Kündigung bei Konkurrenztätigkeit

Ein Verstoß gegen das Verbot, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten zu entfalten, ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Falls die Wettbewerbstätigkeit erst durch eine frühere – unwirksame – Kündigung ausgelöst worden, der Wettbewerb nicht auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt und dem Arbeitgeber durch die Konkurrenztätigkeit nicht unmittelbar ein Schaden zugefügt worden ist, ist dies bei der erforderlichen Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Kündigung bei Konkurrenztätigkeit

Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung. Sie ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen1.

Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt2. Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB normiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen3. Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen4. Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten5. Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, etwa durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht6.

Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des – für ihn erfolgreichen – Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden7. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird8. Seine Obliegenheit aus § 615 Satz 2 BGB, nicht böswillig anderweitigen Erwerb zu unterlassen, rechtfertigt es nicht, eine Konkurrenztätigkeit im Geschäftsbereich des Arbeitgebers aufzunehmen9.

Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot nach Zugang einer – gerichtlich angegriffenen – außerordentlichen Kündigung die weitere Kündigung des Arbeitsverhältnisses – falls es auf sie noch ankommt – rechtfertigen kann, ist im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung10 zu berücksichtigen, dass sich in einer solchen Konstellation beide Parteien objektiv vertragswidrig verhalten.

Eine Fallgestaltung wie die vorliegende ist durch ein in sich widersprüchliches Verhalten beider Vertragsparteien gekennzeichnet. Der Arbeitgeber beruft sich vorrangig auf die Wirksamkeit einer schon zuvor erklärten Kündigung, erwartet aber vom Arbeitnehmer ein Verhalten, das dieser nur bei Unwirksamkeit der Kündigung schuldet. Hätte im Übrigen der Arbeitgeber – entsprechend der objektiven Rechtslage – keine Kündigung erklärt, hätte aller Voraussicht nach der Arbeitnehmer keinen Anlass für die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit gehabt. Der Arbeitnehmer wiederum erstrebt die Feststellung einer Unwirksamkeit der früheren Kündigung, verstößt aber mit der Aufnahme von Konkurrenztätigkeiten gegen gerade dann bestehende Unterlassungspflichten.

Auf diese Besonderheiten ist bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers zumutbar ist, Bedacht zu nehmen. Es spricht dabei zugunsten des Arbeitnehmers, wenn die Wettbewerbstätigkeit erst durch die frühere – unwirksame – Kündigung ausgelöst worden ist11. Dann rechtfertigt die objektiv gegebene Pflichtverletzung des Arbeitnehmers für die Zeit nach Prozessende in der Regel keine negative Verhaltensprognose. Auch ist zu berücksichtigen, ob der Wettbewerb auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt ist oder zunächst nur eine Übergangslösung für den Schwebezustand bis zur Klärung der Rechtslage darstellt12. Von Bedeutung ist ferner, ob dem Arbeitgeber aufgrund der Art und der Auswirkungen der Konkurrenztätigkeit unmittelbar ein Schaden zugefügt wird oder nur eine abstrakte Gefährdung von dessen geschäftlichen Interessen vorliegt13.

Im hier entschiedenen Fall führte dies für das Bundesarbeitsgericht dazu, den Interessen des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses den Vorrang gegenüber den Interessen der Arbeitgeberin an dessen Beendigung einzuräumen:

Der Arbeitnehmer hat den Arbeitsvertrag mit der S erst geschlossen und die Tätigkeit für sie erst aufgenommen, nachdem die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der Parteien zuvor fristlos gekündigt hatte. Da keine Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen, lässt dies nur den Schluss zu, dass seine Wettbewerbstätigkeit durch die Kündigung ausgelöst worden ist. Das spricht zudem dafür, dass der Arbeitnehmer sie lediglich als Ersatz für seine bisherige Tätigkeit aufgenommen hat. Es sind keine Umstände festgestellt oder objektiv erkennbar, die die Annahme rechtfertigten, er hätte es auf eine dauerhafte Konkurrenz zur Arbeitgeberin angelegt. Der Arbeitnehmer hat nicht etwa ein eigenes Unternehmen in Konkurrenz zur Arbeitgeberin aufgebaut. Aus dem neu eingegangenen Arbeitsverhältnis konnte er sich für den Fall, dass er mit der Kündigungsschutzklage gegen die Arbeitgeberin obsiegen würde, jederzeit – etwa durch Kündigung – wieder lösen.

