Für den Fall der rechtsformwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sieht § 9 Satz 1 UmwStG 2006 die entsprechende Anwendung der §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG 2006 vor. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 sind die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft (sog. Übertragungsbilanz, s. § 9 Satz 2 UmwStG 2006) mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Nach § 3 Abs. 2 UmwStG 2006 können die übergehenden Wirtschaftsgüter unter bestimmten Voraussetzungen aber auch (auf Antrag) einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens dem gemeinen Wert) angesetzt werden.
Fehlt es an einer (beschwerenden) Steuerfestsetzung bei der „übertragenden Gesellschaft“ (wie im vorliegenden Streitfall mit Blick auf einen Verlustvortrag, der zu einer Steuerfestsetzung von Null führt), besteht insoweit kein Bedürfnis für die Gewährung von Rechtsschutz. Insbesondere ist eine spätere steuerliche Folgewirkung einer nicht zugestandenen Auflösung der Ansparabschreibung bei dieser Gesellschaft (als Subjekt der Körperschaftsteuer) ausgeschlossen.
Die Bindung der „übernehmenden Gesellschaft“ an die Werte der Schlussbilanz gemäß § 9 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG 2006 („Zwang zur Übernahme der Wertansätze aus der Schlussbilanz“1) ist entsprechend der Bindung des Einbringenden gemäß § 20 Abs. 4 UmwStG 20022 „nur“ eine materiell-rechtliche. An einer verfahrensrechtlichen Verknüpfung im Wege eines Grundlagenbescheides (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 AO) bei der übertragenden Gesellschaft fehlt es: Mit der Steuerfestsetzung bei der übernehmenden Gesellschaft wird weder festgestellt noch unterstellt, in welcher Weise das Ansatzwahlrecht ausgeübt worden ist; es wird dort nur auf der Grundlage des tatsächlich erfolgten Ansatzes (insoweit als unselbständige Besteuerungsgrundlage i.S. des § 157 Abs. 2 Alternative 1 AO) die Steuer festgesetzt. Eine etwaige Änderung in der Schlussbilanz (z.B. nach einer Außenprüfung) wirkt nur über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) auf die übernehmende Gesellschaft ein3.
Auch wenn die Klägerin im Streitfall infolge der Korrektur der Schlussbilanz durch das Finanzamt (Rückgängigmachung der Auflösung der Rücklage im Wege der geänderten Einkommensermittlung im Steuerbescheid) und mit Blick auf eine interpersonelle Geltung der Grundsätze über den Bilanzenzusammenhang und die Bilanzberichtigung4 für die „Eröffnungsbilanz“ an den Ausweis einer Rücklage grundsätzlich gebunden sein sollte, ist ihr nicht verwehrt, diesem Ansatz unter Hinweis auf einen Bilanzierungsfehler, der sich bisher steuerlich nicht ausgewirkt hat, entgegenzutreten5.
Die Klägerin kann auch nicht unter Hinweis auf die Übernahme der Schlussbilanzwerte der übertragenden Gesellschaft als sog. Drittbetroffene ein Klagerecht gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer geltend machen.
Der Bundesfinanzhof folgt auch nicht der Ansicht, aus der materiell-rechtlichen Bindungswirkung auf eine eigenständige Klagebefugnis als sog. Drittbetroffene zu schließen6. Denn die Klägerin ist verfahrensrechtlich nicht gehindert, sich im Rahmen ihrer Gewinnermittlung bzw. ihrer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte des Streitjahres auf die Auflösung der Ansparabschreibung in der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zu berufen und einer etwaigen einkünfteerhöhenden Auflösung (und dem Ansatz eines sog. Gewinnzuschlags) durch das Finanzamt zu widersprechen. Insoweit steht ihr eine eigenständige Rechtsschutzmöglichkeit zu; eine Rechtsschutzlücke besteht nicht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Juni 2013 – I R 36/12
- so Blümich/Klingberg, § 4 UmwStG 2006 Rz 15[↩]
- s. dazu zuletzt BFH, Urteil vom 25.04.2012 – I R 2/11, BFH/NV 2012, 1649, m.w.N.[↩]
- z.B. Möhlenbrock/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 3 UmwStG Rz 68, und Pung, ebenda, § 4 UmwStG Rz 8[↩]
- s. für den Fall der Einbringung: BFH, Urteil vom 07.06.1988 – VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886; s.a. BFH, Beschluss vom 21.08.2012 – I B 179/11, BFH/NV 2013, 21[↩]
- BFH, Beschluss vom 22.04.1998 – IV B 107/97, BFH/NV 1999, 162; s.a. Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 1009[↩]
- s. bereits BFH, Urteil vom 19.12.2012 – I R 5/12, BFH/NV 2013, 743; a.A. aber FG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2012 – 6 K 1883/10 F, EFG 2013, 337 [Revision anhängig beim BFH – I R 1/13]; wohl auch FG Hamburg, Urteil vom 25.07.2012 – 6 K 91/11, EFG 2012, 2329 [Revision anhängig beim BFH – IV R 34/12][↩]