Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist jederzeit aufhebbar. Dies kann auch in einer Ausgleichsklausel, in einem Aufhebungsvertrag oder in einem gerichtlichen Vergleich geschehen, ohne dass die Begriffe des Wettbewerbsverbots oder der Karenzentschädigung ausdrücklich erwähnt sein müssen. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Als rechtstechnische Mittel mit unterschiedlichen Rechtsfolgen kommen für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, der Erlassvertrag, das konstitutive oder das deklaratorische positive oder negative Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllend betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis liegt dann vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder bestimmte Gruppen von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen bringen zu wollen. Ein deklaratorisches positives oder negatives Schuldanerkenntnis ist dann gegeben, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen.

Nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Auslegungsregeln sind Ausgleichsklauseln im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen sind. Soweit sich ein übereinstimmender Wille nicht ermitteln lässt, sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie dieser sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Dabei sind, ausgehend vom Wortlaut, die den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein konnten, berücksichtigt. Hierzu gehören die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Abschluss des Vergleichs, der Zweck des Vergleichs und die bei Abschluss des Vergleichs vorliegende Interessenlage.
Der Wortlaut einer Ausgleichsklausel, wonach „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten“ seien, kann grundsätzlich auch das Wettbewerbsverbot und die damit verbundene Karenzentschädigung umfassen. Es handelt sich dabei um gegenseitige Ansprüche, die ihre Grundlage im Arbeitsverhältnis haben und daher „aus dem Arbeitsverhältnis“ stammen.
Auch das Fehlen des in Abgeltungsklauseln von Vergleichen ebenfalls häufig verwendeten Zusatzes „alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, seien sie bekannt oder unbekannt“ lässt nicht darauf schließen, dass damit ein Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung ausgeschlossen werden sollten. In der Regel sind nämlich mit den Ansprüchen „aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ eher diejenigen gemeint, die auf einen möglichen Streit über den Beendigungstatbestand selbst abzielen, wie Kündigung oder Aufhebung des Vertrags, deren Anfechtung oder die erst durch die Beendigung entstehen, wie zB eine Urlaubsabgeltung. Auch wenn das Wettbewerbsverbot erst einzuhalten ist, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und damit auch die Karenzentschädigung fällig wird, beruhen diese gegenseitigen Ansprüche nicht „auf“ der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf der vertraglichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses zuvor. Sie folgen dem aktiven Arbeitsverhältnis lediglich zeitlich nach. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Karenzentschädigungen haben ihre Grundlage im Arbeitsvertrag, die daraus resultierenden Pflichten werden mit und nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Die vertraglichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehen während der Dauer des Wettbewerbsverbots fort. Die Ausgleichsklausel kann damit auch diese Ansprüche erfassen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Oktober 2008 – 10 AZR 617/07