Dabei durfte zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, dass er durch seine Tätigkeit für die S der Arbeitgeberin keinen unmittelbaren Schaden zugefügt hat. Soweit die S für die Arbeitgeberin tätig geworden ist, hat er dieser sogar die zeitgerechte Auftragserfüllung gesichert. Die Arbeitgeberin weist zwar zutreffend darauf hin, dass ein Wettbewerbsverstoß auch ohne eine konkrete Schädigung vorliegen kann. Darum geht es jedoch nicht. Es geht darum, ob dieser Verstoß eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Dabei kann nicht angenommen werden, möglicher Gewinn sei im gegebenen Zusammenhang schlechthin kein schützenswertes Interesse. Allerdings ist zu würdigen, dass der Arbeitgeberin ein Gewinn aus den Prüfarbeiten des Arbeitnehmers nicht deshalb entgangen ist, weil dieser für die S tätig war. Dies sei vielmehr die Folge davon gewesen, dass sie das Arbeitsverhältnis der Parteien zuvor fristlos gekündigt habe, ohne einen Ersatz für den Arbeitnehmer einzustellen. Damit ist eine Kausalität zwischen der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers und einem Gewinnausfall der Arbeitgeberin zu verneinen. Auch wenn der Arbeitnehmer nicht für die S gearbeitet hätte, hätte die Arbeitgeberin die von ihm erbrachte Tätigkeit nicht selbst und mit eigenen Arbeitnehmern durchführen können.

Die mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers verbundene Möglichkeit einer Gewinnerhöhung bei der S stellt sich nicht als ein erschwerender Umstand dar. Ein möglicher wirtschaftlicher Vorteil für das konkurrierende Unternehmen ist einer Konkurrenztätigkeit immanent. Danach ist dem Arbeitnehmer zwar kein Wettbewerb zu seinem bisherigen Arbeitgeber gestattet, wenn das Arbeitsverhältnis – objektiv – fortbesteht. Die Situation lässt eine gleichwohl aufgenommene Konkurrenztätigkeit aber in der Regel in einem milderen Licht erscheinen. Durch die fristlose Kündigung hatte der Arbeitgeber zu verstehen gegeben, sich seinerseits an vertragliche Pflichten nicht mehr gebunden zu fühlen.

Auch hinsichtlich des Grades des Schuldvorwurfs ist auf die Besonderheiten einer Konkurrenztätigkeit nach fristloser Kündigung abzustellen.

Im vorliegenden Fall gab es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitnehmer in vollem Bewusstsein der Tatsache gehandelt hätte, die Arbeitgeberin werde seine Konkurrenztätigkeit nicht akzeptieren. Die Arbeitgeberin macht zwar geltend, der Arbeitnehmer habe dies daran erkennen müssen, dass sie schon auf seine Konkurrenztätigkeit für die D mit einer außerordentlichen Kündigung reagiert habe. Aus dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Kündigungsschreiben vom 27.09.2011 ergibt sich ein solcher Kündigungsgrund aber nicht. Die Arbeitgeberin hat nicht dargelegt, dass und ggf. welche sonstigen Umstände die Annahme rechtfertigen sollten, der Arbeitnehmer habe im Bewusstsein dessen gehandelt, sie werde seine Tätigkeit für die S keinesfalls akzeptieren. Es kann daher dahinstehen, ob dies anderenfalls zu ihren Gunsten zu werten wäre. Dagegen spricht, dass es nicht auf die subjektive Bereitschaft zur Akzeptanz auf Seiten des Arbeitgebers, sondern darauf ankommt, was diesem objektiv zuzumuten ist14.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 2 AZR 644/13

  1. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08, Rn.20; 26.06.2008 – 2 AZR 190/07, Rn. 15 mwN[]
  2. BAG 16.01.2013 – 10 AZR 560/11, Rn. 14; 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08, Rn. 22[]
  3. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08 – aaO; 21.11.1996 – 2 AZR 852/95, zu II 1 a der Gründe[]
  4. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08 – aaO; 21.11.1996 – 2 AZR 852/95 – aaO[]
  5. vgl. BAG 26.06.2008 – 2 AZR 190/07, Rn. 15[]
  6. BAG 26.06.2008 – 2 AZR 190/07 – aaO[]
  7. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08, Rn. 23; 25.04.1991 – 2 AZR 624/90, zu B III 3 a der Gründe[]
  8. BAG 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08 – aaO[]
  9. BAG 25.04.1991 – 2 AZR 624/90, zu B III 3 a bb der Gründe[]
  10. vgl. auch dazu BAG 28.01.2010 – 2 AZR 1008/08, Rn. 26; 25.04.1991 – 2 AZR 624/90, zu B III 3 b der Gründe[]
  11. vgl. für einen Handelsvertreter BGH 28.04.1960 – VII ZR 218/59, zu 6 der Gründe[]
  12. BAG 25.04.1991 – 2 AZR 624/90, zu B III 3 b bb der Gründe[]
  13. vgl. BAG 25.04.1991 – 2 AZR 624/90 – aaO[]
  14. vgl. BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, Rn. 47, BAGE 134, 349[]