Höhergruppierung in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses

Nach § 4 Abs. 1 Tarifvertrag für die Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung vom 23.08.2006 (TV-TgDRV) iVm. § 26 Abs. 1 TVÜ-TgDRV und § 12 TV-TgDRV ist ein Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht von einer Höhergruppierung ausgeschlossen, weil er aktuell keine Tätigkeit mehr ausübt. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnormen1.

Höhergruppierung in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses

Dies ergibt für das Bundesarbeitsgericht die Auslegung der Tarifnormen1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell während der Freistellungsphase Anspruch auf die durch seine Vorarbeit in der Arbeitsphase erworbenen Entgeltansprüche. Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er erarbeitet sich im Umfang seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht und damit ein Zeitguthaben. Die Berechnung der in der Arbeitsphase angesparten und in der Freistellungsphase zu zahlenden Entgelte hat „zeitversetzt” zu erfolgen. Die Teilzeitvergütung ist während des Zeitraums der Freistellungsphase auszuzahlen, der in seiner Lage dem Zeitraum der Arbeitsphase entspricht. Kommt es in der Freistellungsphase zu Lohnerhöhungen, einem Einfrieren oder einer Kürzung von Zuwendungszahlungen, ist (mindestens) das auszuzahlen, was der Altersteilzeitarbeitnehmer erarbeitet hat2.

Diese Rechtsprechung bietet keine eigenständige, unabhängig von tariflichen Regelungen geltende Grundlage für die Berechnung von Ansprüchen in der Altersteilzeit. Maßgeblich bleibt die konkrete tarifliche Ausgestaltung der jeweiligen Ansprüche3.

§ 4 Abs. 1 TV ATZ-TgRV regelt die Bemessung der Altersteilzeitvergütung. Danach erhält der Altersteilzeitarbeitnehmer während der gesamten Zeit des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die Bezüge in Höhe der sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften ergebenden Beträge. Nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten von der Vergütung, die für entsprechende vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer festgelegt ist, den Teil, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht. § 4 Abs. 1 TV ATZ-TgRV enthält mit Ausnahme einer Ergänzung für bestimmte Bezügebestandteile keine eigenständige Regelung der Vergütung im Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Die Tarifnorm verweist lediglich auf „die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften … ergebenden Beträge“. Daraus folgt, dass auch ein Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell grundsätzlich die Bezüge erhält, die eine entsprechende Teilzeitkraft bei Anwendung der tariflichen Vorschriften erhielte4. Hieraus hat das Bundesarbeitsgericht abgeleitet, dass das Merkmal „entsprechende Teilzeitkräfte“ die Arbeitsleistung in Teilzeit fingiert5.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-TgDRV sind die Beschäftigten – sofern sich nach dem TV EntgO-DRV eine höhere Entgeltgruppe ergibt – auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 TV-TgDRV ergibt. § 12 Abs. 1 Satz 1 TV-TgDRV bestimmt, dass sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach dem TV EntgO-DRV richtet, wobei der Beschäftigte nach § 12 Abs. 2 Satz 1 TV-TgDRV in der Entgeltgruppe eingruppiert ist, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dass die Klägerin die nach § 12 Abs. 2 Satz 1 TV-TgDRV geforderte Tätigkeit in der Freistellungsphase der Altersteilzeit tatsächlich nicht erbringt, steht der von ihr begehrten Höhergruppierung nicht entgegen, weil nach § 4 Abs. 1 TV ATZ-TgRV die fingierte Arbeitsleistung „entsprechender Teilzeitkräfte“ maßgeblich ist.

Diesem Befund steht auch nicht die durch die Beklagte in Bezug genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.05.20106 entgegen. Dort hat das Bundesarbeitsgericht für eine mit § 4 Abs. 1 TV ATZ-TgRV gleichlautende tarifvertragliche Vorschrift zur Altersteilzeit entschieden, dass eine Bewertung der Arbeitsleistung im Hinblick auf einen Bewährungsaufstieg durch die Tarifnorm nicht geregelt werde7. Vorliegend steht jedoch nicht die Bewertung einer (fiktiven) Arbeitsleistung in Rede, sondern eine durch § 4 Abs. 1 TV ATZ-TgRV im Hinblick auf die Bezüge geregelte Fiktion einer Arbeitsleistung in Teilzeit als solche.

