Die Zuvielleistung des Arbeitgebers – und die Kenntnis der Beschäftigungsbehörde

Nach § 814 Alt. 1 BGB kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.

Die Zuvielleistung des Arbeitgebers – und die Kenntnis der Beschäftigungsbehörde

Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung. Nicht ausreichend ist die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Der Leistende muss wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Er hat aus den ihm bekannten Tatsachen eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung zu ziehen, wobei allerdings eine entsprechende „Parallelwertung in der Laiensphäre“ genügt1. Dabei kommt es auf die positive Kenntnis des Leistenden an2.

Die Kenntnis der Beschäftigungsbehörde reicht für eine Kenntnis iSv. § 814 Alt. 1 BGB nicht aus, wenn nicht sie, sondern die Bezügestelle die Vergütung leistet3. Eine Zurechnung des Wissens der Beschäftigungsbehörde analog § 166 Abs. 1 BGB bzw. eine Zusammenführung des Wissens von Beschäftigungsbehörde und Bezügestelle findet nicht statt.

§ 814 BGB ist eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben, der widersprüchliches Verhalten verbietet. An einem widersprüchlichen Verhalten fehlt es aber, wenn der leistende Vertreter des Arbeitgebers die Anpassung einer laufenden Vergütung an geänderte vertragliche Umstände deshalb unterlässt, weil ihm diese von einem anderen Vertreter des Arbeitgebers versehentlich nicht mitgeteilt werden. Das Erfordernis der positiven Kenntnis des Leistenden von der Nichtschuld iSv. § 814 BGB kann nicht durch die Zurechnung des Wissens anderer entsprechend § 166 Abs. 1 BGB ersetzt werden4.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2018 – 6 AZR 300/17

  1. BAG 1.02.2006 – 5 AZR 395/05, Rn. 17; 9.02.2005 – 5 AZR 175/04, zu III 2 a der Gründe; BGH 4.09.2018 – VIII ZR 100/18, Rn. 17[]
  2. vgl. BAG 13.10.2010 – 5 AZR 648/09, Rn. 15, BAGE 136, 54; BGH 4.09.2018 – VIII ZR 100/18 – aaO; Brandenburgisches OLG 11.03.2013 – 12 U 165/12; OLG Köln 3.04.2009 – 20 U 168/08, Rn. 5 [juris]: Kenntnis desjenigen, der die Leistung entweder tatsächlich bewirkt oder zumindest angeordnet hat[]
  3. BAG 13.10.2010 – 5 AZR 648/09, Rn. 14 f., aaO[]
  4. BAG 13.10.2010 – 5 AZR 648/09, Rn. 16, aaO[]