuldner bereits gegen die im Prozessvergleich titulierte Unterlassungspflicht verstoßen hat.
Die Androhung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO setzt weder eine bereits erfolgte Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht noch sonst ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis voraus11. Nichts anderes gilt, wenn sich der Schuldner – wie im Streitfall – in einem Prozessvergleich vertragsstrafebewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat12. Wie dargelegt, liegt darin regelmäßig keine vollstreckungsbeschränkende Abrede. Es ist sachgerecht und beeinträchtigt auch nicht die berechtigten Interessen des Schuldners, dass der Gläubiger beide Sanktionen nebeneinander verfolgen kann. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es in diesem Zusammenhang auch ohne Belang, dass durch die Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung grundsätzlich die Wiederholungsgefahr entfällt. Der Gesichtspunkt des Wegfalls der Wiederholungsgefahr ist relevant für die Frage, ob der Gläubigerin (noch) ein materieller, in einem gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Unterlassungsanspruch zusteht. Im Streitfall geht es jedoch um die Vollstreckung eines bereits bestehenden, auf Unterlassung gerichteten Titels.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. April 2014 – I ZB 3/12
- BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZR 45/02, BGHZ 156, 335, 340 f. – Euro-Einführungsrabatt; Beschluss vom 02.02.2012 – I ZB 95/10, GRUR 2012, 957 Rn. 6 Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren[↩]
- BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 8 – Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren, mwN[↩]
- vgl. Ahrens/Singer, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 32 Rn. 8 mwN; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn.202, § 12 Rn. 391[↩]
- BGH, Urteil vom 05.02.1998 – III ZR 103/97, BGHZ 138, 67, 70 mwN; Urteil vom 17.09.2009 – I ZR 217/07, GRUR 2010, 355 Rn. 32 = WRP 2010, 649 – Testfundstelle; BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 9 – Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren; OLG Köln, NJW-RR 1987, 360; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap.20 Rn. 22; Ahrens/Singer aaO Kap. 32 Rn. 8; Brüning in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 243; Saenger/Pukall, ZPO, 5. Aufl., § 890 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 02.04.1991 – VI ZR 241/90, NJW 1991, 2295, 2296; BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 13 – Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren[↩]
- BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 32 – Testfundstelle[↩]
- vgl. BGHZ 138, 67, 70; OLG Saarbrücken, NJW 1980, 461; OLG Köln, GRUR 1986, 688 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 12 Rn.02.128; Brüning in Harte/Henning aaO § 12 Rn. 243; aA Fezer/Büscher aaO § 12 Rn. 383[↩]
- vgl. BGHZ 138, 67, 70 f.; BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 32 – Testfundstelle; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn.02.128; Teplitzky aaO Kap.20 Rn. 22; Ahrens/Singer aaO Kap. 32 Rn. 9; Ahrens/Achilles aaO Kap. 10 Rn. 15; Brüning in Harte/Henning aaO § 12 Rn. 243; MünchKomm-.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rn. 143; Nieder, WRP 2001, 117, 118[↩]
- vgl. OLG Saarbrücken, NJW 1980, 461; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn.02.128; Ahrens/Singer aaO Kap. 32 Rn. 9; MünchKomm-.UWG/Ehricke Vor § 12 Rn. 143; Nieder, WRP 2001, 117, 118[↩]
- vgl. BGHZ 138, 67, 71; OLG Saarbrücken, NJW 1980, 461; MünchKomm-.ZPO/Gruber, 4. Aufl., § 890 Rn. 31[↩]
- Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 890 Rn. 12a; MünchKomm-.ZPO/Gruber aaO § 890 Rn. 26, 31; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 890 Rn. 17; Saenger/Pukall aaO § 890 Rn. 12; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 890 Rn.19; Loschelder in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 93 Rn. 5[↩]
- KG, WRP 1979, 367; OLG Saarbrücken, NJW 1980, 461; OLG Köln, GRUR 1986, 688 f.; Teplitzky aaO Kap.20 Rn. 22; MünchKomm-.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rn. 143; aA OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.12 2001 6 W 101/01 7; Fezer/Büscher aaO § 12 Rn. 383[↩]
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