Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der ein Zeitungszusteller einerseits Zeitungsabonnenten täglich von Montag bis Samstag zu beliefern hat, andererseits Arbeitstage des Zustellers lediglich solche Tage sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, verstößt gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltzahlung an Feiertagen.

Gemäß § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Entgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Der Arbeitnehmer ist danach so zu stellen, als hätte er an dem gesetzlichen Feiertag im Umfang der für diesen Tag geschuldeten Arbeitszeit, dh. der für die Arbeit vorgesehenen oder festgelegten Zeitspanne1, gearbeitet. Er ist insbesondere nicht zur unentgeltlichen Vor- oder Nacharbeit der durch den Feiertag ausgefallenen Arbeitszeit verpflichtet2.
Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltzahlung an Feiertagen entsteht nur dann, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall ist3. Hätte der Arbeitnehmer an dem betreffenden Tag auch ohne den Feiertag nicht gearbeitet und keinen Lohn verdient, steht ihm keine Feiertagsvergütung zu. Dies gilt etwa, wenn der Feiertag in einen Zeitraum fällt, in dem das Arbeitsverhältnis ruht und deshalb die beiderseitigen Hauptpflichten suspendiert sind4. Auch eine dienstplanmäßige Freistellung des Arbeitnehmers am Feiertag kann den Anspruch auf Feiertagsvergütung ausschließen. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Freistellung aus einem von der gesetzlichen Feiertagsruhe unabhängigen Schema ergibt5. Hängt demgegenüber die Arbeitsbefreiung von den Feiertagen ab, wäre also der Arbeitnehmer zur Arbeit herangezogen worden, wenn der betreffende Tag kein Feiertag gewesen wäre, lässt die Freistellung den Entgeltzahlungsanspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG unberührt6.
Gemessen daran kann der Zeitungszusteller von der Zeitungsverlegerin für die an den streitgegenständlichen Tagen ausgefallene Arbeit Entgeltzahlung verlangen.
Nach § 1 Abs. 1 iVm. Abs. 2 des Gesetzes über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen vom 10.11.19927 sind Karfreitag, Ostermontag, Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag gesetzliche Feiertage im Sinne bundesrechtlicher Vorschriften.
Die Annahme des Sächsischen Landesarbeitsgerichts in der Vorinstanz, die Arbeitszeit des Zeitungszustellers sei iSv. § 2 Abs. 1 EFZG infolge dieser Feiertage ausgefallen8, ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
Die vom Zeitungszusteller geschuldete Arbeit ist in § 1 Nr. 1 und § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrags umschrieben. Danach übernimmt er die Belieferung von Abonnenten/Empfängern mit dort näher spezifizierten Presseerzeugnissen und ggf. Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt, wobei die Belieferung täglich von Montag bis einschließlich Samstag erfolgt. Die Zeitungsverlegerin stellt auch nicht in Abrede, dass Zeitungen im Zustellbezirk des Zeitungszustellers angeliefert worden und von ihm zuzustellen gewesen wären, der Zeitungszusteller also an den streitgegenständlichen Tagen gearbeitet hätte, wenn diese nicht gesetzliche Feiertage gewesen wären.
Der weiteren Beurteilung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts, hiervon ausgehend liege der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen Feiertag und Arbeitsausfall vor9, steht nicht entgegen, dass die Zeitungsverlegerin als Unternehmen, das die Verteilung von Druckerzeugnissen betreibt, nicht ausnahmslos an die in § 9 ArbZG normierte Sonn- und Feiertagsruhe gebunden ist, sondern es ihr nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 ArbZG grundsätzlich erlaubt ist, Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen jedenfalls mit dem Austragen von Erzeugnissen der Tagespresse zu beschäftigten10. Aus dieser Möglichkeit kann nicht gefolgert werden, der Arbeitsausfall beim Zeitungszusteller sei nicht feiertagsbedingt, sondern beruhe auf anderen Gründen, nämlich der unternehmerischen Entscheidung der Zeitungsverlegerin, den Zeitungszusteller mangels Nachfrage nach ihren Dienstleistungen in dessen Zustellbezirk an Feiertagen nicht zu beschäftigen. Ein solches Verständnis widerspricht dem Zweck von § 2 Abs. 1 EFZG. Dieser besteht darin, den feiertagsbedingten Entgeltausfall des Arbeitnehmers zu kompensieren. Der Entgeltzahlungsanspruch hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber einer Branche angehört, in der die Beschäftigung von Arbeitnehmern arbeitszeitrechtlich unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise eröffnet ist. Macht der Arbeitgeber von den Möglichkeiten des § 10 ArbZG keinen Gebrauch, weil es feiertagsbedingt an einem Arbeitskräftebedarf fehlt, schuldet er dem Arbeitnehmer nach allgemeinen Regeln Feiertagsvergütung. Entsprechend sind bei Zeitungszustellern die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 EFZG stets dann erfüllt, wenn wegen des Feiertags keine Zeitung hergestellt wird und deshalb durch den Zusteller an dem Feiertag keine Zeitung ausgetragen werden muss, während dies ohne den Feiertag geschehen wäre.
