Die in § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geregelte Klagefrist wird auch durch eine innerhalb dieser Frist gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage gewahrt, sofern die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG erfüllt sind und der Übergang zu einer Klage gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt1.
Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, wird die in § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG geregelte Klagefrist auch durch eine innerhalb dieser Frist gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage gewahrt, sofern die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG erfüllt sind und der Übergang zu einer Klage gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt2.
Die Fristen zur Erhebung und Begründung der Klage nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG sind materiell-rechtliche Ausschlussfristen und keine besonderen Sachurteilsvoraussetzungen3. Die Frage, ob diese Fristen durch eine gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete Klage gewahrt werden können, ist von den verfahrensrechtlichen Folgen einer Umstellung der Klage von dem Verband auf die übrigen Wohnungseigentümer zu trennen. Der Bundesgerichtshof hat den Wechsel des Klagegegners nach Zustellung der Klageschrift an die Wohnungseigentümergemeinschaft prozessual als zulässigen Parteiwechsel gewertet, der entweder eine neue Zustellung an die übrigen Wohnungseigentümer4 oder eine diese ersetzende prozessuale Erklärung in der mündlichen Verhandlung5 erforderlich macht. Dagegen hat er die materiell-rechtlichen Fristen wegen der in § 44 WEG enthaltenen gesetzlichen Wertung als gewahrt angesehen, sofern die in dieser Norm geregelten Voraussetzungen erfüllt sind6. An dieser Rechtsprechung hält der Bundesgerichtshof fest. Die insoweit geäußerte Kritik, die sich das Berufungsgericht zu Eigen gemacht hat, stützt sich im Kern auf prozessuale Gesichtspunkte und beachtet den materiell-rechtlichen Charakter der Ausschlussfristen und die mit der Regelung verfolgten gesetzgeberischen Ziele nicht hinreichend.
Mit den Fristen zur Erhebung und Begründung der Klage nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG will der Gesetzgeber erreichen, dass die übrigen Wohnungseigentümer möglichst rasch darüber Klarheit erlangen, welcher Beschluss aus welchen Gründen angefochten wird7. Dieser Zweck wird auch durch eine gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtete Anfechtungsklage erreicht. Dass der Gesetzgeber insoweit einer sachlichen Klärung von Streitigkeiten Priorität vor übermäßigen formalen Anforderungen einräumen wollte, ergibt sich aus § 44 WEG. Diese Vorschrift setzt eine Klage voraus, die sich ihrem Rechtsschutzziel nach gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet. Die Norm ist daher auf eine gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage nicht anwendbar; davon ist der Bundesgerichtshof in den zitierten Entscheidungen auch ausgegangen. Er hat dieser Vorschrift gleichwohl eine für die Auslegung der Klage- und Begründungsfristen bedeutsame gesetzgeberische Wertung entnommen. Wird deren Zweck nämlich sogar durch eine Klage erreicht, in der nicht die eigentlichen Klagegegner, sondern nur das gemeinschaftliche Grundstück und der Verwalter bezeichnet sind, darf auch eine gegen den Verband gerichtete Klage materiell-rechtlich nicht an der falschen Wahl des Klagegegners scheitern. Diese Gleichstellung setzt allerdings voraus, dass entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG die Information der Wohnungseigentümer durch Zustellung an den Verwalter gewährleistet ist. Dass ein anderes Verständnis von der Klagefrist inhaltlich nicht nachvollziehbare Folgen hätte, zeigt sich besonders deutlich, wenn – wie hier – die Umstellung der Klage sogar noch vor Zustellung erfolgt und schutzwürdige Belange der übrigen Wohnungseigentümer damit von vorneherein nicht berührt werden können.
Schließlich wird die Monatsfrist durch dieses Verständnis nicht überflüssig. Eine erst nach Ablauf der Monatsfrist erhobene Klage ist unabhängig davon, ob sie sich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft oder gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet, ohne weiteres als unbegründet zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG sind eingehalten worden. Der Verwalter ist innerhalb der Klagefrist benannt worden, weil er im Rubrum der Klageschrift namentlich als Zustellungsvertreter aufgeführt worden ist. Die gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 WEG vorgeschriebene Benennung des Verwalters und des Ersatzzustellungsvertreters ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern soll dem Gericht die Prüfung ermöglichen, an wen die Klageschrift zuzustellen ist8. Diesem Erfordernis genügte die Klageschrift schon deshalb, weil sich der gleichzeitig eingereichten Klagebegründung entnehmen ließ, dass es sich bei der als Zustellungsvertreter benannten Person um den Verwalter handelte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Januar 2011 – V ZR 140/10
- Bestätigung von BGH, Urteil vom 06.11.2009 – V ZR 73/09, NJW 2010, 446 ff.; Urteil vom 05.03.2010 – V ZR 62/09, NJW 2010, 2132 f.; Urteil vom 17.09.2010 – V ZR 5/10, NJW 2010, 3376 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 06.11.2009 – V ZR 73/09, NJW 2010, 446 ff.; Urteil vom 05.03.2010 – V ZR 62/09, NJW 2010, 2132 f.; Urteil vom 17.09.2010 – V ZR 5/10, NJW 2010, 3376 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 Rn. 7-10[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2010 – V ZR 62/09, NJW 2010, 2132 Rn. 12[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2010 – V ZR 5/10, NJW 2010, 3376 Rn. 11[↩]
- BGH, Urteil vom 06.11.2009 – V ZR 73/09, NJW 2010, 446 ff.; Urteil vom 05.03.2010 – V ZR 62/09, NJW 2010, 2132 f.; Urteil vom 17.09.2010 – V ZR 5/10, NJW 2010, 3376 f.; zust. Häublein, ZfIR 2010, 107 f.; ablehnend de lege lata Bergerhoff, NZM 2010, 32 ff.; abl. Abramenko, ZMR 2010, 161 ff., Riecke/v. Rechenberg, MDR 2011, 9, 12; Schmid, ZfIR 2010, 555 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 06.11.2009 – V ZR 73/09, NJW 2010, 446 Rn. 16[↩]
- Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 44 Rn. 8[↩]