Schadensersatz für den Gesellschafter wegen Schädigung der GmbH

Der Grundsatz, dass der Gesellschafter einer GmbH Schadensersatz wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer Schädigung der Gesellschaft resultiert (mittelbarer oder Reflexschaden), nicht durch Leistung an sich persönlich, sondern nur durch Leistung an die Gesellschaft verlangen kann, gilt auch dann, wenn die Gesellschaft durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird1.

Schadensersatz für den Gesellschafter wegen Schädigung der GmbH

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließen der Grundsatz der Kapitalerhaltung, die Zweckwidmung des Gesellschaftsvermögens sowie das Gebot der Gleichbehandlung aller Gesellschafter einen Anspruch des Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer Schädigung der Gesellschaft resultiert, im Regelfall aus. Vielmehr kann ein Ausgleich dieses mittelbaren Schadens nur dadurch erfolgen, dass der Gesellschafter die Leistung von Schadensersatz an die Gesellschaft verlangt2. Der Grundsatz, dass wegen der Interessen der Mitgesellschafter, der Gesellschaft und ihrer Gläubiger mit der Gesellschafterklage nur eine Leistung an die Gesellschaft begehrt werden kann, gilt auch dann, wenn die Gesellschaft durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) und nach Erfüllung der Verbindlichkeiten etwa noch vorhandenes Vermögen an die Gesellschafter zu verteilen ist, §§ 70, 72 GmbHG3.

Bei dem geltend gemachten Verlust der Gewinnausschüttungen ab 2001, die der Kläger nach seinem Vorbringen erhalten hätte, wenn der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin nicht zum Erliegen gekommen wäre, handelt es sich nicht um einen ausschließlich eigenen Schaden des Klägers. Es liegt vielmehr lediglich ein sich typischerweise mittelbar beim Gesellschafter realisierender Reflexschaden vor, wenn durch ein schädigendes Ereignis der Gewinn der Gesellschaft geschmälert wird. Eine Schädigung der Gesellschaft kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, bei der gebotenen hypothetischen Betrachtungsweise sei der Gesellschaft letztlich kein Schaden entstanden, weil eine Gewinnausschüttung nach den Vereinbarungen und dem Verhalten der Gesellschafter in der Vergangenheit mit Sicherheit zu erwarten gewesen sei und die Gesellschaft daher, wenn der Gewinn infolge der Einstellung des Geschäftsbetriebs gar nicht erst anfalle, nicht schlechter stehe, als wenn er anfiele und ausgeschüttet werden würde.

Wegen eines solchen nur mittelbaren Schadens kann der Gesellschafter den Schädiger, auch wenn es dabei wie hier um eine Schädigung durch Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht durch einen Mitgesellschafter geht, nur auf Leistung an die geschädigte Gesellschaft in Anspruch nehmen. Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den Voraussetzungen, unter denen ein Gesellschafter einen Mitgesellschafter im Wege der actio pro socio auch im eigenen Namen und im eigenen Interesse in Anspruch nehmen kann4, ergibt sich nichts anderes; insbesondere lässt sich daraus kein Anspruch des Klägers auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich herleiten. Auch in der Entscheidung vom 05.06.19755 ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass der dort klagende Minderheitsgesellschafter einer ZweimannGmbH von dem beklagten Mehrheitsgesellschafter Schadensersatz wegen nachteiliger Geschäfte, die dieser zu Lasten dritter Gesellschaften veranlasst hatte, an denen der Minderheitsgesellschafter gleichfalls beteiligt war, nur im Wege der Zahlung an diese Gesellschaften verlangen könne.

Eine andere Beurteilung ist im vorliegenden Fall auch nicht insoweit geboten, als wegen des zwischen dem Insolvenzverwalter und den Beklagten abgeschlossenen Vergleichs etwaige (weitergehende) Ansprüche der Gesellschaft nicht mehr bestehen und somit vom Kläger auch nicht mehr im Wege der actio pro socio geltend gemacht werden können. Soweit der Insolvenzverwalter beim Abschluss des Vergleichs pflichtwidrig gehandelt und sich deshalb schadensersatzpflichtig gemacht haben sollte, wäre der Kläger in seinem Vermögen gleichfalls nur mittelbar über die Schädigung der Gesellschaft betroffen. Aus den oben genannten Gründen könnte Schadenersatz gem. § 60 Abs. 1 InsO nur im Wege der Leistung in die Insolvenzmasse oder gegebenenfalls an die Gesellschaft verlangt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Mai 2013 – II ZR 176/10

  1. Ergänzung zu BGH, Urteil vom 29.11.2004 – II ZR 14/03, ZIP 2005, 320[]
  2. BGH, Urteil vom 10.11.1986 – II ZR 140/85, ZIP 1987, 29, 32 f.; Urteil vom 29.06.1987 – II ZR 173/86, ZIP 1987, 1316, 1319; Urteil vom 11.07.1988 – II ZR 243/87, BGHZ 105, 121, 130 f.; Urteil vom 21.03.2013 – III ZR 260/11, ZIP 2013, 781 Rn. 35; siehe ferner Urteil vom 19.01.1987 – II ZR 158/86, ZIP 1987, 444, 446[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2004 – II ZR 14/03, ZIP 2005, 320, 321 f.[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 16.05.1990 – II ZR 125/89, WM 1990, 1240, 1241; Urteil vom 28.06.1982 – II ZR 199/81, ZIP 1982, 1203; Urteil vom 22.03.2004 – II ZR 50/02, ZIP 2004, 804, 805 unter 2.b; vgl. ferner BGH, Urteil vom 04.02.1991 – II ZR 246/89, ZIP 1991, 582; Urteil vom 16.03.1998 – II ZR 303/96, ZIP 1998, 780, 781; Urteil vom 29.11.2004 – II ZR 14/03, ZIP 2005, 320, 321[]
  5. BGH 05.06.1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, 15[]