Mehrere Markeninhaber im Widerspruchsverfahren

Mehrere Inhaber einer Marke bilden eine Bruchteilsgemeinschaft, wenn sie ihre Rechtsbeziehungen nicht abweichend geregelt haben. Steht eine Marke mehreren Personen in Bruchteilsgemeinschaft zu, sind sie notwendige Streitgenossen in dem gegen diese Marke gerichteten Widerspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht.

Mehrere Markeninhaber im Widerspruchsverfahren

Die auf § 83 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG gestützte zulassungsfreie Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich nur statthaft, wenn der Rechtsbeschwerdeführer geltend macht, selbst im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen zu sein.

Nach § 83 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG kann die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde darauf gestützt werden, dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. Die Markeninhaberin macht nicht geltend, dass sie nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Vielmehr beruft sie sich darauf, dass P. S. , der gemeinsam mit ihr die Streitmarke hat eintragen lassen, während des Widerspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt verstorben und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht nicht durch den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin vertreten worden sei.

Die auf § 83 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG gestützte zulassungsfreie Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich nur statthaft, wenn der Rechtsbeschwerdeführer geltend macht, selbst im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen zu sein. Das Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung dient nur dem Schutz der vertretenen Partei1. Wer selbst alle prozessualen Rechte ausüben und Verfahrenshandlungen vornehmen kann, erleidet keinen eigenen Nachteil dadurch, dass dies bei seinem Gegner nicht der Fall ist. Dementsprechend kann sich der Rechtsbeschwerdeführer nicht auf einen Vertretungsmangel bei seinem Gegner berufen.

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Im Streitfall besteht aber die Besonderheit, dass der geltend gemachte Vertretungsmangel nicht auf der Gegenseite, sondern bei dem weiteren Markeninhaber vorliegen soll, bei dem es sich um einen notwendigen Streitgenossen der Markeninhaber handelt. Vorliegend ist aber ausgeschlossen, dass die Rechtsstellung der Markeninhaberin dadurch betroffen sein kann.

Vorliegend haben die Markeninhaber im Anmeldeverfahren keine Angaben dazu gemacht, welche gemeinschaftlichen Rechtsbeziehungen im Hinblick auf das Recht an der Streitmarke bestehen. In Ermangelung näherer Angaben zu einer bestimmten Rechtsform ist davon auszugehen, dass die Markeninhaber die angegriffene Marke gemeinsam halten und insoweit das Recht der Gemeinschaft nach Bruchteilen gemäß §§ 741 ff. BGB zur Anwendung kommt2.

Im Widerspruchsverfahren gegen die Streitmarke vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht sind die Markeninhaber als Teilhaber notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 Abs. 1 Fall 2 ZPO. Die Anwendung der Vorschriften über die Streitgenossenschaft nach §§ 59 ff. ZPO folgt im Beschwerdeverfahren aus § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt können die entsprechenden Vorschriften ebenfalls zur Lückenausfüllung herangezogen werden3.

Im Passivprozess sind die Teilhaber notwendige Streitgenossen im Sinne des § 62 Abs. 1 Fall 2 ZPO, wenn sie wegen der Verfügung über den gemeinsamen Gegenstand im Ganzen in Anspruch genommen werden, weil sie über diesen nach § 747 Satz 2 BGB nur gemeinschaftlich verfügen können4. Dies gilt entsprechend in einem Widerspruchsverfahren gegen eine Marke, die mehreren Personen zusteht, die eine Bruchteilsgemeinschaft bilden5.

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Die Frage, welche Auswirkungen der Tod eines anwaltlich vertretenen, notwendigen Streitgenossen auf das Verfahren hat, wird nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird angenommen, dass die Erben des verstorbenen Streitgenossen in entsprechender Anwendung des § 62 ZPO durch den oder die anderen Streitgenossen vertreten werden6. Die Frage braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

Der verstorbene Markeninhaber P. S. ist im Beschwerdever- fahren vor dem Bundespatentgericht durch Rechtsanwalt T. vertreten wor- den. Dieser ist nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht für beide Markeninhaber aufgetreten. Der Umstand, für wen ein Vertreter in der mündlichen Verhandlung auftritt, gehört zu den nach § 77 Abs. 2 Satz 2 MarkenG in Verbindung mit § 160 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in das Protokoll aufzunehmenden Förmlichkeiten, die an der Beweiskraft des Protokolls teilnehmen (§ 165 Satz 1 ZPO). Die Markeninhaberin hat zwar nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses des Bundespatentgerichts den Tod des weiteren Markeninhabers angezeigt und einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls dahingehend gestellt, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter nur sie in der mündlichen Verhandlung vertreten hat. Das Bundespatentgericht hat den Protokollberichtigungsantrag jedoch zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof ist daher entsprechend der Beweiskraft des Protokolls daran gebunden, dass Rechtsanwalt T. in der mündlichen Verhandlung auch für den weiteren Markeninhaber aufgetreten ist. War der Markeninhaber P. S. aber im Beschwerdever- fahren vertreten, kann die Rechtsstellung der Markeninhaberin nicht betroffen sein.

