Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelten nach der Eröffnung des Verfahrens auch solche Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist.

Die Rechtsstellung dieses „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters unterscheidet sich deutlich von der des sog. „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht übergegangen ist. So gelten die von einem „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 Satz 1 InsO).
Bei Rechtsstreiten, die das Vermögen des Schuldners betreffen, wird das Verfahren nach § 240 Satz 2 der Zivilprozessordnung unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Bei dem sog. „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter treten diese Rechtsfolgen nicht ein.
Dies gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. In diesem Fall sind zwar Verfügungen des Schuldners ohne die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich unwirksam (vgl. § 24 Abs. 1, § 81 InsO); andererseits kann aber auch der vorläufige Insolvenzverwalter grundsätzlich nicht (allein) über das Vermögen des Schuldners verfügen. Schuldner und vorläufiger Insolvenzverwalter haben eine vergleichbar starke Stellung. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist als „Berater“ des Schuldners anzusehen1.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht als vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Verfügungsverbot nach § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO bestellt. Stattdessen hat es ihn nur mit einem Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 InsO ausgestattet. Ein „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter i.S. des § 22 Abs. 1 InsO ist der Verwalter im vorliegenden Fall deshalb nicht. Er konnte folglich keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO begründen.
Eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO ist auch nicht im Hinblick auf die insolvenzgerichtlichen Einzelanordnungen geboten. Unabhängig von der Frage, ob in einem solchen Fall überhaupt eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorstellbar ist2, konnte der vorläufige Insolvenzverwalter mit dem hier streitgegenständlichen Vertrag keine Masseverbindlichkeiten begründen. Der vorläufige Insolvenzverwalter war zwar zur „Fortführung des Betriebes“ ermächtigt worden. Die hier zu beurteilende Veräußerung von Anlagegegenständen diente aber gerade nicht der Fortführung des Betriebs, sondern seiner Stilllegung, zu der der vorläufige Insolvenzverwalter nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts befugt war.
Die Grundsätze des § 55 Abs. 4 InsO sind im Streitfall noch nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Die Vorschrift ist jedoch erst zum 1.01.2011 in Kraft getreten (Art. 3 Nr. 2 i.V.m. Art. 24 Abs. 2 des Haushaltbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010, 1885). Eine entsprechende Regelung existierte im Streitjahr noch nicht. Daher waren die Einkommensteuerforderungen nicht bereits deshalb als Masseverbindlichkeiten anzusehen, weil das Insolvenzgericht den Verwalter im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages als vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nach §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 22 Abs. 2 InsO bestellt hatte.
Der Bundesfinanzhof sieht weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit, diese Neuregelung entgegen dem objektivierten Willen des historischen Gesetzgebers bereits im Streitjahr und damit rückwirkend anzuwenden. Die Neuregelung des § 55 Abs. 4 InsO sollte allein mit Wirkung für die Zukunft die Tatbestände, nach denen Masseverbindlichkeiten entstehen, erweitern. Dadurch wollte der Gesetzgeber auch der aus seiner Sicht unbefriedigenden Gerichtspraxis Rechnung tragen, dass durch die regelmäßige Bestellung von „schwachen“ Insolvenzverwaltern ganz überwiegend Insolvenzforderungen entstanden3.
Entscheidend bleibt somit im Streitjahr für die Qualifikation der Einkommensteuerschulden als Masseverbindlichkeiten, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind. Danach sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. § 55 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 InsO sind ersichtlich nicht einschlägig. Zutreffend hat das Finanzgericht insoweit entschieden, dass es auch in Bezug auf die Einkommensteuer für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung darauf ankomme, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt diese Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, so sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind.
Sonstige Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind von den Insolvenzforderungen (§§ 35 Abs. 1, 38, 87, 174 ff., 187 ff. InsO) abzugrenzen. Insolvenzforderungen sind nach § 38 InsO solche Forderungen, die bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerrechtliche Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis4 und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an5.
Eine Forderung ist insolvenzrechtlich begründet, wenn der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde6. Der Rechtsgrund für einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird7. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet worden ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen8.
Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, dort unter II. 1., kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Einkommensteueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand -insbesondere die Erzielung von Einkünften nach § 2 Abs. 1 EStG- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde. Dieser Auffassung schließt sich der Bundesfinanzhof an. Es ist deshalb zu prüfen, wann der Tatbestand, an den die Besteuerung knüpft, vollständig verwirklicht ist.
