Arbeitgeber und Arbeitnehmer können bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Zufluss einer Abfindung zumindest insoweit in der Weise steuerwirksam gestalten, dass sie die Fälligkeit der Abfindung vor ihrem Eintritt hinausschieben. Diese Gestaltung ist wegen der Progessionswirkung immer dann sinnvoll, wenn der (ehemalige) Arbeitnehmer im Folgejahr – wegen Arbeitslosigkeit oder Rente – weniger steuerpflichtige Einkünfte bezieht. Diese Gestaltung wurde in letzter Zeit bereits von mehreren Finanzgerichten gebilligt. Jetzt hat auch der Bundesfinanzhof diese Gestaltung als zulässig beurteilt.

In dem jetzt vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall wurde der Zeitpunkt der Fälligkeit einer (Teil-)Abfindungsleistung für das Ausscheiden des Arbeitnehmers zunächst in einer Betriebsvereinbarung auf einen Tag im November des Streitjahres 2000 bestimmt. Die Vertragsparteien verschoben jedoch vor dem ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt im Interesse einer für den Arbeitnehmer günstigeren steuerlichen Gestaltung den Eintritt der Fälligkeit einvernehmlich auf den Januar des Folgejahres 2001; die Abfindung wurde entsprechend auch erst im Folgejahr ausgezahlt. Weil die Besteuerung vom Zufluss der Abfindung abhängt, war die Abfindung deshalb nach der Beurteilung sowohl des erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befassten Finanzgerichts Baden-Württemberg1 wie auch des Bundesfinanzhofs auch erst im Jahr 2001 zu versteuern.
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nicht laufend gezahlter Arbeitslohn ist in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Der Zufluss ist zu bejahen, sobald der Steuerpflichtige über den Arbeitslohn wirtschaftlich verfügen kann. Die Fälligkeit eines Anspruchs allein –vor seiner Erfüllung– führt noch nicht zu einem gegenwärtigen Zufluss. Entscheidend ist allein der uneingeschränkte, volle wirtschaftliche Übergang des geschuldeten Gutes oder das Erlangen der wirtschaftlichen Dispositionsbefugnis darüber. Hierfür genügt es auch vor der Realisation des Leistungserfolgs, dass der Gläubiger ohne weiteres Zutun des Schuldners die Möglichkeit hat, den Leistungserfolg herbeizuführen2.
Grundsätzlich können Gläubiger und Schuldner einer Geldforderung im Rahmen der zivilrechtlichen Gestaltung des Erfüllungszeitpunkts auch die steuerrechtliche Zuordnung der Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum gestalten3. Ist es den Beteiligten etwa möglich, von vornherein die Zahlung einer Abfindung für die Auflösung eines Dienstverhältnisses auf einen anderen Zeitpunkt als den der Auflösung des Dienstverhältnisses zu terminieren, der für sie steuerlich günstiger scheint, so kann es ihnen auch nicht verwehrt sein, die vorherige Vereinbarung –jedenfalls vor der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit– im Einvernehmen und beiderseitigem Interesse wieder zu ändern4. Rechtsmissbrauch (§ 42 AO) kommt in derartigen Fällen regelmäßig nicht in Betracht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. November 2009 – IX R 1/09