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Soweit die Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Willkürverbots geltend macht, ist diese Rüge im Verfahren nach § 83 Abs. 3 MarkenG ausgeschlossen. Die in § 83 Abs. 3 MarkenG aufgeführten Verfahrensmängel, die die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde begründen, sind abschließend. Ein Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG vermerkte Willkürverbot kann danach mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht werden7.

Soweit sich die Rechtsbeschwerde auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin stützt, ist sie unbegründet.

Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe den unstreitigen Vortrag der Markeninhaberin nicht berücksichtigt, sie erbringe nur Dienstleistungen des Frisörgewerbes, während die Widersprechende unter ihrer Marke lediglich ein Haarfärbemittel in Discountern und Supermärkten vertreibe. Wie sich bereits aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat das Bundespatentgericht diesen Vortrag zur Kenntnis genommen. Er ist allerdings unerheblich, weil die Prüfung der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren nicht auf die Verkaufsmodalitäten im Einzelfall beschränkt ist8.

Soweit sich die Rechtsbeschwerde dagegen wendet, dass das Bundespatentgericht zwischen den Waren, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist (insbesondere Haarpflegepräparate und Mittel zum Färben des Haars) und den für die Streitmarke in Klasse 35 eingetragenen Dienstleistungen eines Frisörs eine Ähnlichkeit mittleren Grades angenommen hat, rügt sie keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern setzt nur in unzulässiger Weise ihre eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Bundespatentgerichts.

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Dasselbe gilt, soweit die Rechtsbeschwerde die Beurteilung des Bundespatentgerichts angreift, für eine Reduzierung des Schutzumfangs komme es nur auf Drittzeichen im engen Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke an. Das Bundespatentgericht hat eine Beschränkung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke durch Drittzeichen auch deswegen verneint, weil es an hinreichendem Vortrag zum Umfang der Benutzung und zur Bekanntheit der Drittzeichen fehle. Dagegen bringt die Rechtsbeschwerde nichts Erhebliches vor.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. März 2014 – I ZB 27/13

  1. BGH, Urteil vom 20.09.1974 – IV ZR 55/73, BGHZ 63, 78, 79 f.; Beschluss vom 21.12 1989 – X ZB 7/89, GRUR 1990, 348, 350 Gefäßimplantat; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 83 MarkenG Rn. 38; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 83 MarkenG Rn. 29; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 83 Rn. 84; Knoll in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 83 Rn. 48[]
  2. vgl. BPatG, GRUR 2004, 685, 688; Fezer aaO § 7 Rn. 59; Kirschneck in Ströbele/Hacker aaO § 7 Rn. 8[]
  3. vgl. allgemein zur Heranziehung von Vorschriften der Zivilprozessordnung im markenrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt BGH, Beschluss vom 16.07.2009 – I ZB 53/07, BGHZ 182, 325 Rn. 18 Legostein; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 56 MarkenG Rn. 1; Kirschneck in Ströbele/Hacker aaO § 56 Rn. 1; zum patentamtlichen Verfahren BGH, Beschluss vom 10.05.1994 – X ZB 7/93, GRUR 1994, 724, 725 Spinnmaschine[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 29.11.1961 – V ZR 181/60, BGHZ 36, 187, 188; Urteil vom 04.05.1984 – V ZR 82/83, NJW 1984, 2210[]
  5. vgl. BPatG, GRUR 2004, 685, 688[]
  6. vgl. BAG, Beschluss vom 12.05.1972 1 AZR 99/72, NJW 1972, 1388, 1389; aA LG München I, NJW-RR 2013, 787; kritisch auch MünchKomm-.ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 62 Rn. 5[]
  7. BGH, Beschluss vom 10.04.2008 – I ZB 98/07, GRUR 2008, 1027 Rn. 24 = WRP 2008, 1438 Cigarettenpackung[]
  8. vgl. EuGH, Urteil vom 12.06.2008 C533/06, Slg. 2008, I4231 = GRUR 2008, 698 Rn. 66 O2/Hutchison[]
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