Entscheidend ist daher bei der Einkommensteuer (auch) die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, sie dem Steuerpflichtigen zufließen.
Wird der Gewinn hingegen durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, ggf. i.V.m. § 5 EStG, ermittelt, gilt das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 Satz 5 EStG nicht. Stattdessen ist das Realisationsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 des Handelsgesetzbuches zu beachten, und zwar nicht nur bei der Gewinnermittlung buchführungspflichtiger Kaufleute nach § 5 Abs. 1 EStG, sondern auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG9. Ein Gewinn ist in diesem Sinn realisiert, wenn bei gegenseitigen Verträgen der Leistungsverpflichtete die vereinbarte Leistung „wirtschaftlich erfüllt“ hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung so gut wie sicher ist10. Folglich ist bereits mit der steuerrechtlichen Realisation einer Forderung die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet.
Im Streitfall ist zu beachten, dass aufgrund der spätestens mit dem Verkauf des Anlagevermögens durch die Treuhandgesellschaft am 3.02.2006 beginnenden Betriebsaufgabe ein notwendiger Wechsel von der bis dahin gewählten Einnahmen-Überschussrechnung -§ 4 Abs. 3 EStG- zum Betriebsvermögensvergleich -§ 4 Abs. 1 EStG- eingetreten ist. Die vollständige Verwirklichung des Tatbestandes ist damit unter Beachtung des Realisationsprinzips zu prüfen.
Richtigerweise geht das Finanzgericht davon aus, dass der Insolvenzschuldner auch im Streitjahr seinen Gewinn (noch) durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, so dass das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich zum Tragen kommt.
Zwar haben weder der Insolvenzschuldner noch der vorläufige Insolvenzverwalter für das Streitjahr Gewinnermittlungen eingereicht. Doch hat nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit nach § 118 Abs. 2 FGO für den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen der Insolvenzschuldner zum 31.12 2003 eine solche Gewinnermittlung eingereicht und zum damaligen Zeitpunkt diese Ermittlungsart gewählt. Das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG muss nicht jährlich neu ausgeübt werden. Die Entscheidung für eine bestimmte Gewinnermittlungsart ist eine „Grundentscheidung“, die nicht jährlicher Wiederholung bedarf11. Sie bleibt solange maßgeblich, bis entweder das Finanzamt den Steuerpflichtigen zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG auffordert oder der Steuerpflichtige eine andere Gewinnermittlungsart zulässigerweise wählt, was sich bereits aus der Regelung des § 141 Abs. 2 Satz 1 AO ergibt.
Zwar sind beide Alternativen im Streitfall nicht erfüllt. Dennoch entfiel vorliegend das Recht, den Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln, spätestens zum 3.02.2006, weil zu diesem Zeitpunkt und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG begonnen hat. In einem solchen Fall ist der Aufgabegewinn -wie ein Veräußerungsgewinn- nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG zu ermitteln. Der Steuerpflichtige, der bislang seinen Gewinn zulässigerweise -wie der Insolvenzschuldner- mittels Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat, muss insoweit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen12.
Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter13. Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es -anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen14- nicht.
Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr markiert auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe15, wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen; die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist16.
Für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist dabei nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann17. Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein.
Beabsichtigt der Steuerpflichtige, alle oder einen Teil der wesentlichen Betriebsgrundlagen zu veräußern oder diese zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entnehmen, bleiben diese Wirtschaftsgüter bis zum Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme Teil seines Betriebsvermögens. Sie scheiden allerdings zur Vermeidung von „ewigem Betriebsvermögen“ spätestens zu dem Zeitpunkt aus, zu dem nicht mehr mit einer Veräußerung zu rechnen ist. Die durch die Veräußerung oder die Entnahme entstehenden Gewinne werden im Falle der Veräußerung mit der Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bzw. dem Zeitpunkt der Entnahme realisiert18.
Vorliegend ist zumindest die Veräußerung des Anlagevermögens der drei Verkaufsstellen -auch in Verbindung mit der wenig später erfolgten Gewerbeabmeldung- geeignet, objektiv den Betriebsaufgabewillen zu bekunden. Folglich ist der Aufgabegewinn im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 EStG zu ermitteln und nicht das Zufluss, sondern das Realisationsprinzip für die (insolvenzrechtliche) Begründung des Einkommensteueranspruchs maßgeblich.