Der Einwand, die an den streitgegenständlichen Tagen ausgefallene Arbeit sei vom Zeitungszusteller nicht nachzuholen gewesen, ist unbeachtlich. Die Zeitungsverlegerin übersieht, dass sie andernfalls sowohl für die am Feiertag ausgefallene als auch für die nachgeleistete Arbeit das übliche Entgelt zu zahlen gehabt hätte11.
Die zu Nr. 3d Anlage 1 getroffene Vereinbarung, wonach Arbeitstage des Zustellers alle Tage sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet des Zeitungszustellers erscheinen, schließt den Entgeltzahlungsanspruch ebenso wenig aus. Das hat das Landesarbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt. Die Klausel verstößt, soweit sie gesetzliche Wochenfeiertage erfasst, gegen den in § 12 EFZG geregelten Grundsatz der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf Feiertagsvergütung und ist insoweit teilnichtig, § 139 BGB.
Gemäß § 12 EFZG kann abgesehen von § 4 Abs. 4 von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Das schließt mit Blick auf § 2 EFZG die Bestimmung des Ursachenzusammenhangs zwischen Arbeitsausfall und Feiertag ein12.
Das Sächsische Landesarbeitsgericht9 hat die Regelung in Nr. 3d Anlage 1, bei der es sich nach seinen nicht angegriffenen Feststellungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt, als Vereinbarung über den Umfang der vergütungspflichtigen Arbeitszeit verstanden. Diese Auslegung, die der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht unterliegt13, ist rechtsfehlerfrei. Die Parteien haben hinsichtlich der Dauer der vom Zeitungszusteller geschuldeten Arbeitszeit weder unmittelbar im Arbeitsvertrag noch in der Anlage 1 einen bestimmten monatlichen oder wöchentlichen Umfang vereinbart. Die Arbeitszeit soll sich vielmehr, wie die Tabelle zur „Zusammensetzung“ der Vergütung und die im nachstehenden Satz enthaltenen Erläuterungen verdeutlichen, nach der mittels Geoinformationssystem ermittelten, in Spalte 4 der Tabelle dargestellten „Anzahl Zeitungen je Arbeitstag“ und einer in Spalte 5 ausgewiesenen „täglichen Soll-Arbeitszeit bei Anzahl Zeitungen gemäß Spalte 4 nach GIS“ richten. Dies in Verbindung mit der Vereinbarung, wonach die Anzahl zuzustellender Zeitungen aufgrund von Urlaubsabmeldungen, „Abo-Rückgängen“ etc. variieren kann und sich bei Änderung der zuzustellenden Exemplare (auch) die „Soll-Arbeitszeit“ ändert, macht aus der Perspektive eines verständigen und redlichen Erklärungsempfängers deutlich, dass sich der Umfang der Arbeitszeit und entsprechend die Vergütung nach den jeweiligen Bedürfnissen der vereinbarten Tätigkeit – sprich dem Arbeitsanfall – richten soll. Wenn in diesem Zusammenhang Nr. 3d Anlage 1 bestimmt, dass Arbeitstage (lediglich) solche Tage sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, kann dies nur bedeuten, dass an anderen Tagen weder eine Arbeitspflicht des Zeitungszustellers noch eine Vergütungspflicht der Zeitungsverlegerin bestehen soll.
Damit liegt indes keine Freistellung vor, die einem feiertagsunabhängigen Schema folgt. Die umstrittene Klausel soll vielmehr bewirken, dass sich unter der Voraussetzung einer fehlenden Belieferung mit Zeitschriften die vom Zeitungszusteller im Arbeitsverhältnis geschuldete „Soll-Arbeitszeit“ um diejenige Zeit verkürzt, die ohne die vertragliche Regelung auf den Feiertag entfiele. Dabei erfasst die Klausel nach dem eigenen Vorbringen der Zeitungsverlegerin typischerweise Wochentage, an denen, sofern es sich nicht um Feiertage handelt, üblicherweise eine Arbeitspflicht des Zeitungszustellers besteht. Einer solchen Vereinbarung steht jedoch die Unabdingbarkeit des gesetzlichen Entgeltzahlungsanspruchs entgegen. Der Arbeitgeber kann der Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EFZG nicht dadurch entgehen, dass er für den Feiertag von vornherein keine Arbeit einplant14. Dass die Zeitungsverlegerin an solchen Tagen, soweit Presseunternehmen sie nicht mit Druckerzeugnissen beliefern, kein Interesse an der Arbeitsleistung des Zeitungszustellers hat, ist ohne rechtliche Relevanz.