Es ergeben sich auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien, Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell während der Freistellungsphase von der Möglichkeit einer Höhergruppierung auf Antrag nach § 26 TVÜ-TgDRV auszunehmen. Für den Fall eines ruhenden Arbeitsverhältnisses haben die Tarifvertragsparteien in § 26 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-TgDRV ausdrücklich eine eigenständige Regelung getroffen, der zufolge die Jahresfrist zur Geltendmachung der Höhergruppierung mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit verknüpft wird. Eine entsprechende Sondervorschrift für Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell existiert nicht. Aus § 26 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-TgDRV lässt sich auch nicht der Wille der Tarifvertragsparteien ableiten, dass für eine Höhergruppierung generell eine tatsächliche Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist. Die Tarifnorm ist spezifisch auf den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zugeschnitten, bei dem die Hauptleistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien, dh. auch die Pflicht zur Entgeltzahlung, suspendiert sind. Dies trifft auf ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell während der Freistellungsphase, in der weiterhin die Altersteilzeitvergütung zu leisten ist, nicht zu.

Das Bundesarbeitsgericht muss nicht entscheiden, ob die Klägerin bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze die Voraussetzungen des TV EntgO-DRV für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 erfüllt, weil ihre (fingierte) Tätigkeit als Beschäftigte der Entgeltgruppe 6 mindestens zu einem Fünftel selbstständige Leistung erfordert. Selbst wenn die Klägerin höherzugruppieren wäre, hätte sie keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 Stufe 6 zuzüglich des hälftigen Garantiebetrags iSv. § 17 Abs. 4 Satz 2 TV-TgDRV in der bis zum 31.12 2014 geltenden Fassung.

In den Fällen der Höhergruppierung nach § 26 Abs. 1 TVÜ-TgDRV richtet sich nach Abs. 2 der Tarifnorm die Stufenzuordnung in der höheren Entgeltgruppe nach den Regelungen für Höhergruppierungen. Hierzu verweist die Vorschrift auf § 17 Abs. 4 TV-TgDRV in der bis zum 31.12 2014 geltenden Fassung. Danach wiederum werden die Beschäftigten bei einer Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten. Beträgt der Unterschiedsbetrag zwischen dem alten und dem neuen Tabellenentgelt in der Entgeltgruppe 7 weniger als 54, 96 Euro (in der Zeit vom 01.03.2014 bis zum 28.02.2015), so erhält der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrags einen Garantiebetrag von 54, 96 Euro. Bei Höhergruppierungen iSd. § 26 Abs. 1 TVÜ-TgDRV erfolgt die Stufenzuordnung somit nicht stufengleich, sondern orientiert sich an der Höhe des bisherigen Entgelts. Gewährleistet wird lediglich ein Mindestmehrverdienst in Höhe des Garantiebetrags gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 TV-TgDRV idF bis zum 31.12 2014 (vgl. zu § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT BAG 3.07.2014 – 6 AZR 1067/12, Rn. 15, BAGE 148, 312). Die Tarifnorm des § 17 Abs. 4 Satz 2 TV-TgDRV in der bis zum 31.12 2014 geltenden Fassung findet jedoch nicht uneingeschränkt Anwendung auf Sachverhalte, in denen der Beschäftigte aus einer individuellen Endstufe höhergruppiert wird. Diese Fallgruppe regelt die speziellere Tarifnorm des § 6 Abs. 4 TVÜ-TgDRV. Danach werden die Beschäftigten bei einer Höhergruppierung aus einer individuellen Endstufe zwar grundsätzlich entsprechend § 17 Abs. 4 TV-TgDRV der Endstufe der höheren Entgeltgruppe zugeordnet. Unterschreitet allerdings das sich daraus ergebende neue Tabellenentgelt die Summe aus dem Entgelt der bisherigen individuellen Endstufe und zwei Prozent der Endstufe der höheren Entgeltgruppe, wird der Beschäftigte in der höheren Entgeltgruppe erneut einer individuellen Endstufe zugeordnet. Das Entgelt dieser neuen individuellen Endstufe errechnet sich aus der Addition des Entgelts der bisherigen individuellen Endstufe und zwei Prozent des Tabellenentgelts der Endstufe der höheren Entgeltgruppe (§ 6 Abs. 4 Satz 3 bis Satz 5 TVÜ-TgDRV).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. September 2018 – 9 AZR 199/18

  1. vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen bei Tarifverträgen BAG 19.06.2018 – 9 AZR 564/17, Rn. 17[][]
  2. st. Rspr., zB BAG 17.11.2015 – 9 AZR 509/14, Rn. 30 mwN; 22.05.2012 – 9 AZR 423/10, Rn. 26 mwN[]
  3. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 379/10, Rn. 23[]
  4. vgl. zum gleichlautenden § 4 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 05.05.1998 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30.06.2000 [TV ATZ] BAG 22.05.2012 – 9 AZR 423/10, Rn. 27 mwN[]
  5. vgl. BAG 17.11.2015 – 9 AZR 509/14, Rn. 31[]
  6. BAG 04.05.2010 – 9 AZR 184/09[]
  7. vgl. BAG 4.05.2010 – 9 AZR 184/09, Rn. 30, BAGE 134, 202[]