Sind mehrere Personen in einer Erbengemeinschaft gesamthänderisch zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbunden, sind die Einkünfte den Teilhabern zuzurechnen, denen die Früchte gemäß §§ 2038, 743, 748 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehen19.
Betrifft diese Zurechnung von Vermietungseinkünften aus einer Erbengemeinschaft wie hier den Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wird der Besteuerungstatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erst nach der Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht20.
Masseverbindlichkeiten liegen dann hinsichtlich der Einkommensteuerschulden vor, die sich aus „echten“ Gewinnen bzw. Überschüssen von Personengesellschaften bzw. Gemeinschaften ergeben. In diesen Fällen kommt der gegen diese gerichtete Anspruch nämlich unmittelbar der Insolvenzmasse zugute. Dies betrifft nicht nur die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft21, sondern auch den gegen eine Erbengemeinschaft gerichteten Anspruch am Überschuss.
Die Annahme einer Masseverbindlichkeit scheidet nicht deshalb aus, weil die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht in die Insolvenzmasse geflossen sind. Zwar hatte der Bundesfinanzhof u.a. im Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602 zur Konkursordnung entschieden, dass die aus der Veräußerung eines zur Konkursmasse gehörenden Wirtschaftsguts resultierende Einkommensteuer nur insoweit eine Masseverpflichtung sei, als sie auf dem zur Konkursmasse gelangten Betrag laste. An dieser Rechtsansicht hält der Bundesfinanzhof unter der Geltung der InsO nicht mehr fest, da eine solche Einschränkung des Begriffs der Masseverbindlichkeit nicht dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 InsO entspreche. Auch könne der Insolvenzverwalter den Schuldner nicht persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen verpflichten22. Letzteres wäre die Konsequenz, wäre die Einkommensteuer auf Handlungen des Insolvenzverwalters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masseverbindlichkeit.
Angewandt auf den vorliegenden Fall führt dies dazu, dass die festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die steuerrechtlich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, zeitanteilig auf den Zeitraum vor bzw. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufzuteilen sind. Die Höhe ergibt sich für die Einkommensteuer nach § 182 Abs. 1 AO bindend aufgrund der im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen. Gegen die Aufteilung auf der Grundlage von 360 Kalendertagen bestehen keine Bedenken.
Die nach Insolvenzeröffnung angeordnete Zwangsverwaltung des Grundstücks im Vermögen der Erbengemeinschaft ändert hieran nichts. Die Einkünfte erzielt in diesem Fall weiterhin derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder dem Pachtvertrag ist23.
Der Zwangsverwalter hat auch nicht die Einkommensteuer der Mitglieder der Erbengemeinschaft – I nach § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO zu entrichten. Ungeachtet der Frage, welchen Einfluss die Zwangsverwaltung auf den zuvor eingetretenen Insolvenzbeschlag des Anteils des Schuldners am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft – I hat, kann jedenfalls der Zwangsverwalter einer solchen Gemeinschaft nicht mehr Pflichten nach § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO haben, als die Erbengemeinschaft selbst hatte. Diese hatte aber die Einkommensteuern ihrer Mitglieder nicht zu entrichten.
Zu Recht geht das Finanzgericht weiter davon aus, dass im Hinblick auf die Einkommensteuer, die aus der Entnahme der vom vorläufigen Insolvenzverwalter zuvor eigenbetrieblich genutzten, ihm über die Erbengemeinschaften zuzurechnenden Grundstücksteile resultiert, Masseverbindlichkeiten vorliegen. Mangels Feststellungen des Finanzgericht kann der Bundesfinanzhof jedoch nicht entscheiden, ob die Entnahmen und damit auch die hieraus resultierenden Einkommensteuern das Streitjahr 2006 betreffen. Diese Feststellungen sind vom Finanzgericht nachzuholen.
Ausgehend von den unter II. 3.b bb dargestellten Grundsätzen ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen der bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnenden Betriebsaufgabe der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant. Bis zur Veräußerung oder Entnahme bleiben die Wirtschaftsgüter, insbesondere auch die wesentlichen Betriebsgrundlagen, Teil des Betriebsvermögens. Grundsätzlich verlangt die Entnahme dabei das Vorliegen einer eindeutigen Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen24. Sie scheiden allerdings zu dem Zeitpunkt aus, zu dem nicht mehr mit einer Veräußerung zu rechnen ist25.