Das Ergebnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelungen in § 2 Abs. 1, § 12 EFZG dienen der Verwirklichung und Durchsetzung des Sozialstaatsprinzips (Art.20 Abs. 1 GG) und damit verfassungsrechtlich legitimierten Belangen15.
Da die Klausel bereits aus den genannten Gründen dem Entgeltzahlungsanspruch nicht entgegensteht, kommt es auf die vom Landesarbeitsgericht behandelte Frage, ob die Regelung zu Nr. 3d Anlage 1 den Zeitungszusteller iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, soweit sie einen Anspruch aus § 615 Abs. 1 BGB ausschließt, nicht mehr entscheidungserheblich an. Ebenso kann offenbleiben, ob der Auffassung des Zeitungszustellers zu folgen ist, die Klausel sei auch deshalb unwirksam, weil sie angesichts der im Arbeitsvertrag enthaltenen Regelung, wonach die Belieferung der Abonnenten täglich von Montag bis Samstag erfolgt, iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht klar und verständlich sei.
Für die Höhe des Feiertagsentgelts gilt nach § 2 Abs. 1 EFZG das Entgeltausfallprinzip. Hiernach berechnet sich der Anspruch nach dem Umfang der Arbeitszeit, die beim Arbeitnehmer an dem Feiertag ausgefallen ist (Zeitfaktor) und des für diese Arbeitszeit zu leistenden Arbeitsentgelts (Geldfaktor). Die Feiertagsvergütung ergibt sich dann aus der Multiplikation beider Faktoren. Das gilt auch im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes. Dieses begründet für Zeiten ohne Arbeitsleistung keine unmittelbaren Ansprüche16. Allerdings verlangt § 2 Abs. 1 EFZG, den Mindestlohn nach dem MiLoG als Geldfaktor in die Berechnung des Entgeltzahlungsanspruchs für Feiertage einzustellen, soweit nicht aus anderen Gründen ein höherer Vergütungsanspruch besteht17.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019 – 5 AZR 352/18
- vgl. dazu BAG 17.10.2018 – 5 AZR 553/17, Rn. 16, BAGE 164, 57[↩]
- BAG 6.12 2017 – 5 AZR 118/17, Rn. 22, BAGE 161, 132[↩]
- st. Rspr., zB BAG 26.10.2016 – 5 AZR 456/15, Rn. 15, BAGE 157, 97; 13.05.2015 – 10 AZR 495/14, Rn. 30, BAGE 151, 331; zum Erfordernis der sog. Monokausalität siehe auch ErfK/Reinhard 19. Aufl. EFZG § 2 Rn. 8; MünchKomm-BGB/Müller-Glöge 7. Aufl. EZFG § 2 Rn. 11; Schaub ArbR-HdB/Linck 18. Aufl. § 103 Rn. 2; jeweils mwN[↩]
- vgl. BAG 26.10.2016 – 5 AZR 456/15 – aaO[↩]
- st. Rspr., zB BAG 24.09.2015 – 6 AZR 510/14, Rn. 17, BAGE 152, 378; 27.03.2014 – 6 AZR 621/12, Rn. 17[↩]
- so bereits BAG 9.10.1996 – 5 AZR 345/95, zu II 1 der Gründe, BAGE 84, 216; 27.09.1983 – 3 AZR 159/81, BAGE 44, 160; jeweils zu § 1 Abs. 1 Gesetz zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen, iF FeiertLohnzG[↩]
- SächsSFG; SächsGVBl. S. 536[↩]
- Sächs. LAG, 21.02.2018 – 5 Sa 269/17[↩]
- Sächs. LAG, aaO.[↩][↩]
- zu diesem Erlaubnistatbestand vgl. BT-Drs. 12/6990 S. 13 f., 43; ausführlich zu dessen Voraussetzungen bspw. Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 10 Rn. 57 ff.; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 10 Rn. 24 ff.[↩]
- vgl. BAG 10.07.1996 – 5 AZR 113/95, zu 2 c der Gründe, BAGE 83, 283[↩]
- BAG 15.05.2013 – 5 AZR 139/12, Rn. 12[↩]
- vgl. dazu nur BAG 17.04.2019 – 5 AZR 331/18, Rn. 12 mwN[↩]
- zu § 1 FeiertLohnzG vgl. BAG 26.03.1985 – 3 AZR 239/83, zu I 1 der Gründe; seither st. Rspr.[↩]
- BAG 26.09.2001 – 5 AZR 539/00, zu II 2 a der Gründe, BAGE 99, 112[↩]
- BAG 25.05.2016 – 5 AZR 135/16, Rn.19, BAGE 155, 202; seither st. Rspr.[↩]
- zum Ganzen BAG 30.01.2019 – 5 AZR 43/18, Rn. 38 mwN, BAGE 165, 205[↩]
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