Zu Recht geht das Finanzgericht davon aus, dass die eigenbetrieblich genutzten Grundstücks- und Gebäudeteile, die der Insolvenzschuldner selbst im Anlageverzeichnis zur Gewinnermittlung zum 31.12 2003 aufführte, Wirtschaftsgüter seiner Bäckerei sind, und zwar in Form wesentlicher Betriebsgrundlagen26.
Dass diese Wirtschaftsgüter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entnommen worden wären, ist nicht festgestellt worden. Weder ist eine Entnahmehandlung des Insolvenzschuldners erkennbar, noch ergibt sich eine solche Entnahme aufgrund der Insolvenzeröffnung oder dem vorausgehend aufgrund des Kaufvertrages vom 03.02.2006. Dieser betrifft lediglich die in einer Anlage zum Vertrag aufgeführten Anlagegegenstände, nicht aber auch die eigenbetrieblich genutzten Grundstücks- und Gebäudeteile der beiden Grundstücksgemeinschaften.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 9. Dezember 2014 – X R 12/12
- vgl. nur BFH, Urteil vom 01.04.2004 – V R 24/03, BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905[↩]
- dagegen: BGH, Urteil vom 18.07.2002 – IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353[↩]
- vgl. BR-Drs. 532/10, 53[↩]
- z.B. § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG[↩]
- ständige Rechtsprechung, BFH, Urteile vom 16.11.2004 – VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II. 2. der Gründe; und vom 16.05.2013 – IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II. 1.a sowie BFH, Urteil vom 18.05.2010 – X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II. 1.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II. 1.a der Gründe unter Hinweis auf BFH, Beschluss vom 01.04.2008 – X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, unter II. 2.c der Gründe, m.w.N.[↩]
- so zur Konkursordnung schon BFH, Urteil vom 29.03.1984 – IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 2.b; ebenso für die Geltung der Insolvenzordnung BFH in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II. 1.a[↩]
- ständige Rechtsprechung, so bereits BFH, Urteile in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II. 2. der Gründe; vom 29.08.2007 – IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145, unter III. 2.b dd (1), m.w.N., sowie in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759; vgl. auch zur Entstehung eines Umsatzsteueranspruchs: BFH, Urteile vom 29.01.2009 – V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II. 1.; und vom 09.02.2011 – XI R 35/09, BFHE 233, 86, BStBl II 2011, 1000, unter II. 2.[↩]
- BFH, Urteil vom 06.12 1983 – VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227[↩]
- BFH, Urteil vom 10.09.1998 – IV R 80/96, BFHE 186, 429, BStBl II 1999, 21, m.w.N.[↩]
- so schon BFH, Urteil vom 24.09.2008 – X R 58/06, BFHE 223, 80, BStBl II 2009, 368, unter II. 1.b[↩]
- vgl. etwa BFH, Urteil vom 16.03.1989 – IV R 153/86, BFHE 156, 195, BStBl II 1989, 557[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 21.10.1993 – IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 03.04.2014 – X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.[↩]
- so wohl auch BFH, Urteil vom 21.05.1992 – X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659, unter 2.b[↩]
- BFH, Urteil in BFH/NV 1992, 659[↩]
- BFH, Urteil vom 02.09.2008 – X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, unter II. 3.b, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 27.06.1978 – VIII R 168/73, BFHE 125, 532, BStBl II 1978, 674, unter 1.[↩]
- so bereits, wenn auch für den Fall der Einkünfte aus Gewerbebetrieb einer Mitunternehmerschaft: BFH, Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II. 3.a[↩]
- vgl. insoweit BFH, Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II. 3.a[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, unter II. 2.b[↩]
- so schon BFH, Urteile vom 16.04.2002 – IX R 53/98, BHF/NV 2002, 1152, dort unter II. 3.a; und vom 11.03.2003 – IX R 65-67/01, BFH/NV 2003, 778, dort unter II. 2., zuletzt Finanzgericht Münster vom 29.11.2013 4 K 3607/10 E, EFG 2014, 289, Revision eingelegt unter – IX R 23/14[↩]
- vgl. nur BFH, Urteil vom 11.12 2002 – XI R 48/00, BFH/NV 2003, 895[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, unter II. 3.b[↩]
- zur Frage des Ladenlokals als wesentliche Betriebsgrundlage einer handwerklichen Bäckerei vgl. auch BFH, Urteil vom 20.02.2008 – X R 13/05, BFH/NV 2008, 1306, unter II. 2.a[↩]